laut.de-Biographie
SOPHIE
PC Music ist eine Szene, die im Grunde erst nach ihrer Entstehung unter einem Begriff zusammengefasst wird. Unter den Gründervätern wie A.G. Cook und anderen größeren Namen der Londoner Sparte gibt es allerdings schon Anfang der 2010er eine Figur, die ein wenig aus dem Raster des Kollektivs hervorzustechen scheint.
SOPHIE ist das Projekt eines Schotten namens Samuel Long. So viel weiß das Internet, als es die ersten Tracks erreichen, die die Musik der seltsam simpel benannten Musikerin einer breiteren Masse vorstellen. Auch wenn ein Hauch von Anonymität keine Seltenheit in Electro-Kreisen darstellt, sind es doch die Ungereimtheiten und die Obskurität von SOPHIEs Erscheinung, die neben der Musik aufhorchen lassen.
Tracks wie "Elle" und "Blip" sind minimale Stampfer, die vom Kontrast harter Bässe, verzerrter, süßer Stimmen und einer postmodernen, fast Vaporwave-inspirierten Ästhetik zehren. Zeitgeist-Musik um 2013 und 2014, die auch bei einem größeren Publikum auf offene Ohren stößt. SOPHIE wird Staple in der etwas abgefahreneren Ecke der EDM-Fandom, jeder neue Track stellt ein Event für sich dar.
Kulminieren soll dieser erste Feldzug 2015 in einem Projekt namens "PRODUCT", einem Album, auf dem nicht nur bisher erwähnte Loosies, sondern auch eine Stange neuer Songs Heimat findet. Die Kritik fällt zwar bisweilen gemischt aus, Konsens scheint aber, dass die Szene durchaus Platz für Stil und Vibe von SOPHIE hat.
Ein besonderer Karriereschritt im mysteriösen und ominösen Wirken der Künstlerin ist eine Kollaboration mit McDonald's, die mit dem Track "Lemonade" 2015 eine neue Limonade im Angebot bewerben. Ein Ritterschlag für den postkapitalistischen Surrealismus von SOPHIE, die sich in den selben Jahren bis hin zur Mainstream-Relevanz hocharbeitet.
Produktionsarbeiten für Madonna, für Charli XCX, aber auch unerwartete Musiker wie Vince Staples folgen und eröffnen neue Möglichkeiten für die Produzentin aus Schottland. Die scheint sich aber kaum für den Mainstream-Crossover zu interessieren, sondern brät ihrer Fanbase 2017 mit "It's Okay To Cry" als Vorbote einer neuen LP eine herausfordernde Ballade über den Kopf.
Die erste Single von "The Oil Of Every Pearl's Un-Insides" bricht radikal mit bisherigen Image-Konventionen für SOPHIE. Auf einmal mitten im Bild, mit eigenen Vocals und relativ unverfälscht ändert sie ihren Ansatz auf Identität und Image. Darstellung von Queerness wird so wichtig wie die Darstellung von transhumanistischem Postkapitalismus. Inzwischen in Los Angeles ansässig, wird das Album eines der vorwärts gewandtesten Projekte des ohnehin vorwärts gewandten Genres.
SOPHIE steht Pate für eine der radikalsten Facetten von Identitäts-Darstellung im Internet-Zeitalter. Die Musik ist experimentell, wild und ungestüm. Was von Manchen als das Missing Link zwischen Arca und den Top 40 interpretiert wird, könnte genauso gut als eine Annäherung moderner Sounds an eine neue Avantgarde verstanden werden.
Am 30. Januar 2021 stirbt SOPHIE mit nur 34 Jahren morgens gegen vier Uhr nach einem Unfall beim Klettern in Athen. Mehrere Freunde und Kollaborateure der Musikerin bestätigen den tragischen Vorfall.
14 Kommentare, davon 13 auf Unterseiten
rest in power ❤️ allein der name wäre mal eine aktualisierung des artikelswert