laut.de-Biographie
Nubya Garcia
Nubya Garcia ist die Londoner Saxophonistin, die in den Zweitausendzwanzigern ihren Platz im 'Kennen auch Fans von anderen Genres'-Jazz-Pantheon einnimmt. Und dafür hat sie nur ungefähr genug Jazz-Academia-Kredibilität, um sich eine eigene Uni zu gründen.
Fangen wir am Anfang an, denn für all das sind ihr definitiv immerhin die richtigen Karten gedealt worden. Ihr Vater ist ein Filmemacher aus dem Trinidad, der mit seiner Frau in London Heimat findet. Neben der Tatsache, dass er als Filmmensch wohl eh schon ein artsy Kerl ist, liebt er natürlich auch Musik mehr als alles andere und spielt hobbymäßig ein bisschen Blasinstrumente.
Eine Leidenschaft, die man natürlich nur zu gerne weiterreicht. Also wird Tochter Nubya mit zehn selbst zur Instrumentalistin auserkoren. Sie bekommt ihr erstes Tenorsaxophon und spielt von da an in verschiedenen Schulclubs und außerschulisch. Talent zeigt sie schnell, genauso Leidenschaft. Schon vor Ende ihrer Schulzeit wird klar, dass das Instrument ihren weiteren Lebensweg mitgestalten wird.
Sie spielt also schon zur Schule in der Camdener Jazzband unter Nikki Yeoh, macht beim Sommerprogramm der Royal Academy of Music mit, ist bei Gary Crosbys Workshop und beim Camden Roundhouse. Nach dem Schulabschluss darf sie fünf Wochen nach Boston, um beim Berklee Music College zu lernen. Ein Brückenjahr wird sie von Art Blakeys Jazz Messenger Jean Toussaint unter die Fittiche genommen. 2016 macht sie ihren Abschluss mit Belobung beim Trinity Laban Conservatoire of Music and Dance.
Alles, zusammengefasst: Garcia hat es schon jung faustdick hinter den Ohren – und das wird auch so ziemlich jedem klar, der mal kurz mit ihr zu tun hat. 2017 macht sie ihre erste EP "Nubya's 5ive" als Bandleaderin, die sie auch auf Jazzfestivals in Berlin und New York spielt. 2018 folgt eine weitere EP im Kosmos der Steve Reid-Stiftung, auf der sie ein bisschen mit elektronischer Musik experimentiert. Indes ist sie auch Mitglied mehrerer Kollektive und Ensembles wie Nérija oder Maisha.
Jetzt sind wir endlich an dem Punkt, wo man außerhalb der Jazzwelt vielleicht von ihr gehört haben könnte: Ihr Debütalbum "Source" erscheint 2020, viele große, spannende Gigs werden ihr jedoch von der Pandemie abgeluchst. Trotzdem zeigt das Projekt eine junge Bandleaderin, die sich wie eine veritable, spannende Stimme in der derzeit sowieso sehr heißen Londoner Jazz-Szene anfühlt. Das Album ist stark, sie ist auf den Radaren – sogar für den Mercury Prize wird sie nominiert.
Es dauert bis 2024, bis sie ihr zweites Album "Odyssey" nachlegt. Und das ist das Album, mit dem sie endgültig auf den Radar der breiteren Musiknerd-Community landet. Nicht nur im Cover erinnert es an die Großtaten von Kamasi Washington, der ebenfalls dieses Crossover gelandet hat. Garcias "Odyssey" ist ein großspuriges Album mit Streicher-Orchester, eine ganz eigenwillige Kino-Erfahrung.
Aber wenn man sein ganzes Leben lang nur brilliert hat, dann will man vielleicht auch irgendwann jenseits des Tellerrandes stattfinden. Garcia hat Ambitionen, diese kleine Jazzwelt der Förderungen und Institute aufzubrechen und als eigene Entität daraus hervorzubringen. Dass sie das schafft, ohne dem Jazz und ihrem Aufwachsen auch nur einen Fußbreit untreu zu werden, ist wirklich beeindruckend.
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