Vor der Erleuchtung: Musik hören
Besser als meine Freundin, meine Kinder oder meine Verflossenen kennt mich der Algorithmus, der weiß halt, was ich mag. Im konkreten Fall schaute ich eines Nachts mit halbem Auge einem EDM-Auftritt zu, dessen Protagonist zumindest für mich bayerischen Oberlaien wie ein buddhistischer Mönch aussah und scheinbar recht offensiv mit diesen Charakteristika warb. Das wollen wir ergründen.
Die Rolle elektronischer Musik in zeitgenössischer Religionsausübung bzw. die Ausübung elektronischer Musik durch Kleriker ist ein wirres, breites und spannendes Feld und das ist beim Buddhismus kaum anders. Der Auftritt des Mönchs war insofern verwunderlich, als dass die Vinaya genau das recht eindeutig explizit verbietet: Kleriker sollen nicht mal bei Musikveranstaltungen zuschauen. Das weichte die Mahayana-Schule nur ein klein wenig auf und bleibt durchaus bei vielen Buddhisten das gemeinsame Verständnis.
Jetzt hat regelabweichendes Verhalten bei buddhistischen Mönchen den gewaltigen Vorteil, dass eine darüberstehende Hierarchie fehlt oder nur in groben oder kleinteiligen Zügen vorhanden ist. Wenn man sich glaubhaft als Mönch bezeichnet und dann in die Tasten drückt, dann ist es erstmal so, es kommt kein deutscher Bischof und droht einem mit Konkordatsgehalt-Sanktionen (die der Buddhist natürlich auch nicht hat). Wie der Mensch nun mal zur Musik neigt, entwickelte sich eben doch eine, wenn auch im Vergleich mit dem Christentum quantitativ deutlich limitiertere, regional sehr unterschiedlich ausgeprägte und vorwiegend vokal-meditative (Stichwort "shonyo"), Kirchenmusik. Laien und Konvertiten wie Bowie, Cohen, Radigue und MCA scherte das Tabu um Musik sowieso nie.
Gyosen Asakura macht sogar als Abt/Oberpriester Musik und gilt als Gründer von Techno Hoyo, also explizit buddhistisch verstandener elektronischer Musik (und nicht wirklich Techno). Asakura leitet seinen Wunsch nach Musik als verstärkendes Element zur Selbstfindung, Ruhe- und Mitte-Findung aus dem Amithaba-Buddhismus her. Der prägende Gedanke ist der der Reines-Land-Schule, die – wie alles in diesem Artikel extrem vereinfacht – versucht, Transzedenz herzustellen, indem alle schädlichen Einflüsse ausgeschaltet werden. Zunehmend spielt dieser Gedanke neben dem Amithaba jedoch auch im Zen- (bzw. Shin-) Buddhismus eine Rolle. Dieses Reine Land darf man nicht mit einer christlichen Himmelsvorstellung vergleichen, es geht eher um die Schaffung des perfekten Rahmens, der es dem einzelnen Gläubigen erleichtert, die notwendige Geistesreise anzutreten. Bei Ummz Ummz sind wir all about results, und die hören sich im Techno Hoyo schlicht schön an.
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