Was der Bauer nicht kennt
Wisst ihr aber, was ich nicht verstehe? Da haben wir jetzt eine Künstlerin wie Domiziana, die endlich ein wenig frischen Wind in die deutschen Charts bringt und eine originelle Alternative zu all den EDM-Bummsbeats, Promille-Hymnen und Wachkoma-Balladen liefert, und dann lehnt sie ein Großteil der deutschen Konsumenten kollektiv ab. Die YouTube-Kommentare fallen überwiegend negativ aus, man scheint förmlich händeringend zu versuchen, sie zu einem One-Hit-Wonder oder einer Industry-Plant zu stilisieren.
Wieso verschließen wir uns Innovation im Mainstream gegenüber so vehement? Liegt das darin begründet, dass die Frau nur versehentlich im Rap verortet wurde und sich der durchschnittliche Modus-Mio-Jünger einfach von allem überfordert fühlt, das ihm nicht sein Lieblingsrapper oder der Spotify-Algorithmus vorkaut? Aber selbst im Pop zieht man Künstler*innen wie Domiziana ja einen Mark Forster oder, Gott bewahre, eine Lea vor.
Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht: Dieser Leitsatz gilt wirklich in nahezu jedem Aspekt der deutschen Kultur, allem voran in der Musik. Anstelle überhaupt irgendeinen Anspruch an das zu stellen, das uns aus dem Autoradio entgegenjault, grölt unser Heimatland lieber einstimmig Parolen über Puffmütter und fühlt sich dabei wie Che Guevara.
Es genügt auch diese Woche wieder ein flüchtiger Blick in die YouTube-Trends, um sich den besorgniserregenden Zustand unseres kollektiven Musikgeschmacks frisch vor Augen zu führen. Wie landet man als Samra 2022 einen Hit? Man holt sich einen Produzenten wie Topic ins Boot, der genau das tut, womit man mittlerweile schon vorab Residenz in den deutschen Charts anmelden kann:
Er sampelt einen Klassiker, in diesem Fall Soulja Boys "Kiss Me Thru The Phone", durch den siebten Kreis der Radiotauglichkeit, unterlegt ihn mit einem Beat, der seit ein paar Monaten auf dem Studioboden verschimmelt, und lässt diese Hook das Heavy Lifting übernehmen. Samras Verses klingen nämlich so uniform und leblos, dass man ihnen selbst diesen grausigen Refrain vorzieht. So langsam muss man sich als Fan solcher Musik doch selbst dabei ertappen, immer wieder auf die gleichen Taschenspielertricks hereinfallen, oder?
2 Kommentare
sorry, aber das was domiziana da macht, ist doch null innovativ. Da kann man den "Layla"-Hate auch gleich stecken lassen.
Das ist auch wieder so ein deutsches Ding ständig davon zu faseln, dass Deutschland zu engstirnig und einfach noch nicht bereit für diese und jene "neue innovative" Musikrichtung sei. Mag teilweise was dran sein, aber das mir einfach viel zu oft als Ausrede genommen. Ich persönlich kann jedenfalls überhaupt nichts mit ihrer Musik anfangen und das sage ich als regelmäßiger Hyperpop hörer