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Platz 8: "Living Things"

"Living Things" markiert meinen persönlichen Moment, in dem ich Linkin Park das erste Mal entwachsen bin. Waren sie über weite Strecken meiner Kindheit und Jugend unfehlbare Idole für mich, die in gewisser Weise einen der ersten Grundsteine meiner musikalischen Sozialisierung legten, verlor ich 2012 mit diesem Album ein wenig das Interesse an ihrer Musik. Ich gehörte damals auch der Fraktion an, der ihre Musik nicht mehr hart genug erschien, denen das alles zu weichgespült klang und die in Singles wie "Burn It Down" und "Castle Of Glass" nicht mehr die Band erkannten, in die sie sich Jahre zuvor verliebt hatten.

Doch auch wenn sich nahezu alles an dieser Haltung, die ich gegenüber der Band pflegte, über die Jahre änderte, bleibt "Living Things" für mich bis heute eher eine Fußnote in Linkin Parks Katalog. Das Album klingt wie ein Konglomerat all der Sounds, an denen sie sich über die Jahre versuchten, wie ein Spagat, der die gesamte Bandbreite dessen abbilden soll, was sie musikalisch auf dem Kasten haben. Inmitten dieses Mission Statements gehen allerdings sämtliche Ecken und Kanten verloren. "Living Things" will gleichermaßen kommerziell wie wagemutig sein, zugleich soft und hart, und beschreitet damit einen ziemlich holprig beschaffenen Mittelweg, der sich über weite Strecken anhört, als habe man "Minutes To Midnight" den Stecker geozgen und es in Synthesizern ertränkt. Ein solches Album konnte man von einer Band dieses Kalibers Anfang der 2010er erwarten, vielleicht macht es gerade das so uninteressant.

Das soll allerdings nicht heißen, dass sich hier keine Highlights finden ließen. Gerade im Mittelteil des Albums stößt man auf eine ganze Reihe Songs, die sehr gekonnt vergangene Motive ebenso wieder aufgreifen, wie sie zukünftige vorwegnehmen. So zeigen das ursprünglich von mir verschmähte "Castle Of Glass" und "Roads Untravled" etwa, wie ein besseres, progressives "One More Light" hätte klingen können, während in Chesters Breakdowns in "Victimized" und "Lost In The Echo" die Aggression der Anfangszeit der Band nachhallt. Auch der Einfluss des Vorgängers "A Thousand Suns" tönt omnipräsent in den zahlreichen kleinen elektronischen Interludes und dem Synth-Feuerwerk, das der Sechser hier Song nach Song abfeuert. Über weite Strecken gibt einem das zwar lediglich das Gefühl, aufgewärmten B-Seiten zu lauschen, auf "Skin To Bone" und dem Outro von "Until It Breaks" kanalisiert die Band aber, zumindest für kurze Zeit, wieder den Esprit, der den Vorgänger so grandios machte.

Wenig auf "Living Things" fällt auch nur annähernd so katastrophal aus wie die uninspirierten Abgründe von "One More Light", aber selbst die Strahlkraft der hellsten Momente wirkt im Vergleich mit ihren anderen Alben ein wenig gedimmt.

Übrigens handelt es sich um das letzte Album, an dem Rick Rubin aktiv beteiligt war. Ursprünglich sollte er der Band helfen, aus dem Nu-Metal-Käfig ihrer Anfangsjahre auszubreche. Hier erreichten sie jedoch den Punkt, an dem sie es sich in dem neuen Sound, den sie seitdem mit ihm entwickelt hatten, wiederum ein wenig zu gemütlich machten.

Highlights: "Skin To Bone", "Castle Of Glass", "Roads Untraveled"
Low Lights: "Burn It Down", "I'll Be Gone"

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