11. September 2000

"Gut, wenn unsere Songs im Netz kursieren"

Interview geführt von

Nachdem die vier Jungs aus Sacramento bereits mit Such A Surge auf Tour waren, kamen sie im Sommer noch einmal für eine kleine Headliner-Tour und ausgewählte Festival-Gigs nach Deutschland. In Stuttgart konnten wir die aufstrebenden und sympatischen US-Amerikaner für die Dauer eines Gesprächs vom Verzehr des angerichteten Kartoffelsalates abhalten.

Vorsicht, alles, was ihr ab jetzt sagt, wird aufgenommen.

Oh, klasse! Fuck, Shit, Piss, Bitch hahaha.

Danke, das war eigentlich alles, was ich hören wollte. Aber im Ernst, das ist jetzt ist eure erste Headliner Tour. Was habt ihr bis jetzt erlebt?

Bis jetzt war es richtig cool. Wir sind vorwiegend auf Festivals aufgetreten und da sind die Leute richtig abgegangen. Wir haben ja immer schon zur Mittagszeit gespielt, was eigentlich ziemlich ungünstig ist, aber die Crowd ist mitgegangen, wenn wir Gas gegeben haben. Wir dachten auch, dass uns hier in Europa so gut wie keiner kennt aber zu unserer Überraschung haben wir überall, wo wir gespielt haben, Fans gehabt, die sogar die Texte der Songs kannten und mitgesungen haben. In den Clubs kamen immer zwischen 150 und 200 Leute und obwohl das ja nicht so eine riesige Masse ist, hat es unglaublich Spaß gemacht. Es ist ja egal, wieviel Zuschauer kommen. Wenn der Vibe stimmt, ist es immer geil. Vielen Bands ist es ja zu mühselig, nach Europa zu kommen. Es ist zwar anstrengend und kostet viel Geld aber wenn du hier etwas erreichen willst, musst du auch Präsenz zeigen und das machen wir jetzt gerade.

Limp Bizkit ist ja das Paradebeispiel. Diesen Sommer spielen sie zum ersten Mal überhaupt in Deutschland.

Ja genau. Die haben sich gesagt, "wir müssen in den USA mehr pushen" aber dadurch besteht auch die Gefahr, dass sie sich viele Fans in Europa vergraulen. Uns ist das egal, wir hatten bislang eine tolle Zeit hier und ein Feedback, mit dem wir so gar nicht gerechnet hatten. Insofern hat Europa unsere Erwartungen schon weit übertroffen.

Ihr habt im Vorprogramm von Such A Surge getourt, wie war das?

Richtig klasse. Das Coole bei der Sache war, dass Such A Surge hier einen Status haben, der ihnen erlaubt, sich ihren Support selbst auszusuchen. Ihre Wahl fiel dann auf uns, weil sie unsere Musik gut finden. Das war dann natürlich schön für uns, weil wir wussten, dass wir von ihnen akzeptiert werden. Das war die Basis dafür, dass wir uns auch menschlich sehr, sehr gut verstanden haben.

Also ist daraus eine richtige Freundschaft entstanden?

Ja auf jeden Fall. Sie haben uns sehr anständig behandelt und wenn es sein sollte, dass wir in den Staaten noch bekannter werden, dann werden wir die Jungs auf jeden Fall über den Teich holen, damit sie dann uns supporten.

Aha, ihr seid also Botschafter für deutschsprachige Musik?

Das ist eigentlich egal, ihre Shows sind sehr energetisch und gehen voll nach vorne, da ist es nicht so wichtig, welche Sprache du sprichst. Schau mal, viele Bands aus den USA, die Hardcore-Sound spielen, brüllen ins Mikro, dass sogar wir kein Wort verstehen, insofern ist das ja nicht so schlimm.

Euer musikalischer Mix ist auf der einen Seite agressiv, aber gleichzeitig auch sehr melodisch. Es gibt nicht sehr viele Bands, die es schaffen, diese Balance zu halten. Wie würdet ihr selbst eure Musik beschreiben?

Ja, melodisch und agressiv, wie du schon gesagt hast aber nicht in der Weise, dass es dann zum Happy Sound mutiert. Melodisch muss ja nicht gleich Friede, Freude, Eierkuchen bedeuten. Wir wollten immer melodisch sein, aber auf eine eher dunklere Art und Weise. Nimm zum Beispiel Metallica oder Deftones, sie sind hart aber gleichzeitig sehr melodisch und so ungefähr soll sich unsere Definition von melodischem, gleichzeitig aber auch hartem Sound anhören, ohne dass wir Metallica gleich kopieren. Wir versuchen immer, Hooklines einzubauen, die sofort ins Ohr gehen, da hast du schon recht, das ist unsere Herangehensweise, Songs zu schreiben.

