laut.de-Kritik
Die nach Erlösung schreienden Abschiedszeilen.
Review von Alex KlugDas Nachbeben dauert an. Weltweite Gedenkveranstaltungen, tonnenweise Coverversionen, großes Tribute-Konzert mit dutzenden Gästen. Und nun: "One More Light Live". Erklärtes Ziel ist es, Sänger Chester Bennigton mit diesem Release die letzte Ehre zu erweisen.
Live-Alben im Anschluss an den Albumtournee-Zyklus haben Tradition im Hause Linkin Park. Wo Nu-Metal-Hardliner auf ewig das 2003er "Live In Texas" als Heiligen Gral im Regal hüten, schossen Releases wie "A Thousands +" und "Living Things +" schneller aus dem Boden als die potenziellen Stilwandel-Hater zählen konnten. Nur wirklich repräsentativ (nimmt man einmal das 2008er "Road To Revolution" aus) waren die setlistmäßig jeweils am aktuellen Studiowerk orientierten Dokumente nie.
"One More Light Live" macht da keinen Unterschied – trumpft aber mit dem besseren Sound. Die Hälfte aller Tracks stammt direkt vom letzten Album mit Bennington – und legt den Fokus entsprechend klar auf seine Vocalpassagen.
Nun lässt es einen gewiss den Hut ziehen, dass Linkin Park ihre Pop-Auftragskompositionen mit einer Präzision auf die Bühne bringen, die es anderswo im Business nur von zusammengemietete Backing-Band zu hören gibt. Arrangements fein, Orgel- und Synth-Geblubber im eröffnenden "Talking To Myself" schon durch und durch klanglich makellos und professionell umgesetzt – jaja, mitgedacht wird hier natürlich schon. Den qualitativ von allerhand Fettstreifen durchzogenen Songwriting-Braten macht das aber dennoch nicht mehr fett.
"Battle Symphony" und "Invisible" funktionieren zwar hervorragend als Wunderkerzen-App-Hymnen, "Nobody Can Save Me", "Talking To Myself" und "Good Goodbye" bleiben mit ihrem generisch-affektierten Wohohoho-Songwriting samt Vocal-Pitches aber weiterhin unhörbar. Jedem Stormzy-Feature zum Trotz.
Stattdessen auf der Tracklist: Eine äußerste luftig-atmosphärische Version des Transfomers-Smashers "New Divide", eine neue "Leave Out All The Rest"-Interpretation und: So ziemlich alles, außer irgendwelchen Überraschungen. "Numb", "In The End", "Bleed It Out" – starke Tracks in der achtzigsten Live-Fassung. Metallica-Style. Schade.
Wenn dieses Album eine Ode an Bennington sein soll, wo ist dann bitte der große Diskografie-Querschnitt, den Linkin Park-Konzerte in Wirklichkeit seit Jahren bieten? Wo ist das in diesem Jahr regelmäßig live geremixte "The Catalyst"? Wo sind alte Fanlieblinge wie "Papercut"? Wo ist das alleine in diesem Jahr 22 Mal performte "Breaking The Habit", wo doch kaum ein anderer Song so sehr das letzten Endes fatalistische Seelenleben Chesters Benningtons widerspiegelte?
Zugegebenermaßen, neben dem hier bravourös-einfühlsamen Titeltrack "One More Light" ist es in erster Linie die Klavierversion von "Crawling", die angesichts der nach und nach offengelegten Lebens- und Leidensgeschichte des Linkin Park-Fronters unter die Haut geht. Wochen vor seinem Tod eine so intime Version einer Depressions- und Drogenballade zu präsentieren – das grenzt in seiner eigenen Auswahl fast schon makabren Zynismus.
Und so schmerzen sie eben schon irgendwie, all die unbeschwerten Ansagen, die brüderlichen Neckereien zwischen Bennington und Shinoda vor "Numb" und die letzten Endes nach Erlösung schreienden Abschiedszeilen in "Leave Out All The Rest".
Es mag stimmen, was Shinoda, Delson, Farrell, Bourdon und Hahn regelmäßig auf ihrer Facebook-Präsenz verlauten lassen: Die Magie und die Atmosphäre mögen auf dieser letzten gemeinsamen Tournee eine besondere gewesen sein. Dem gesanglichen Abwechslungsreichtum eines Ausnahmesängers wird dieses gänzliche screamfreie Dokument aber trotzdem nur bedingt gerecht.
11 Kommentare mit 26 Antworten
frach mich nach der leckthüre wie denn nu die 3 sternchen zusammkommn. mitlightsbohnus?
"Letzte Ehre erweisen..." Ja ne, is klar! Und das dann fast nur mit den softesten Hits der Diskographie. Warum so ein Kommerz-Musterstück 3 Sterne bekommen kann, ist mir schleierhaft.
Es heißt "One More Light Live". Den Rest kannst du dir dann wohl denken oder?! Nachdenken?! Und sowieso, inwiefern ist es Kommerztechnisch klug jetzt Pop zu machen, 1. wechseln LP seit Meteora jedes Album die Musikrichtung und 2., wenn sie möglichst viel Platten verkaufen wöllten würden sie ein neues Hybrid Theory machen...
Wer LP konsumiert darf sich offiziel als Hurensohn betrachten.
warum ?
Ok, dann bist du für mich auch ein Hurensohn.
ZEROO hat das Prinzip verstanden.
Nichtsdestotrotz sollte er durch das Feuer geläutert werden!
oh ! die FEUERtante ist wieder da !
Hallo, ich bin dann wohl ein Hurensohn ^^ ich weiß zwar nicht was das mit meinen Eltern zu tun hat, aber ich finde mich damit ab, wenn du das sagst.
Ich weiß ist zwei Jahre her, aber mal so: Wie kann man so unendlich dämlich sein?
Zusammenfassung:
Ist eigentlich scheisse. Aber er ist tot. Daher ganz ok. 3/5.
genau so ist es. seit der tot ist kommt auch heavy dauernt im radio . zum glück hör ich nie radio
#dscherompleasecombackPLEASE!
Die Review war für mich sehr, sehr, ja wirklich sehr aufschlussreich. Ich hätte ja NIE erwartet, dass eine Platte namens "One More Light Live" wohl in erster Linie Liveversionen von "One more light" enthalten. Woah!
Ich muss sagen ich finde One more light Live ist ein sehr schönes Tribute-Album an Chester und vielleicht wurden die Tracks ja ausgesucht weil es der Band am meisten Spaß gemacht hat sie zu performen ich kann nur sagen dass ich bei Songs wie "One more light" , "Leave out all the rest" oder der Pianoversion von Crawling heulen musste und ja es sind nicht alle LP Banger wie "Given Up" (was bei der One more light tour nicht performt wurde) oder "One step closer" drauf dafür wird aber einem Künstler Tribut gezollt der es verdient hat 10/10 Punkte
Wie interessant verschieden Menschen doch sind. Dich bringt Linkin Park zum Heulen, mich dein Mangel an Interpunktion.
R.I.P., Satzzeichen, die ja nicht nur Selbstzweck sind, sondern für Rhythmus und Melodie im Lesefluss sorgen.