Rave The Planet – oder zumindest Berlin
Am Samstag trotzten um die hunderttausend Teilnehmer von "Rave On" dem Berliner Regenwetter. Die Sause ist offiziell auch eine Demo in Erinnerung an die Loveparade, zumal Dr. Motte nach wie vor auf dem ersten Wagen eröffnete, mit den Worten: "Wir fordern Frieden, Abrüstung und den Schutz der elektronischen Musikkultur." Putin wird sicherlich zugehört haben, hoffentlich auch die Besucher. In der U-Bahn und vor Ort drängte sich mir jedenfalls, auch aufgrund einiger südwestdeutsch vorgetragener politischer Schlachtensänge, der Verdacht auf, die Herrschaften begeben sich gerade eher unbewusst zu einer abstrakt linken Demo.
Dafür kann der Motte nichts, aber die Eigendarstellung als politische Demo schafft eine Fallhöhe, die die Entkopplung von Organisatoren und Publikum schonungslos offenlegt. Das deutsche Demonstrationsrecht ermöglicht und erzwingt einen solchen Unsinn, das muss man sich immer wieder vergegenwärtigen. Ein solcher Umzug ohne Demo-Aufhängung ist weder genehmigungfähig noch finanzierbar. Das ist schade.
Der Raveplanet ist immer noch besser als der politisch komplett verklemmte "Zug der Liebe" im August, auf dessen Wagenkollektive wir trotzdem im nächsten Ummz Ummz schauen. "Wem gehört die Stadt" schluckt dieses Jahr übrigens die Fuckparade, und die schauen wir uns im September an.
Nun widmen wir uns der Musik des "Rave The Planet": Im Getümmel und aufgrund schlechter Sicht sah man natürlich kaum, wer gerade wo auflegte, deshalb orientieren wir uns an drei Wägen und picken jeweils interessante Vertreter heraus. Den Anfang macht Buschtanz ✕ Operator ✕ Schmækt, die sich einen Wagen teilten. Darauf war FriendCallMeWim, der Gründer des Aue Molk Festivals und allein schon deshalb Erwähnung wert. Wie es die Namen der Beteiligten nahelegen, ist das eine ziemlich housige Sache.
An zweiter Stelle folgt das Droomschipp unter der Führung von Plunk.ton. Klassischer Melodic Techno, über alle Maßen kompetent umgesetzt. Das Label ganz im Norden hat mit Daniel Helmstedt, TYGR TYGR und Alexander Ebisch interessante Acts im Angebot, einfach mal reinhören.
Dritter Wagen: Paradise Worldwide. Das Vertriebsunternehmen hatte nämlich Murat Uncuoğlu dabei, und von dem wollte ich euch schon lange was zeigen. Aber das Alte brauchen wir gar nicht, es gibt ein sehr junges Mörderset, das nicht zu mögen unmöglich ist. Der gute Mann besitzt in Istanbul zurecht Legendenstatus für seine Arbeit für die dortige Clubkultur und seinen Soul-Techno.
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