Literatur und Musik: 21 perfekte Buch-Alben-Paare

"Intimes Tagebuch" vs. "Long Season"

Das Buch: Anais Nin - "Intimes Tagebuch"
Das Album: Fishmans - "Long Season"

Warum passt es?

Anais Nins "Intimes Tagebuch" habe ich bekommen, als ich mit meinem Liebligsbuchhändler gequatscht habe und er meinte, das pinke Buch mit den Brüsten auf dem Cover habe jemand bestellt, dann aber nie abgeholt. Will ich es? Na, klar wollte ich es. Danke, Wolfgang. "Intimes Tagebuch" war leider kein Schmuddelheft, dafür aber Künstler-Melodrama der ersten Güte. Die Protagonistin beschreibt ihr Liebesleben und ihre Gehversuche in der Polyamorie, und es war nach ein paar Seiten klar, dass das ein Shoegaze-Buch ist. "Intimes Tagebuch" hat ein bisschen erotische Spannung, allem voran aber ein Knäuel komplizierter Künstler zu bieten, die jede Interaktion dazu verwenden, ihre Interessantheit gegeneinander auszuspielen. Sie alle haben eine grundlegende Sehnsucht, schöne Dinge zu empfinden, hauptsächlich aber den Impuls, keine schöne Sache und keine Gelegenheit auszulassen, ihr eigenes Leben zu hinterfragen. "Long Season" von den Fishmans fängt alles davon auf: Es hat die Tension, aber es hat auch die Sehnsucht, es hat die Verworrenheit, und es spielt alles mit einer staunenden Überforderung. Außerdem es ist es vielleicht das beste Shoegaze-Album aller Zeiten, das hilft also wahrscheinlich auch.

Leseprobe:

Henry macht sich Notizen über mich. Er registriert alles, was ich sage. Wir registrieren beide, jeder mit anderen Sensoren. Das Leben von Schriftstellern ist ein anderes Leben.

Ich sitze rauchend auf seinem Bett, mein rosarotes Kleid um mich ausgebreitet, und während er mich beobachtet sagt er, dass er mich nie in sein Leben mitnehmen will, zu den Orten, von denen er mir erzählt hat, dass für mich nur die Ungebung von Louveciennes richtig und passend ist, dass ich sie brauchte. "Anders könntest du nicht leben." Ich mustere sein schäbiges Zimmer und erwidere: "Ich glaube, du hast Recht. Wenn du mich, ganz arm, in dieses Zimmer stecktest, würde ich noch mal ganz von vorn anfangen."

Am nächsten Tag schreibe ich ihm eines der menschlichsten Billetts, die er jemals erhalten hat: kein Intellekt, nur Worte über seine Stimme, sein Lächeln, seine Hände.
Und er schreibt mir: "Anais, als ich heute Abend dein Billett erhielt, war ich überwältigt. Nichts, was ich je sagen könnte, wird diesen Worten gleichkommen. Dein ist der Sieg - du hast mich verstummen lassen, soweit es die Kunst betrifft, derartige Dinge schriftlich auszudrücken, meine ich."

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