Ihr habt die Songs zu "Jump Start" ja erst sechs Wochen vor dem Studiotermin geschrieben. Ist das grundsätzlich eure Arbeitsweise?

Das hing damit zusammen, dass wir bis zum Zeitpunkt des Studiotermins ununterbrochen getourt haben. Wir haben uns eingeschlossen und dann die 12 Songs geschreiben und eingespielt, die auf der Platte sind. Wir haben keinen Ausschuss produziert, wie andere Bands das machen, sondern haben ausschließlich an diesen 12 Songs gearbeitet und gefeilt. Wieso sollten wir auch Songs machen, hinter denen wir nicht stehen und die dann nicht auf die Platte gelangen. Wir haben auch noch nicht so viel an neuem Material gearbeitet, obwohl Zac schon einen ganzen Haufen neuer Ideen mit sich herumschleppt. Das machen wir dann, wenn wir mit dem Touren fertig sind. Das wird dann aber auch recht schnell gehen, weil die nächste Platte schon im Januar erscheinen soll. Wir arbeiten daran, dass die Neue gleichzeitig in America und Europa veröffentlicht wird und dass nicht wie bei "Jump Start" ein halbes Jahr vergeht, bis das Teil endllich auch bei euch rauskommt. Das war ja auch das Komische bei der Sache. Die Platte ist in Amerika schon seit einem Jahr erschienen und hier gelten wir als komplett neue Band, schon sehr seltsam.

Als neue Band kann man euch ja eigentlich nicht bezeichnen, denn ihr habt ja mittlerweile drei Alben veröffentlicht, die man hier jedoch nicht kaufen kann. Erzählt doch mal, wie diese im Vergleich zu "Jump Start" klingen.

Die alten Sachen klingen härter, aber lange nicht so ausgereift wie die neue Platte. Als wir "Little Boy" aufgenommen haben, waren wir ja erst 17 und das hört man auch heraus. Wir kopierten zum großen Teil, aber das gehört auch dazu.

Eure Texte handeln davon, auf der Suche zu sein und sich selbst zu finden. Wie sieht das bei euch aus, wisst ihr als Band mittlerweile, wer ihr seid oder sucht ihr noch?

Hm, als Person entwickelst du dich ja immer weiter - hoffentlich - und so ist es ja auch mit der Band. Wir spielen auch schon einige Zeit zusammen und mittlerweile sind wir an einem Punkt, wo wir zumindest sagen können, dass wir mit dem, was wir bislang erreicht haben zufrieden sein können. Wir werden uns aber sicher noch entwickeln und uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen.

Wie siehts mit dem Internet aus, was macht ihr damit?

Wir ziehen massig Pornozeugs, haha, ja, Pornosachen en Masse haha. Wir haben auf der Webseite jeder eine eigene Mailadresse und halten so Kontakt zu unseren Fans. Es macht richtig Spaß, so zu kommunizieren, wir freuen uns auch immer darauf, zu lesen, was die Kids zu sagen haben. Das ist ja das Faszinierende am Netz. Du kannst kinderleicht mit jemandem in Kontakt treten, der sich auf der anderen Seite der Welt aufhält. Wir sind, bis auf Michael - unseren Computernerd - keine Profis in Computerdingen. Wir beschränken uns daher auf Mails abrufen und einfache Sachen, bei denen man keine professionelle Hilfe benötigt.

Was sagt ihr zum Streit um Napster und dem ganzen Gerede über Downloads?

Hmm, schwierige Sache. Für eine Band, wie wir es sind, ist es sicherlich eher von Vorteil, wenn unsere Songs im Netz kursieren, denn das wird uns dabei helfen, bekannter zu werden. Nimm aber eine Band wie Metallica. Wenn jemand behauptet, Lars Ullrich hat es nicht nötig, noch mehr Millionen zu scheffeln, dann hat er sicher recht. Aber dabei geht es doch um grundsätzlichere Dinge. Wenn in Zukunft niemand mehr für Musik bezahlen möchte, wird es sehr schwer, sich seinen Lebensunterhalt als professioneller Musiker zu verdienen. Es ist einfach ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite ist es cool, dass unsere Musik im Netz verbreitet wird, damit mehr Leute auf uns aufmerksam werden, aber irgenwoher muss die Kohle auch kommen und wenn nichts reinkommt, steht man ganz schon doof da.

Vielen Dank für das Interview

Schaust du dir nachher die Show an?

Klar!

Dann bring Ohropax mit!!

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