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Target Concerts

Wie waren die bisherigen drei Monate im Lockdown? Kreativ oder depressiv?

Michael Löffler: Beides - kreativ ins Blaue, aber auch immer wieder die Frage, wofür wir uns eigentlich gerade abrackern. Die aktuelle Losung lautet aber: kämpfen!

Wie wird euch der Lockdown als Konzertveranstalter prägen?

Ich denke, nach all der Heimarbeit werden wir auch das gemeinsame Arbeiten im Büro wieder mehr zu schätzen wissen. Und auch innerhalb der Branche lässt sich erkennen, auf wen man sich verlassen kann, wer unsere Freunde sind.

Gibt es Erkenntnisse oder Konsequenzen, die sich aus einem viertel Jahr Stubenhocken für euer Business ableiten lassen? Oder hofft man einfach, dass sich die Lage in den kommenden Monaten wieder normalisiert, und es so weitergehen kann wie in den Jahren zuvor?

Siehe oben - und wir hocken ja nicht, wir sind fleißig bei der Strafarbeit und verschieben, sagen ab, prüfen Erstattungen und beschäftigen uns intensiv mit Bürokratur. Die eine Konsequenz, die hoffentlich bleiben wird: Dass die aktuell im (konzern-)unabhängigen Sektor der Musikbranche und bei Konzertbesuchern und Musikhörern gelebte Solidarität zumindest größerenteils erhalten bleibt.

Im Juni kann es unter Auflagen wieder erste Konzerte geben. Seid ihr nun kräftig am Sommertouren booken? Und ist parallel das Interesse der Ticketkäufer/Fans für die Herbstkonzerte schon vorhanden?

Leider überhaupt nicht. Trotz umfangreicher Hygienekonzepte lassen sich wohl auf absehbare Zeit keine Konzerte kostendeckend veranstalten. Es sei denn die Kartenkäufer wären bereit, das Drei- oder Vierfache zu bezahlen.

Rechnen sich überhaupt Konzerte, wenn in nächster Zeit nur noch ein Bruchteil der Leute kommen darf?

Nein, weil ja die meisten Kosten nicht analog der (Corona-)Kapazität sinken werden, erst recht nicht um bis zu 80 Prozent. Ganz unabhängig davon, ob die Fans sich das antun wollen.

Was kann man tun, um sich finanziell über Wasser zu halten?

Autos herstellen / Auf Oper/Sinfonieorchester/subventionierte E-Musik etc. umstellen / Sparen, sparen, sparen, alles reduzieren, z.B. Vermieter etc. anbetteln um Nachlass, Stundung etc. / Letzte Reserven mobilisieren, für mich als Firmeninhaber geht das auch ins private / Finanzielle Hilfen erkunden, finden und dann hoffentlich auch bekommen / Und natürlich die für die 'danach' geplanten Projekte 'warmhalten', damit dann auch wieder Gas gegeben werden kann.

Rächt es sich gerade in der Coronakrise, dass Musik als Kulturgut regelrecht entwertet wurde?

Auf jeden Fall. Das gilt zwar in erster Linie für die Tonträgerbranche, aber dadurch, dass viele Künstler fast nur noch live Einnahmen erzielen
(können), ist der Konzertmarkt schon seit längerer Zeit zumindest quantitativ überfüllt. Und natürlich wird meiner Meinung nach auch zu viel Schrott auf die Straße geschickt, aber zum Glück ist das ja Geschmackssache.

Wie ist die Situation konkret für euch als Veranstalter: Fühlt man sich vom Staat im Stich gelassen?

Bislang leider ja. Außer der Mini-Soforthilfe und Kurzarbeitergeld (für das unsere Mitarbeiter ja auch jahrelang eingezahlt haben) ist bei uns
trotz vielfacher Bemühungen leider nix eingegangen.

Man hat ja das Gefühl, dass der Kulturbranche erst zuletzt geholfen wird - oder kommt man auch in den Genuss eines finanziellen Schutzschirms und/oder anderer Hilfen?

Naja, dem Teil der Kulturbranche, der sowieso schon öffentlich durchfinanziert ist, wurde/wird ja schon umfangreich und überproportional geholfen. Ob wir vom aktuellen Paket was abbekommen werden, wird sich zeigen. Zumindest die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer wird uns real Geld KOSTEN. Aber aufgeben ist keine Option.

Die Münchner Konzertagentur Target Concerts organisiert seit 1999 bundesweite Shows, etwa von Sum 41, The National, Green Day, Element Of Crime, Alcest oder Heather Nova.

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