Platz 50: Mobb Deep - "Infinite"
Jesses, die Nacht der reitenden Leichen! Was ich von Comebacks einst legendärer Rap-Acts halte, ist bekannt: Künstler*innen, die Geschichte geschrieben haben, haben das ja bereits getan. Sie könnten sich auf den verdienten Lorbeeren räkeln. Man könnte mit Genuss ihr altes Zeug hören. Das Rad der Zeit zurückzudrehen, funktioniert in den seltensten Fällen. Weit öfter als frisches Meilenstein-Material kommen bei solchen Karriere-Wiederbelebungs-Versuchen hüftsteif servierte, in Nostalgie ersoffene Beschwörungen vergangener Größe heraus, die in einer sich weiterentwickelt-habenden Szene fast immer ein bisschen lächerlich wirken.
Dann passiert zuverlässig das Schlimmste: Reihenweise "Fans von früher" kriechen unter ihren Steinen hervor, Leute, die seit Dekaden keinen aktuellen Rap-Song mehr gehört haben, frohlocken "Endlich wieder richtiger Rap!" (schlimmstenfalls noch "mit Message!!!"), und freuen sich einen Ast, weil wieder jemand den ranzigen Sound ihrer Jugend macht, der sie nicht überfordert, weil sie ihn ja schon auswendig kennen. So weit, so öde.
Von einem neuen Mobb Deep-Album habe ich also genau nichts erwartet, zumal eine Hälfte des Duos schon lange nicht mehr unter uns weilt. Was sollten mir Prodigy-von-vor-zehn-Jahren und Havoc auch noch geben? Sie haben mir "The Infamous" gegeben, sie haben mir "Hell On Earth" gegeben, ich fühlte mich vor dreißig Jahren bereits überreichlich beschenkt. Es wäre voll okay für mich gewesen, wenn dem nix mehr nachgekommen wäre. Ich wollte bei "Infinite" eigentlich gar nicht reinhören, um mich nicht zu deprimieren.
Zum Glück hab' ich es irgendwann doch getan, hauptsächlich, weil sich mir unter dem Eindruck der Beste-Beats-Liste das übermächtige Gefühl aufgedrängt hat, dass mir Mobb Deep immer noch Spaß machen und die Rübe zu Brei wummern könnten, selbst wenn sie ungebrochen nach den Mitt- bis Spätneunzigern klängen. Stellt sich heraus: isso, beides, und das, obwohl Prodigy auf seinen aus der Schublade gehievten Verses schon ordentlich angeschlagen wirkt. Trotzdem, ehrlich: Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich bei diesen Opas noch einmal so gut aufgehoben fühlen könnte. Das muss es dann wohl jetzt sein, dieses ... "Alter".
von Dani Fromm
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