"The Party's Over" (1982)
Nach einem hingeworfenen Studium zum Kinderpsychologen surft der 22-jährige Mark Hollis zunächst die Punk-Welle. "Society was bringing me down / Well, politicians, they keep talking in rhymes", schreit er sich 1977 mit gequälter Stimme vom Leib. Die Zeilen entstammen einem der wenigen Songs seiner Punkrock-Band The Reactors - einem Track, den er nach damals antiautoritärem Usus "Talk Talk Talk Talk" nennt. Die Band vergeht, das Songwriting bleibt. Marks älterer Bruder Ed macht ihn mit Drummer Lee Harris, Bassist Paul Webb und Keyboarder Simon Brenner bekannt. Gemeinsam entsteht eine synthielastige Version des Songs, der nun nur noch "Talk Talk" heißt (der Politiker-Diss fliegt raus).
Auf der Suche nach dem nächsten Duran Duran-Klon findet EMI Gefallen an der Nummer. 1981 hat Hollis' Nachfolgeband einen Plattenvertrag in der Tasche und obendrein einen neuen Namen: Talk Talk. Colin Thurston kommt als Produzent ins Boot, was beide Seiten befriedigt: EMI, weil Thurston gerade Duran Duran mit "Rio" zu Popstars gemacht hat. Hollis, weil Thurston an Bowies "Heroes" mitgearbeitet hat.
"The Party's Over" (3/5) steht mit ihren Fairlight-Sequencern, den Simmons-Drumpads sowie Saxophon-Soli aus der Dose knietief in den frühen 80er Jahren und beinhaltet mit "Hate" und "Mirror Man" auch richtig üble Songs. Wohingegen das stürmische "Talk Talk" immer noch Spaß macht und der mit sechs Minuten zu lang geratene Titeltrack schon andeutet, in welch melancholische Tiefen diese Band bald noch eintauchen würde.
Es entbehrt dennoch nicht einer gewissen Komik, als Duran Duran-Sänger Simon Le Bon nun in seinem Posting zu Hollis' Tod an die gemeinsame '82er Tournee mit den damaligen Newcomern erinnerte. Zwar diente die Tour Talk Talk als wichtiges Karriere-Sprungbrett, doch oberflächlicher Pop der Sorte Duran Duran war ziemlich genau die Musik, die Hollis bald verabscheute. Im Gegensatz zu Le Bon suchte er von nun an nicht den direkten Weg an die Chartspitze, sondern die urtümliche Ehrlichkeit früher Aufnahmen von John Lee Hooker und Robert Johnson. Von wem? Genau!
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