Platz 18: Janet Jackson & Justin Timberlake (2004)
Oh. 2004. Das Jahr, in dem die US-amerikanische Öffentlichkeit durchdrehte, angesichts einer weiblichen Brust. Noch nicht einmal vielarmige Hindu-Gottheiten hätten Hände genug, um sich ob der Hysterie, die diese Halftime-Show auslöste, angemessen zu facepalmen.
Was ist passiert? Am Ende des Auftritts, P. Diddy, Nelly & Co. waren da schon durch, gaben die Headliner*innen Janet Jackson und Justin Timberlake gemeinsam "Rock Your Body" zum Besten. Dabei riss Timberlake ein Stück von Jacksons Ledercorsage ab und entblößte einen Moment lang ihre gepiercte Brustwarze. So weit, so egal eigentlich, doch: America goes berserk.
Beim übertragenden Sender CBS standen die Telefone nicht mehr still. Eine halbe Million Beschwerden gingen allein bei der Rundfunkaufsichtsbehörde ein. Die Zuschauer*innen empörten sich über Sittenverfall und Jugendgefährdung. Janet Jackson (nicht etwa Timberlake!) wurde heftig angefeindet und entschuldigte sich kurz nach dem Vorfall. Timberlake entschuldigte sich auf öffentlichen Druck hin später auch, nicht bei seiner Duettpartnerin, versteht sich, sondern beim Fernsehpublikum, dem er eine halbe Sekunde lang den offensichtlich ungeheuerlichen Anblick einer Titte zugemutet hatte.
Es folgten weitere Entschuldigungen, Erklärungen, Prozesse, Bußgeldzahlungen ... es erscheint wirklich komplett absurd. Der Sender MTV, der das Pausenprogramm zu verantworten hatte, wurde von der Gestaltung aller weiteren Halbzeitshows ausgeschlossen. "Liveübertragungen" von Großereignissen wie die Grammy- oder die Oscar-Verleihung erfolgen im US-Fernsehen seit "Nippelgate" eben nicht mehr live, sondern um einige Sekunden zeitversetzt, um gegebenenfalls eine Ausstrahlung "verstörender Szenen" noch verhindern zu können. Als Haupt-Sündenbock wurde aber Janet Jackson durch alle Formate getrieben. Klar, wer sonst, wenn nicht die Schwarze Frau, sollte wohl die amerikanischen Kinder verderben? Wer da Sexismus und Rassismus im Spiel wähnt, hat wahrscheinlich Recht.
Viele Theorien ranken sich inzwischen um den Vorfall, darunter die These, es habe sich um eine Racheaktion Timberlakes gehandelt, mit der er seiner Ex Britney Spears die Show stehlen wollte, nachdem sie seit ihrem Kuss mit Madonna nicht nur in deren, sondern in aller Munde war. Oder der Eklat sei kalkuliert gewesen, um das öffentliche Interesse vom Irakkrieg abzulenken. Von der Kampagne "Chose or lose", die junge Amerikaner*innen an die Wahlurnen treiben und für die diese Halbzeitshow eigentlich werben sollte, redete hernach natürlich auch niemand mehr, und auch nicht davon, dass in besagter Superbowl-Halbzeitpause neben den ganzen anderen auch Kid Rock aufgetreten ist. Immerhin ETWAS Gutes an diesem Sturm im Wasserglas: Den vergessen wir doch jederzeit sehr gerne.
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