Oasis in Cardiff: Die Niederkunft
Okay, ich gebe es zu, selbst wenn man wie ich mit Oasis nicht viel am Hut hat, es ging vermutlich auch einigen von euch so, dass man sich am Wochenende um die 20 Live-Videos von diesen Armleuchtern in Cardiff anschauen musste. Warum? Wenn man Anhänger des Glaubenssatzes ist, dass der Mensch von Natur aus anstrebt, glücklich zu sein, wie es schon Aristoteles formulierte, dann schließt das ein sepiafarbenes Happy-End sicherlich mit ein. Große Philosophen fanden ebenso heraus, dass Glück einem langwierigen Reifeprozess unterworfen ist und selten über Nacht entsteht. Das alles haben Oasis verinnerlicht. 16 Jahre lang schien die gegenseitige Abneigung von Liam und Noel Gallagher keine Untergrenze zu kennen und dann kamen sie am Freitagabend einfach Hand in Hand auf die Bühne. Naja, nicht ganz, Liam hielt das Hendgelenk seines Bruders, aber das ging, wie so vieles, in der völligen Begeisterung verloren. Und dann noch diese Worte im ersten Song: "Hello, it's good to be back." Hach.
Man musste allerdings keine 20 Videos anschauen, um zu begreifen, warum Oasis für ihre Live-Reunion zunächst nur das Vereinigte Königreich ausgewählt hatten. Der bis zum Rand aufgeladene Brudermythos, den visuell eingeblendete Zeitungsschlagzeilen und Tweets während des Intros fütterten, er würde wohl auch hierzulande funktionieren. Doch alles andere, der religiöse Fanatismus, die Union-Jack-gefärbte 90er-Nostalgie, der Stolz auf die Lad-Culture und die im wahrsten Sinne beatleeske Ekstase vor, während und nach dem Konzert, solche Szenen sind nirgendwo anders reproduzierbar. Dazu passen Headlines, wie sie auch nur im Mutterland der Gallaghers geschrieben werden können: "A supersonic reunion for a new generation" (NME) oder in Anspielung auf Knebworth "The best Oasis have been since 1996."
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