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Paula Hartmann - "Kleine Feuer"

Weltschmerz ist zum Trend geworden. Wenn es einen Sound gibt, der momentan die deutsche Musikszene dominiert, dann ist das Atzen-Rummelbumms-Techo. Okay, fair, irgendwie muss man sich davon auch wieder ablenken. Aber wenn es zwei Sounds gibt, dann ist der andere diese verwaschenen, melancholische Tumblr-Ästhetik, die jede Alltäglichkeit zur größtmöglichen Poesie aufbläst und selbige mit einer Schwere besingt, dass man meint, die Person hinter dem Mikrofon hätte noch nie in ihrem Leben gelacht und müsse erst im Duden nachschlagen, was das Wort "Lebenswille" bedeutet.

Paula Hartmann gehört dieser Sparte an, jedoch bringt sie als nahezu einzige Person die Emotionen, die diese Art von Musik für gewöhnlich evozieren will, auch an den Mann. "Kleine Feuer" erzählt vom Innenleben einer Twentysomething inmitten des von Häuserschluchten umgebenen Berliner Gefühls-Kaleidoskops. Mit fast teilnahmsloser Stimme singt Hartmann über die Ohnmacht einer gesamten Generation, von Selbsttherapie auf dem Clubklo, von Beziehungsdramen, von 808s & Nichts-mehr-fühlen-Können.

Ihre Sprachbilder sind so lebendig, man möchte sie sich einrahmen und ins Zimmer hängen, ihre Stimme klingt traurig, aber nicht dieses komische, überbetonte Theater-Kid-kurz-vor-dem-Nullpunkt-Traurig, sondern Von-genuinen-Emotionen-genährt-traurig. Die Instrumentals, die sich noch mehr als auf ihrem Debüt im Hip Hop verorten lassen, haben es in der Folge gar nicht nötig, in Richtung der Tempo-Packung zu zeigen. "Kleine Feuer" ist traurig, aber es ist kein Album, zu dem man schluchzend auf der Couch sitzt. Es ist der Soundtrack, um sich bei wenigen Grad über Null die Tränen vom Wind wegblasen zu lassen, während man von einem Hausdach aus auf die Ruinen zahlloser Luftschlösser starrt.

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