Porträt

laut.de-Biographie

Superchunk

Dinosaur Jr., Arcade Fire, Neutral Milk Hotel. So ziemlich jeder Musikfan kennt diese Bands und das Kultlabel Merge Records, bei dem noch weiter wegweisende Indie-Künstler unter Vertrag standen oder stehen. Dabei hat Labelboss Ralph Lee 'Mac' McCaughan und Laura Ballance selber eine Band namens Superchunk, die von vielen Musikern als Einfluss genannt werden. Für Superchunk selbst reicht es nicht zum großen Erfolg. Das liegt wohl am nihilistischen Grunge und Punk-Vibe der späten Achtziger und frühen Neunziger. Die Kids wollen ein Sprachrohr für ihre Wut und Frustration, mit dem die stets nette Band, die schon früh ihre Punk-Wurzeln für mitreißende Indie-Melodien öffnet nicht wirklich dienen kann.

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Gegründet wurde die Band 1989 in Chapel Hill, einer Universitätsstadt im US-Bundesstaat North Carolina. Der ursprüngliche Name lautet noch Chunk, benannt nach dem Drummer Chuck Garisson, dessen Name so fälschlicherweise im Telefonbuch steht. Erst spät kommt noch das Super dazu, weil es Rechtstreitigkeiten mit einer ähnlichen klingenden Formation gibt.

1990 veröffentlichen sie ihr Debüt "Superchunk" auf Matador Records. Mit "Slack Motherfucker" befindet sich darauf bereits der erste große Indie-Hit. Der Slacker fällt durch eher lakonischen Lebensstil auf und ist an Karriere oder Einsatz im Krieg nicht interessiert. Durch die Generation X und dem verbundenen Grunge-Hype bekommt dieser Typus auch in der Populärkultur einen Platz. Die Band kann derweil trotzdem nicht vom Interesse an Außenseitern profitieren, da sie ihren Sound nicht so düster wie Nirvana oder Alice In Chains gestalten. Ironischerweise ist der Song eher eine augenzwinkernde Verarsche eines faulen Band-Roadies, der sich um die Arbeit drückte.

Ein Jahr später kommt "No Pocky For Kitty", das möglichst nahe an den Live-Sound von Superchunk kommen soll. Als Produzenten steht Steve Albini bereit, der für einen möglichst instinktiven und unbearbeitenden Klang steht und kurze Zeit später das zweite Album von Nirvana produziert. Am Schlagzeug sitzt nun John Wurster, da Ur-Drummer Garrison die Band bereits vor dem Aufnahmen verlässt. Anstatt sich mehr am harten Punk/Metal-Sound aus Seattle zu orientieren, besticht "No Pocky For Kitty" durch poppige Catchiness. Albini, der großen Wert auf Indie-Ethos legt, sagt diese Entwicklung nicht zu und vergleicht ihn sogar mit den gefälligen Dad-Rockern von REO Speedwagon. Vielleicht ein Grund, warum sein Name letztendlich nicht in den Credits auftaucht.

"On The Mouth" geht den Weg zu mehr Songwriting weiter, auch wenn immer noch genügend Punk-Pop die Songs nach vorne treibt. Mit "Precision Auto" entwickeln sie einen weiteren Bandklassiker, den später Jimmy Eat World auf ihrem Album "Invented" covern.

Superchunk fassen nun den Entschluss, ihre Alben auf ihrem eigenen Label Merge Records zu veröffentlichen. Eigentlich eher aus der Not heraus geboren, und um ein paar Freunde aus der Szene zu unterstützen, wird die Plattenfirma die Heimat für wegweisende Indie-Bands wie Neutral Milk Hotel oder Arcade Fire. Deren "Funeral" und die nachfolgenden Alben knacken erstmals den Mainstream und erzielen hohe Charts-Positionen.

1994 setzt "Foolish" den Weg aus eingängigen Melodien und Lo-Fi-Ästhetik fort. Eine Entscheidung, die ihnen den großen Durchbruch verwehrt. Superchunk gehen ihnen trotzdem stur weiter und bleiben ihren Indie-Wurzeln treu. Im Studio von Steve Albini schreiben sie weiterhin kleine Teenager- und Liebesdramen. Damit es nicht zu süßlich klingt, übernimmt Produzent Brian Paulson den schroffen Sound des Vorgängers. Auf dem Cover sieht man Bassistin Laura Ballance, die auch die etwas krude Idee mit dem baumelnden Schwein im Hintergrund hat. Die Idee kam ihr, nachdem sie "Pets Or Meat" des kontroversen Dokumentarfilmers und späteren Oscarpreisträgers Michael Moore sieht.

Kurze Zeit später kommt es wieder zu einer unerwarteten Verbindung zur Filmindustrie. Die Macher des kruden Cyberpunk-Films "Johnny Mnemonic" fragen an, ob sie den Song "Shallow End", der auf der B-Seiten- & Raritätensammlung "Incidental Music" erscheint, verwenden dürfen. McCaughan reagiert überrascht, weil er ihn für ziemlich schlecht hält und Ähnlichkeiten zu den Pathos-Rockern von Pearl Jam sieht. Auch "Green Flowers, Blue Fish" soll auf dem Soundtrack landen, wird aber aus Kostengründen von Seiten der Filmfirma gestrichen.

