Platz 1: Propaganda (1974)

Einem perfekten Album ("Kimono My House") ein mindestens ebenbürtiges nachzuschieben? Sparks einfach. "Propaganda" fehlt vielleicht auf den ersten Blick der Überhit des Vorgängers und der Überraschungseffekt, aber es ist bis heute unglaublich, dass eine Band zwei Alben dieser Qualität im selben Jahr heraus bringt. Das gelang in der Rockgeschichte nur sehr wenigen Bands, Led Zeppelin etwa ("I" und "II"), den Beatles.
Kurz: Wäre es ein Doppelalbum geworden, wäre es unantastbar, aber "Propaganda" ist mehr als ein "Kimono"-Abklatsch: Es ist vielfältiger und in Teilen noch komplexer und verwirrender. "At Home At Work At Play" nach dem 25-sekündigen A-capella-Start "Propaganda" ist ein Monster-Opener, gefolgt vom hymnischen "Reinforcements" hängt es die Latte bereits sehr hoch. Auch textlich. "At Home At Work At Play" handelt von einem Typen, der eifersüchtig ist, dass seine Freundin die ganze Zeit mit anderen abhängt, obwohl sie praktisch ständig bei ihm ist. Ein urkomischer Text, angefüllt mit Klagen des Protagonisten darüber, dass er einfach nicht genug Zeit für sie habe, obwohl sie, wie gesagt, die ganze Zeit mit ihm zusammen ist. "Don't Leave Me Alone With Her" ist eine weitere Liebesgeschichte fernab aller Klischees, in der u.a. Hitler in High Heels gesteckt wird.
Vom Ragtime-Piano-Rock ("B.C."), einem Song über das Niesen ("Achoo") bis zur sanften Cembalo-Nummer "Never Turn Your Back On Mother Earth", die Kinks-Songwriter Ray Davies gar als Umwelthymne missinterpretiert, fährt "Propaganda" durchweg auf der Überholspur. Ganz maßgeblich auch dank der vierköpfigen Backing-Band, die den Maels hier die Power unterschiebt, die "Big Beat" zwei Jahre später nirgendwo hat. Achso: Der Single-Hit "This Town Ain't Big Enough For Both Of Us" heißt hier "Something For The Girl With Everything", ohne als bloße Kopie zu fungieren - Mike Patton kreischt daher 1997 gleich beide für das Coveralbum "Plagiarism" ein.
"'Kimono My House' enthält einige besondere Songs für mich, aber 'Propaganda' ist in sich geschlossener. Vielleicht ist es dem Umstand geschuldet, dass die Platte so schnell fertig werden musste. Die Qualität ist immer noch da. Es ist mein persönlicher Favorit", findet auch Ron Mael 2006. Fun Fact: Als Live-Gitarrist für die anstehende Tour fragen die Maels damals tatsächlich Brian May an, den sie noch vom gemeinsamen Gig zwei Jahre zuvor kennen, doch der entscheidet sich für seine aufstrebende Band Queen. Keine so schlechte Entscheidung, denn kurz darauf erscheint "A Night At The Opera".
Anspieltipp:
"At Home At Work At Play", "Reinforcements", "Don't Leave Me Alone With Her", "Never Turn Your Back On Mother Earth".
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