laut.de-Biographie
Quelle Chris
"Die Nuancen eines wahllosen Lebens aufzeichnen", so beschreibt Quelle Chris den Auftrag, den er sich einst in seiner Rapmusik gegeben hat. Zu dieser Zeit arbeitet er mit "Being You Is Great, I Wish I Could Be You More Often" an seinem bis dahin erfolgreichsten Album und beginnt, sich von seinen Zeitgenossen abzusetzen. Doch bis Quelle selbst ein gestandener Name in der Untergrund-Szene wird, war es ein langer Weg.
Als Sohn von einem Schuhdesigner in New York zieht er zu Beginn seines Lebens quer durch die Vereinigten Staaten und tut sich schwer, einen Anker zu finden. Nichtsdestotrotz strandet Gavin Tennille eines Tages in Detroit und sucht dort die Nähe von verschiedenen Hip Hop-Crews, um sich irgendwo zwischen Poesie und Sprechgesang auszutoben. Er tritt einer Crew namens Wasted Youth bei und gründet mit Denmark Vessey die Crown Nation, wohl noch ohne zu wissen, dass die beiden auch noch fünfzehn Jahre später auch ohne offizielle Gruppe gemeinsam Musik machen würden.
Anfang der 2000er ist Detroit ohnehin ein sehr lebendiges Pflaster für Musik. Doch während die Eminems auf der 8 Mile dem Battlerap frönen, interessiert sich Chris eher für den intellektuellen Film und weckt mit dieser Einstellung die Aufmerksamkeit des legendären J Dillas. Ein Mentor, der seinen musikalischen Stil klar beeinflussen soll, denn die Musik in den nächsten Jahren nähert sich dem Jazz-Rap und dem, was später Lo-Fi Hip Hop genannt werden soll, im Eilschritt an.
Als Quelle (tatsächlich nach dem deutschen Wort Quelle benannt) veröffentlicht er alsdann Alben, arbeitet hinter den Kulissen als Texter für andere Detroit-Weirdos wie Danny Brown mit und kollaboriert sogar mit dem Dichter John Sinclair. Um 2013 zahlt sich die Arbeit zumindest in Teilen aus: Inzwischen bei der ikonischen Mello Music Group unter Vertrag machte Quelle Chris bereits Produktionsjob für Untergrundlegenden wie Pharoahe Monch oder Open Mic Eagle.
Doch da steckt mehr in Quelle Chris. Die Soloarbeit erreicht 2017 schließlich den Punkt, an dem sie zu gut wird, um ignoriert zu werden. "Being You Is Great, I Wish I Could Be You More Open" stellt eins der introspektivsten, menschlichsten und beizeiten witzigsten Alben des Rapjahres dar und weckt die Aufmerksamkeit verschiedenster Blogs, Kritiker und Hipster. Es markiert den Beginn einer beeindruckenden Hochphase für Chris.
2018 erscheint mit "Everything's Fine" ein Kollabo-Album mit Jean Grae, eine Rapperin, die er nicht zuletzt auch heiratet. Eine Beziehung auf Wachs zu führen, mag gewagt klingen, funktioniert mit der extremen Synergie der beiden aber wunderbar. Sie teilen den selben Humor, den selben politischen Zynismus und arrangieren im Tag-Team ein paar der perfidesten Hip Hop-Grotesken, die das Genre so zu Gesicht bekommt. Ein Erfolg, auf den er 2019 mit "Guns "mit einem Konzeptalbum über Waffengewalt in Amerika direkt nachlegt.
An diesem Punkt ist Quelle Chris längst ein Darling der Rucksackträger und Hip Hop-Journalisten. Und das zurecht, denn die Produktion seiner Musik klingt immer wieder innovativ, erfrischend und denkt außerhalb der Box. Seine Texte bringen nicht nur ambitionierte Themenkomplexe mit sich, sondern zeigen auch genug Finesse, schweren Ideen gerecht zu werden. Wenn es um die Sparte zwischen Jazz-Rap und alternativem Hip Hop geht, ist Quelle Chris ohne Frage einer der verlässlichsten Namen, die zum Ende der 2010er aktiv sind.