Einflüsse und Spuren
Um eine Sache klarzustellen: Das hier wird kein liebender Rückruf von einem großen Fan. Aber ich bin auch nicht kein Fan. Bei uns im Forum wurde bereits die Frage laut, ob es nicht in Bälde eine Meilenstein-Review für "Soziopath" geben müsse. [Wird es.] Ich werde nicht die Person sein, die den schreiben kann. [Stimmt, das wird der Kollege Raphael Chassé erledigen, der das schon vor der Nachricht von Hanks Ableben geplant hatte. Wir haben den Termin aus traurigem Anlass lediglich ein bisschen vorverlegt. Gruß, YoMama Fromm]
In den letzten Tagen habe ich mich rauf und runter durch Hanks Diskographie gehört und stelle fest: Weiß der Teufel, ob das gut gealtert ist. Im Grunde sind es sehr ruppige DIY-Beats, endlose Ketten an RBA-ass-Wie-Vergleichen und ein nie wieder erreichtes Maß an Edginess, und, glaubt mir: Die Leute haben es wirklich versucht.
Im Jahr 2023 über Hollywood Hank zu schreiben ist seltsam. Im Grunde versuchen wir hier seit 2015 ja, viel von seinem Einfluss rückgängig zu machen. Er steht Pate für viele Dinge, die zwischen 2005 und 2015 recht einzigartige deutsche Phänomene waren: Image-Rap, Battlerap, der vom Schockfaktor irgendwo zwischen "South Park" und Horrorcore stattfindet, und Provokation als Selbstzweck. Auf eine komische Art und Weise könnte man Hank als Summe der RBA-Ära und Patient Null der Selfmade-Ära beschreiben. Jeder, der in dieser Zeit Battlerap gemacht hat, trägt zum Teil Hollywood Hank-DNA in sich.
Den Ereignishorizont seines Einflusses spanne ich deswegen grundsätzlich weit auf: Logisch sind da die 257ers und Favorite zu nennen, die direkt mit ihm kollaboriert haben und Grundpfeiler von Selfmade werden sollten. Gleichermaßen lässt sich Kollegah zwar nicht auf ihn zurückführen, aber als Phänomen ist er anfangs schockierend parallel zu ihm gewachsen.
Man kann im Grunde übrigens auch das halbe VBT auf Hank zurückführen, was interessant ist, weil sich wenig Leute super-akut auf ihn berufen und sein Name dort gar nicht fällt, aber ich war dabei: Dieses Ethos der Rechtschaffenheit der Provokation, das haben sie von ihm, diese Sehnsucht nach Schwarzhumorigkeit und diese Jungs-im-Jungenhaus-Ästhetik. Nicht davon abgesehen, dass viele Battlerapper aus seinem Kreis, wie Persteasy, Dima Richman oder die Royal Fam, wichtige Player im Videobattle-Kontext waren.
Dann läuft JAW, der um 2010 eine seltsame, kantige und verkiffte Vorstufe von Studentenrap sehr nah an Hank entwickelt hat, und man hört ihn zu 100 Prozent auch noch in Atzen wie NMZS, Koljah oder Edgar Wasser, bevor die Punk-isierung der Antilopen Gang und Leute wie Fatoni oder Sookee den Ton noch einmal sehr verschoben haben.
Zuletzt tragen zwei große Acts bis heute extrem viel Hank-Einfluss oder Parallel-Entwicklungen in sich, auch, wenn sie sich über die Zeit sehr von ihm wegbewegt haben: K.I.Z, die ja ebenfalls RBA-Vergangenheit und ähnliche Inspirationen wie Hank mitbringen, teilen definitiv, wenn auch etwas massentauglicher, die Provokations-Ästhetik, Songs wie "Neuruppin" besitzen in meinen Augen dieselbe DNA. Alligatoah würde ich nach Möglichkeit ebenfalls gerne zu Hank befragen. Gerade seine OG-rappers.in-"Schlaftabletten Rotwein"-Ästhetik fühlt sich dem Hank-Playbook sehr ähnlich an.
1 Kommentar mit 4 Antworten
„Soziopath" ist eines der wenigen Deutschrap die ich mir immer noch geben kann. Die Kollaboration mit Favorite und Jaw waren nie wirklich mein Ding. Das Album ist inhaltlich vielleicht wirklich teilweise schlecht gealtert aber bewegt sich auch nicht mehr an der Grenze als Three 6 Mafia und die kann man heute auch noch gut hören. Ich weiß nicht dieses Album hat vob den Beats und vom flow her so nen eigenständigen Sound und ist soundtechnisch definitiv sehr gut gealtert. Nahezu jedes drap Album von oder vor 2006 klingt heute dermaßen veraltet. Dieses Album bis auf wenige Tracks aber gar nicht. Das meiste klingt auch heute noch fresh. Hank ist für mich einer der wenigen der Technik Rap zu ästhetischen Zwecken genutzt hat und bei dem es die Atmosphäre verstärkt hat. Das musikalische geht halt nicht verloren. Auch ähnlich wie bei nem MF Doom der Jahr auch Technik und Sounderlebnis gut Vereinen könnte, was viele Rapper mit diesem Anspruch nicht schaffen. Wie auch immer, freu mich auf die Review. RIP Hank.
Stimme zu 100% zu
Ich leider nicht, ich fand es damals cool und witzig, aber mittlerweile fühle ich mich aus dieser Musik rausgewachsen. Ich habe es an anderer Stelle aber schon gesagt: Ich hätte trotzdem gerne gewusst, wie sich Hank weiterentwickelt hätte. RIP
Aus dieser Art Musik rausgewachsen bin ich auch. Meinte eher das Soziolath das einzige Album dieser Zeit ist zu dem ich gelegentlich zurück komme und auch noch spaß damit haben kann. Klar manche Lines nimmt man heute anders war und hinterfragt einiges. Ist halt aber bis auf paar Freetracks auch das einzige Werk von Hank zu dem ich jemals zugang hatte. Schläge für Hip Hop war mir schon immer zu drüber und zu abgefuckt. Die kollabo mit Jaw und dessen Solo Sachen haben mich auch schon immer eher abgeturnt.
gerade den titeltrack “soziopath” gehört was das für ein beat? Und das 2006! Krass