Mirco Leier: Lil Ugly Mane - "On Doing An Evil Deed Blues"
Im Grunde schummle ich mit diesem Beat ein wenig, da Ugly Mane hier drei Instrumentals in einem verwurstelt. Er schrieb "On Doing An Evil Deed Blues" mit dem Gedanken im Kopf, dieses ganze Musikding damit endgültig an den Nagel zu hängen, als eine Art Abschiedsbrief. Folgerichtig legte er sich dafür noch einmal so richtig ins Zeug und macht binnen sieben Minuten überdeutlich, wieso dieses Genre überhaupt so eine wichtige Rolle in seinem Leben spielt. Aber die biographische Liebeserklärung an Hip Hop außen vor, allein schon dieses Kunstwerk von einem Beat offenbart die Faszination dafür überdeutlich.
Wir öffnen mit ausgiebigem Oldschool-Scratching und jazzigen Gedudel, ehe die Kasette springt und sich buchstäblich die Tore gen Himmel öffnen. Den treibenden Mittelteil dieses Songs trägt eine einzelne gesampelte Vocal Line der Band Throwing Muses, die im Hintergrund so elegisch dahinschmachtet, während Travis Miller vorne sein Herz ausschüttet, dass man wirklich meinen könnte, da beweine gerade ein Engel den Untergang des gesamten Genres. Ein Sirenengesang über blubbernde Synths, so hypnotisch, dass zwischenzeitlich selbst der nicht minder fesselnde Inhalt seinen Reiz verliert.
Ugly Manes Fokus auf dem Song gilt jedoch nicht nur dem Genre als solches, sondern insbesondere seiner kulturellen Herkunft. Begraben unter der vokalen Seide, die vordergründig die Ohrmuschel einlullt, scracht Miller unbeirrt weiter: Nicht nur AZ, DJ Premier oder Big L, immer wieder schallt auch ein Sample des House-DJs A Guy Called Gerald wie ein digitales Echo der 80er durch den leeren Raum zwischen Drums und Vocals und ruft uns förmlich zu sich. Es klingt anderweltlich, zirkusartig, teilweise fast ein wenig unheimlich - und dann zieht er den Stecker.
Durch das Outro jodelt sich ein alter Arbeiter-Song, der Beat setzt erst aus, kommt dann mit neuen Funkeln, aber demselben etwas verheißungsvollen Beigeschmack wieder zurück. "Murdered upon the railroad and laid in a lonesome grave", klagt eine Frauenstimme, während Ugly Mane sein Meisterstück ausfaden lässt und den Vorhang ohne große Geste zuzieht. Plötzlich hallen seine zuvor noch sekundären Worte lauter nach denn je: "Art is imitation, creation is forever / Innovation is spontaneous, never."
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