laut.de-Biographie
Pulley
Wie kaum eine andere Band verkörpern Pulley den kalifornischen Skatepunk/Melodycore der späten 90er Jahre. Das fängt bei den Personalien an, geht bei den "bürgerlichen" Berufen der Mitglieder weiter und äußert sich natürlich im Sound der Band, die seit 1996 in nahezu unveränderter Form stoisch die Tradition poppigen Harmoniegebolzes fortführt.
Sänger Scott Radinsky gründet die Band nach seiner Trennung von Ten Foot Pole (einem anderen Prototyp des Genres), da seine Karriere als professioneller Baseball-Spieler ihm nicht genug Zeit lässt, mit Ten Foot Pole wichtige Tourneen (z.B. als Support von The Offspring) zu absolvieren. Radinsky spielt von 1990-2001 und steht in Diensten der Chicago White Soxy, der Los Angeles Dodgers und der St. Louis Cardinals. Zusätzlich betreibt er einen Skatepark in Simi Valley, das Skatelab, hat zwei Töchter und überwand die Hodgkinsche Krankheit (bösartiger Tumor des Lymphsystems), was bei Erwachsenen nicht selbstverständlich ist. Diese hemdsärmelige Toughness, gepaart mit ur-amerikanischen, sportlichen Interessen und einem sympathischen, glaubwürdigen Wesen, darf als typisch für die Band und in Teilen für das gesamte Genre betrachtet werden.
Auch die anderen Mitglieder (Mike Harder, Gitarre / Jim Blowers, Gitarre / Tyler Rebbe, Bass / Tony Palermo, Drums) gehen zum Teil bis heute handfesten Jobs nach. Tony Palermo ist Lichttechniker bei Konzerten, Mike Harder Flugzeugmechaniker, Tyler Rebbe arbeitet in der Automobilindustrie und spielt nebenher noch bei Death By Stereo, Moose Lodge und Plunger. Rebbe und Palermo haben zudem eine Band namens Hot Potty, in welcher Bad Religion-Drummer Brooks Wackerman den Frontmann mimt.
Pulley haben nie einen großen Durchbruch oder Single-Hits erlebt und wuchert auch mit ihrem Pfund der Bodenhaftung. "I'm not a one-hit-wonder, looking to get rich", hieß es in ihrem ersten Szene-Hit "Cashed In" vom angesehenen Debüt "Esteem Driven Engine", und weiter: "I'm not trying to sell out my songs/ I was here before they exploited our scene/ and I'll be there when they are dead and fucking gone." 2003 singen sie in "Hooray For Me" vom vierten Album "Together Again For The First Time": "Call me stupid, call me crazy, call me what you will - I don't write this Music in intend to pay my bills". Konzerte in kleinen Clubs beenden sie gerne ohne Zugaben mit den Worten: "That's it. Let's drink together."
In ihrer kleinen Karriere verzeichnet die Band mehrere Line-ups ist war Heimathafen verschiedener Musiker, die alle bereits Meriten in der Skatepunk- und Hardcore-Szene gesammelt hatten. (Ihre Homepage nennt sich selbstironisch x-members.com) Die Originalbesetzung verzeichnet am Schlagzeug Jordan Burns und an der Gitarre Jim Cherry. Beide wohnten bereits Strung Out (Melodycore-Prototyp Nummer 3), während Burns schon mit Radinsky bei Ten Foot Pole und noch früher bei den härteren Scared Straight gespielt hatte. Ferner spielt in der Originalbesetzung Matt Riddle den Bass, der Pulley als Durchgangsstation zwischen Face To Face und No Use For A Name nutzt. Ein stilistisch durchaus enger Rahmen.
Von 1996 bis 2001 werfen Pulley in schneller Folge die Alben "Esteem Driven Engine" (1996), "60 Cycle Hum" (1997), "Pulley" (1999) und "Together Again For The First Time" (2001) auf den Markt. Erst "Matters" kostete sie mehr Zeit, da sie erstmals mit dem neuen Produzenten Matt Hyde zusammenarbeiten, der schon für Slayer oder Hatebreed tätig war und somit Ryan Greene ablöste, ihren bisherigen Stammproduzenten. Der ist ebenfalls der personfizierte Sound des 90er-Melodycore, Tonmeister hinter nahezu allen wichtigen Fat Wreck- und Epitaph-Platten und Vater des kraftvollen, transparenten und zugleich nussig-griffigen Sounds, der die Hörer von Lagwagon bis Good Riddance zu euphorisch-sportlichen Höchstleistungen animiert.
Große Veränderungen in der Musik Pulleys bringt jedoch auch der neue Produzent nicht hervor. Ein wenig gesetzter, rockiger und dreckiger klingen sie heute, was wiederum auch prototypisch auf nahezu alle ihre Generationsgenossen zutrifft. Pulley bleiben, wer und was sie sind. Stoisch. Den 2002 verstorbenen Jim Cherry würde es freuen. So sind sie halt, die kalifornischen Punkrock-Mittelständler.
Noch keine Kommentare