laut.de-Biographie
Niklas Paschburg
Bei einem Hamburger Jung' erwartet man eher die Gitarre oder die gute alte Harmonika ,der gebürtige Hanseat Niklas Paschburg hingegen setzt voll auf das Klavier. Das machen andere auch, aber Paschburg reklamiert mit seinen nur 24 Jahren bereits eine zumindest in Deutschland ziemliche einzigartige Nische der Neo-Klassik für sich. Seine klassischen Pianofiguren garniert er mit verschiedensten Instrumenten elektronischer Musik, die zumeist flächig in Richtung Ambient eingesetzt werden. Dadurch ergibt sich ein angenehmes Spannungsverhältnis, nicht zuletzt, da der Virtuose trotz seiner Fähigkeiten auf Piano-Mackertum verzichtet und so anders als ein großer Teil der kommerziell erfolgreichen deutschen Klassikkünstler nicht auf Teufel komm raus eine fingerbrechende Stilfigur nach der anderen abhakt. Paschburg legt nach eigener Aussage großen Wert darauf, die Strukturen der Songs poppig zu halten und vermeidet auf diese Weise ein "Abdriften" in die Nischen des Avantgarde-Feuilletons.
Mit diesem Ansatz passt der Pianist gut in den Roster des Neo-Klassik-Sublabels von K7, 7K! Dort unterzukommen ist an sich schon eine Leistung, macht es Paschburg doch zu einem der sehr wenigen deutschen Klassikkünstler, die außerhalb des konservativen Kosmos Deutsche Grammophon und der Major-Sublabel Sony Classical oder Mercury Classics eine berufliche Existenz aufrechterhalten können. Demzufolge national eine Ausnahmeerscheinung, steht Paschburgs Werk jedoch nicht solitär. Er schwimmt im Kielwasser der erfolgreichen Neo-Klassik-Künstler Nils Frahm, Hauschka, Ólafur Arnalds und Max Richter, ohne allerdings einen der Ansätze dieser vor allem im Umgang mit elektronischer Musik sehr unterschiedlichen Künstler zu adaptieren.
Paschburg taucht 2016 zum ersten Mal in der Musikwelt auf, mit der EP "Tuur Mang Welten", übersetzt "Reise Zwischen Welten". Auf diesem kompositorisch beeindruckenden Erstwerk überwiegt noch der avantgardistische Klavieranteil, die Elektronik bleibt vorerst Beiwerk. Der Titel bezieht sich auf den damaligen Wohnort des Nordlichts in Franken, die Welten Meer und Wald. Die Darstellung szenischer Natur zieht sich wie ein Muster durch die Diskographie des Pianisten.
Auf dem Debütalbum "Oceanic", nun mit höherem Elektronikanteil und deutlich mehr Ambient im Sound, orientiert sich Paschburg endgültig gen Norden und erzielt damit seinen Durchbruch. Das größtenteils im Ostseebad Grömitz entstandene Album überzeugte die Kritik sowohl in der musikalischen Umsetzung, als auch im künstlerischen Ansatz. Verfremdete Geräuschaufnahme von Brandung und anderen Küstengeräuschen vervollständigten dieses "Meeres"-Album, ohne in Seemannskitsch auszuarten. Honorige internationale Medien wie NPR und The Guardian zeigen sich ganz ausdrücklich angetan. Diese seltene Auszeichnung für einen deutschen Künstler legt den Grundstein für die Beachtung Paschburgs über die Klassikgrenzen hinweg; so tritt er als Gast bei radioeins, FluxFM, und Cosmo Radio auf. Dank dieser genreübergreifende Reputation spielt Paschburg in der deutschen Neo-Klassik auch kommerziell in einer einer Liga mit Frahm & Co.
2020 erscheint das zweite Studioalbum "Svalbard", das zu einem Großteil auf der gleichnamigen Insel im Norden Norwegens entsteht. Dieses Mal greift Pauschburg in der rauen Umgebung das Thema Eis auf, klirrende Kälte und monumentale Gletscher werden durch Vorpreschen in Drone-Gefilde dargestellt. Die künstlerische Auseinandersetzung mit Einsamkeit, Natur und Kälte gerät zwar stellenweise etwas handzahm, sie demonstriert aber eindrücklich, zu was Paschburg am Klavier fähig ist und welche spannenden Momente sich ergeben, wenn Elektronik und Klassik nicht nur nebeneinander stehen, sondern in klangliche Beziehung zueinander treten. Diese organische Verbindung auszuloten und künstlerisch voranzutreiben ist das eigentliche Verdienst Paschburgs, denn seine Originalität katapultiert die deutsche Neo-Klassik-Musikszene fast schon eigenhändig in die internationale Relevanz.