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Platz 6: Wish (1992)

Die Frage aller Fragen stellte damals das Q Magazine (R.I.P.) auf seiner Titelseite. Angesichts von Robert Smiths Vogelnest-Frisur und verschmiertem Lippenstift fragte man dort entsetzt: "How did THIS get to be a Superstar?" Ich weiß das, weil ich damals extra zum Bahnhof in die nächste Kleinstadt geradelt bin, um mir dieses scheißteure Auslandsheft für eine Unsumme zu besorgen. Ähnlich wäre ich wohl auch zum Konzert ins entlegene Stuttgart gekommen, hätte ich nicht noch eine Mitfahrgelegenheit aufgetan. Sweet times. Vor allem, weil man kein Dynamic Pricing ertragen musste, sondern einfach in Frankfurt bei "Tickets Per Post" durchklingelte und seine Tickets eine Woche später im Briefkasten vorfand.

1992 war eine komische und gleichzeitig großartige Cure-Phase. Wegen "Friday I'm In Love" lief die Band im Tagesprogramm bei SWF3 zwischen "Die Da!?!" und "Sweat (A La La La La Long)", das Album "Wish" etablierte die Band als Stadion-Act und stieg in den USA bis auf Platz 2 der Billboard-Charts. Doch böse sein konnte man ihnen deswegen nicht, schließlich drohte uns Smith seit Jahren beharrlich mit der Auflösung und benannte 1989 auch noch eine Platte so. Die zwölf Songs auf "Wish", veröffentlicht an Roberts 33. Geburtstag, feiern den Status Quo von The Cure als populäre Finstercombo, die bei Expert*innen für Kajalkunst und Haarspray-Volumina nun auch mit fröhlichen Popsongs durchkommt. Eine atmosphärisch heterogene Platte, deren Songs viele Stimmungen ihrer bis dato 15-jährigen Karriere aufgreifen, ohne dabei grundlegend Neues zu erzählen. "Like throwing arms 'round yesterday", wie es in "A Letter To Elise" heißt.

"Open" beginnt mit den Worten "I really don't know what I'm doing here" und spielt auf die feuchten Aftershow-Parties der Plattenindustrie an, denen man als populäre Band ausgesetzt ist und die Ex-Kollege Lol Tolhurst aus der Bahn warfen. Musikalisch lässt Porl Thompson gleich mal Rückkopplungen vom Stapel und findet dann in ein drängendes Mahlstrom-Rockriffing, das auf ein dynamischeres Soundspektrum hinweist. "Wish" ist vor allem sein Album. "Viele hören nur die Hits und ignorieren die Tiefe des Albums", beschwerte sich Smith schon damals im Interview mit "MTV 120 Minutes". Gemeint ist hier wohl vor allem das mit "Disintegration"-Überlänge ausgestattete "From The Edge Of The Deep Green Sea", ein hypnotisches Stück Psychedelic Rock, seither ein Live-Klassiker.

"Die letzte große britische Band", lobte Robert Plant zum Zeitpunkt der Veröffentlichung - nur um sich zwei Jahre später Gitarrist Thompson für Page & Plant zu krallen.

Anspieltipps:

"Open", "From The Edge Of The Deep Green Sea", "A Letter To Elise"

Besser weiträumig umfahren:

"Wendy Time"

Leider totgespielt:

"Friday I'm In Love"

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