Er landet dann auf dem Album "Here's Where The Strings Come In", das im Juni 1995 erscheint. Ein paar Jahre später geben sie "Hyper Enough" für das Videogame NCAA Football 06 frei. Zusammen mit Lagwagon und den Pixies fällt dieser Soundtrack durch einen Fokus auf Indie und Punkbands auf. Im Videoclip parodiert die Band ihre Streitigkeiten im Proberaum, inklusive Besuch bei einem Psychiater. Ein fast schon prophetische Idee, wenn man Metallica und ihre Doku "Some Kind Of Monster" denkt.

Das nächste Werk "Indoor Living" spaltet die Fans. Das Album klingt ruhiger, cleaner und das Tempo fällt gemäßigter aus. Auch die Kritiken sind gemischt und sehen erste Ermüdungserscheinungen bei der sonst so jugendlich wirkenden Band. Zudem bemängeln sie den stark nach vorne gemischten Gesang.

Superchunk - Wild Loneliness Aktuelles Album
Superchunk Wild Loneliness
Der endlose Indie-Pop-Sommer.

Superchunk reagieren darauf nicht mit einem Back-To-The Roots, sondern integrieren auf dem Nachfolger "Come Pick Me Up" auch noch Blasinstrumente. Mit Anfang 30 lassen es die Herren und die Bassistin ruhiger angehen und bringen mehr Komplexität ein. Feiner Indie-Pop übernimmt nun das Ruder.

Das für längere Zeit letzte Album "Here's To Suthhing Up" erwischt einen ungünstigen Release-Tag. Eine Woche nach den Anschlägen auf das World Trade Center im September 2001 mag keiner den fröhlichen Sound hören. Zu allem Überfluss gibt es im Track "Phone Sex" die Zeile "plane crash footage on TV. I know, I know that could be me". Auf der Tour zum Album lassen sie ihn gleich ganz weg. So langsam kommen auch neue junge Indie-Bands wie die Strokes und lassen Superchunk, die stoisch ihren Sound nur um Nuancen verfeinern, zunehmend altmodisch aussehen. Auch Emo-Bands, die Superchunk als Inspiration ansehen, bekommen nun die große Aufmerksamkeit, die der Gruppe aus Chapel Hill stets verwehrt blieb.

In den Nullerjahren ruht die Band bis auf ein paar Auftritte. HH legt seinen Focus endgültig auf sein Merge-Label, dass sie bereits als Teenager für ihren Selbstvertrieb gründet. Das Verhältnis zu den Künstlern beschreibt McHH als freundschaftlich und auf Vertrauen basierend. Die Musiker behalten zudem die Rechte an den Masterbänder.

Erst 2010 melden sich Superchunk mit ihrem neunten Album nach fast einem Jahrzehnt zurück. "Majesty Shredding" schließt vom Stil komplett an die Vorgänger an. In ihren Vierzigern weiß die Band mittlerweile genau, was sie kann und überzeugt als erwachsene Indie-Rock-Band. Überraschungen gibt es wenige, die Kritiken fallen aber weitaus freundlicher aus.

Der Tod des Bandfreundes David Doernberg (Produktionsdesigner für Filme wie Gummo und Junebug) hinterlässt Spuren auf "I Hate Music". Was bringt all diese schöne Musik in der Welt, wenn ein geliebter Mensch verstirbt und man sie nicht mehr gemeinsam teilen kann? Der sonst so unerschütterliche Optimismus verschwindet zwar nicht komplett, aber insgesamt dringt eine neue Nachdenklichkeit in den Sound ein.

Weniger nachdenklich, aber umso wütender kommen Superchunk 2018 auf "What A Time To Be Alive" zurück. Donald Trump regiert mittlerweile schon zwei Jahre und spaltet mit seiner menschenverachtenden Politik die Gesellschaft komplett. Der offen rassistische Politikstil des autokratischen Staatsoberhauptes kitzelt nun auch aus den sonst so netten Superchunk die Punk-Wut heraus. Im Gegensatz zu den ruhigen bis gefälligen Vorgängern werden die Songs wieder dynamischer und tönen so frisch wie seit den frühen Tagen nicht mehr.

Ein wahres Staraufgebot kann 2022 das elfte Studioalbum "Wild Loneliness" aufweisen. Teenage Fanclubs Norman Blake und Mike Mills Von R.E.M., Wye Oaks Andy Stack, Sharon Van Etten geben sich auf dem Album die Ehre. Nach Jahrzehnten im Business haben nun Superchunk selber Legenden-Status erreicht, ohne dass sie ihre Seele an den Mainstream verkauft haben.

Dennoch erklärt Drummer Jon Wurster Mitte Februar 2023 überraschend seinen Rückzug: Nach reiflicher Überlegung habe er beschlossen, nach 31 Jahren auszusteigen, er sei einfach nicht mehr mit ganzem Herzen bei der Sache.

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Surftipps

  • Homepage

    Die Landing Page der Indie-Band.

    http://superchunk.com/
  • Instagram

    Sympathische und verspulte Beiträge auf Insta.

    https://www.instagram.com/macsuperchunk/
  • Titel der Seite

    Mac McCaughan zwitschert.

    https://twitter.com/superchunk

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