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Wirres Wiederkäuen

Wenn die Rede auf Antisemitismus im Rap kommt, geht es schnell auch um Ben Salomo, der der deutschen Rap-Szene ja genau solche Tendenzen vorwirft. Kein Wunder also, dass sich Frederik Schindler für seinen Artikel "Im Rap ist alles erlaubt", der in der taz erschienen ist, auch wieder auf Ben Salomo beruft.

Ich bin mir allerdings auch nach wiederholter Lektüre noch immer nicht sicher, worum es in dem Text eigentlich geht. Erst um Ben Salomos Abgang aus der Szene, dann um sein Buch, das "die Rapmedien" allesamt ignoriert haben, das aber "dennoch Diskussionen ausgelöst" habe. (Wie soll das denn gehen?)

Anschließend schreibt der Autor in recht wirrer Folge über "boomende Rapmedien" (Goldgräberstimmung in dieser Branche muss ich irgendwie verpasst haben), die zu oft unkritische Berichterstattung (stimmt!), "reißerische Youtube-News-Sendungen, die mit Clickbaittiteln und billigsten Produktionen die Reichweiten der klassischen Szenemedien überholen", und lobt dazwischen zusammenhanglos: "Das Liebhaberportal allgood.de bietet auch analytische Longreads."

Eine Bemerkung in der Titanic (ja, genau!) nimmt Schindler zum Anlass, um wieder einmal Falk Schacht über die Ursprünge der Rapmedien dozieren zu lassen. Dann kommen noch irgendwie Fler und Böhmermann, Oli Marquarts #metoo-Kommentar, Rooz und Blokkmonstas Attacke auf Staiger zur Sprache, ehe es heißt, Salwa Houmsi "ist eine von wenigen Frauen im deutschen Hip-Hop-Journalismus".

Also, bitte, nix gegen Kollegin Houmsi, wirklich nicht. Aber dass es im Rapjournalismus kaum Frauen gibt, ist doch auch so eine endlos wiedergekäute Mär, die irgendwann alle glauben, weil es ja überall geschrieben steht. Mir fallen aus dem Stand locker zehn Kolleginnen ein, die (mal mehr, mal weniger treffsicher, wie wir alle) seit Jahren in und aus der Szene berichten. Viel mehr Männernamen aus dem Bereich hätte ich spontan auch nicht parat. Mehr als zehn Frauen aber, und da hab' ich noch nicht einmal angefangen, nachzudenken. Geschweige denn, zu recherchieren.

Man könnte das tun, bevor man "Vorwürfe gegen Hip Hop-Medien" erhebt. Man könnte sich auch erst einmal überlegen, worüber man überhaupt schreiben wollte.

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