laut.de-Kritik
"This is history": Der perfekte Sommer.
Review von Rinko Heidrich22,50 Pfund: Der Preis für die damals heiß begehrten Oasis-Knebworth-Tickets klingt immer noch wie aus einer längst vergessenen Ära. Heute ist es der Durchschnittspreis für Newcomer in einem runter gerockten Siffladen. Tja, Kinder, in den 90ern bekam man dafür eines der größten britischen Konzertereignisse, vorausgesetzt natürlich, man schaffte es durch die Ticket-Hotline. Oasis hätten den Knebworth Park mehrfach füllen können, aber so waren es immerhin am 10. und 11. August insgesamt 250.000 glückliche Fans, denen Noel Gallagher damals schon mal ein "This is history" ins Klassenbuch diktierte. Bruder Liam nahm den Ball auf und erwiderte frech: "Ach, ich dachte es ist Knebworth."
An diesen Sommerabenden 1996 war alles in Ordnung. Die Massen durch Support-Acts wie The Prodigy schon gut angewärmt, bis Hubschraubergeräusche und "Columbia" den fröhlichen Song-Reigen eröffnen. Was die Qualität des Sets angeht, gibt es wenig auszusetzen. Oasis feuern das Best Of ihrer ersten beiden Alben auf eine kreischende Menge ab und mit "Round The Way" und "Acquiesce" schafften es zwei großartige B-Seiten in die Liste, die nur deshalb nicht auf die Alben kamen, weil Noel damals die Meisterwerke noch nur so aus dem überlangen Pulli purzelten.
Es war nun einmal so, in diesem Sommer konnte keiner gegen Oasis und ihre beiden Wahnsinnsalben "Definitely Maybe" und "(What's The Story) Morning Glory?" antreten. Sie waren zu gut, sogar so gut, dass Oasis danach gar nichts mehr hätten veröffentlichen müssen. Die Band bestand nicht unbedingt aus erstklassigen Virtuosen, sie war ein perfekt eingespieltes Team aus Freunden.
Wie man anhand der schwammigen DVD und der etwas besseren Blu-ray-Qualität sehen kann, mussten nur ein paar mäßig attraktive Vögel aus Manchester ihre Songs anspielen, ohne dabei zu tanzen oder Laser-Gewitter abfeuern zu müssen. Muse und sämtliche Rock am Ring-Headliner lachen nur darüber. Die DVD beinhaltet den Kinofilm von Jake Scott, der mit nachgestellten Szenen und Off-Kommentaren die Sicht der Fans auf das Mega-Event wiedergibt. Überhaupt gewinnt der visuelle Teil gegenüber dem Live-Album, das eben nun mal ein Live-Album ist. Leute kreischen, der Sänger murmelt was ins Mikro. Nicht, dass Knebworth ein optisch spektakuläres Event gewesen wäre, aber Liam in all seiner aufgesetzt-arroganten Nonchalance bleibt immer noch ein Augenschmaus.
Auch er befindet sich in der Blüte seines gesanglichen Könnens und versprüht noch diese total selbstverständliche Selbstsicherheit, die Oasis in ihrem kommerziellen Abstieg danach verloren ging. Die Band spielt scheinbar nur für sich und ihren Spaß. Nur dass vor ihnen noch ein paar Tausend Menschen mehr standen als im Proberaum.
Noel erinnerte sich später, dass er damals mit großer Leichtigkeit und ohne sich überhaupt irgendwelche Gedanken zu machen, auf die Bühne schlurfte. Auch die Garderobe fällt erfrischend unprätentiös aus: Bis auf Liam in einem hübsch-hässlichen Designer-Pulli mit Knotennmuster sehen alle aus wie der normale Lad, der im Pub ein Spiel seiner Fußballmannschaft verfolgt.
Genauso spartanisch fällt leider auch das Bonusmaterial aus: Es gibt schlichtweg keines. Was dann wieder zu Oasis passt. Das Drumherum ihrer Musik war ihnen immer relativ egal. Mehr brauchte es ja nicht. Oasis bescherten 90s-Kids seinerzeit einen perfekten Sommer und "Knebworth 1996" ist die mitreißende Chronik davon.
8 Kommentare mit 16 Antworten
Wie hart muss mensch als Redaktionskollektiv kurz vor Weihnachten und nach gerade einmal 10 Tagen der Abstinenz denn nach den Kommentaren craven, wenn ihr ausgerechnet DIESE Rezi 3 Tage vor Heiligabend bringt, hm?
Ich versteh immernoch nicht wie damals jemand auf die Idee kommen könnte die Hansel von Blur wären auf ähnlich hohem Niveau.
Aber in der Knebworth Playlist sind auch lieder die auf Be Here Now erschienen sind, deckt also nicht nur die ersten beiden Alben mit B-Saiten ab, zumal Whatever ja auch auf keinem Album erschien.
Hachja, gute Band. Schöne Zeit.
Oasis ist Proletenrock, Blur Intellektuellenrpck.
Was ist denn von der Playlist von „Be Here Now“?
Entsprechend c452hs Statement sind im Post-Britpop-War die Gallagher-Brüder mit allem was folgte doch eher nah an und erwartbar hinsichtlich der Ursprungsband geblieben, während Damon Albarn z.B. mit Gorillaz eine vollends vom Britpop losgelöste musikalische Zweitkarriere glückte...
Auch im Duell der erfolgreichsten Songs liegen Blur Meilen vor Oasis.
@Marc Cetor: My big mouth und Its getting better (Man!!)
@Marc Cetor: My big mouth und Its getting better (Man!!)
@Capsi was soll denn das Duell um den erfolgreichsten Song sein? Verkaufszahlen? Spotifyplaylist? Oder die Einschätzung welches Single nun die schönere ist?
Lass den Caps, der hat mit anderen Problemen zu kämpfen..
@Kochlöffel Erwartest Du ernsthaft eine reflektierte Antwort von Kacki? Vergebene Lebensmühe aus Gründen.
The Prodigy als Support für diese Hansel? Damn!
Gnadenlos überbewertete Mittelmaß-Band.
Amen!!!!
Fockin Biblical!
Für alle DVD-Besitzer: das Samstag-Konzert gucken, auch wenn sie hier für Oasis-Verhältnisse recht diszipliniert spielen. Tolles Konzert, falls es noch bessere geben sollte - ab dafür. Sonntag ist eigentlich musikalisch fast noch besser, aber leider kriegt auch ein neutraler Beobachter wie ich bei Liams deutlich drogen- und neuroseninduziertem Gehabe auf Dauer das Kotzen; kein Wunder, dass Noel keine Tour lang Bock hatte, das zu ertragen...