Katarsis - Tavo Akys (Litauen)
Man kann hier sicherlich die Kritik anbringen, dass dieser Song im Grunde nichts dessen ausstrahlt, weshalb man diesen Wettbewerb eigentlich schaut. "Tavo Akys" ist weder besonders grell, laut oder offensichtlich darum bemüht, einem ein paar Tränchen aus dem Augenwinkel zu kitzeln. Stattdessen darf man sich wieder ein bisschen wie ein Snob fühlen, wenn man sagt, dass der litauische Beitrag dieses Jahr im Grunde zu gut für den Eurovision Song Contest ist.
Dabei holen Katarsis mit ihrem Song keine musikalischen Wolken vom Himmel. Das ist eine baltisch-graue Oase der Leere in einem Teilnehmerfeld voller bunter Farben und großer Emotionen. Gerade deshalb scheint es mir für ein Jahr wie dieses aber durchaus angebracht. Der Witz, dass der ESC nicht politisch sei, hat mittlerweile einen längeren Bart als Rasputin, und das weltweit zunehmende Chaos legt auch um einen Wettbewerb wie diesen seine rabenschwarzen Finger.
Insofern hat Eurovision auch einen Hauch an Endzeitstimmung verdient, und Katharsis liefern dieses Jahr wohl das beste Äquivalent, was diese Halle jemals an die Abgründe von Godspeed oder Maruja heranführen wird. Einen betroffen machenderen Weltuntergang, als das, was die Litauer hier heraufbeschwören, dürfte die EBU nämlich wohl kaum erlauben.
Erwartet also keine fünfzehnminütige musikalische Offenbarung, aber "Tavo Akys" ist trotzdem astreiner, bekömmlicher und ergreifender Post-Rock, der einem in seinen besten Momenten sogar ein wenig den Atem raubt. Besonders die Bridge mit dem anschließenden Chor-Crescendo geht gehörig unter die Haut und setzt einen verdient-hoffnungslosen Schlusspunkt unter einen Wettbewerb, der sich mit seinem einst einenden Motto auch dieses Jahr aus zahlreichen Gründen ein wenig gedämmter anfühlt, als er es eigentlich sollte.
5/5
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