15. November 2001
Bier trinken mit Mark E. Smith
Interview geführt von Joachim GaugerEine passende Location für die Fragen zu finden, war auch nicht einfach. Nach einer viertel Stunde, Smith schon leicht angenervt, fanden wir endlich das passende Etablissement. Zum Glück war seine liebe Frau Elli dabei, die das Ganze etwas lockerer gestaltete und hier und da auch mal als Dolmetscherin fungierte. Der Manchester Akzent hat es schon ziemlich in sich. Und das Nuscheln von Mr. Smith darf man auch nicht vergessen. Es folgt nun ein kurzes Interview mit dem Frontmann der britischen Kultband The Fall. Auf Journalisten steht er ja nicht so. Er spricht lieber frei aus der Seele heraus. Er ist schon irgendwie irre, aber sehr nett, auf seine Weise.
The Fall haben gestern ihre Deutschlandtour in Köln begonnen. Wie war das Konzert?
Sehr gut!
Demnächst gebt ihr auch einige Konzerte in New York. Im Moment reagieren die Leute da ja sehr hysterisch. Wie siehst du die amerikanische Gesellschaft nach dem 11. September? Wie wird es deiner Meinung nach sein, dort zu spielen?
Ja, natürlich ist die Situation anders. Aber die Flüge sind billiger! (Gelächter)
Du lebst immer noch in Manchester. Kannst du uns die aktuelle Musik-Szene dort schildern? Hörst du dir die aktuelle Charts-Musik an?
Ich hab jetzt keine Lust, die Scheiß Manchester Szene hier zu beurteilen. Sie interessiert mich einfach nicht. (Später erzählte er uns noch, dass vorwiegend Studenten die Szene beherrschen. Manchester hat angeblich die weltgrößte Universität. Im Klartext: Mark E. Smith mag einfach keine Studenten. Wie man auch aus seinem Song "Hey Student" heraus hören kann. Den Song findet man auf den Alben "15 Ways To Leave Your Man" und "A Past Gone Mad", Anm. der Redaktion)
Also, hast du keinen Kontakt zu anderen Bands?
Nein.
Gehst du denn nicht auf Konzerte?
Ich versuche generell Musiker in Manchester zu vermeiden. Ich gehe kaum auf andere Konzerte. Ich mag Reggae. Und Rockabilly.
Und gibt es da einen bestimmten Interpreten oder eine bestimmte Band?
Ich mag Jack Scott. Den hab' ich auch zuletzt live gesehen. (Jack Scott ist ein Rock 'n' Roll Star aus den 50ern, Anm. der Redaktion).
Auf deinem letzten Album "The Unutterable" gibt es den Song "Cyber Insekt", der ja die virtuelle Kommunikation beschreibt. Wie denkst du über das Internet? Interessierst du dich dafür?
Nein, ich habe Leute, die das für mich machen. Ich selber nutze das Internet nicht. Ich mache die Musik. Es gibt aber einige, die über The Fall schreiben. Manchmal nutze ich meine ganze Zeit, um es zu lesen. Es sind eine Menge Einträge, wirklich. Viele Leute schreiben dort, die mich getroffen haben. Das behaupten sie zumindest! It's all crap, you know!
Vor ein paar Jahren hast du eine sehr schöne Coverversion von "Rollin Danny" (ursprünglich von Gene Vincent) gemacht. Außerdem tauchen in deinen Texten immer wieder Namen von großen Rock'n'Rollern wie Link Wray und anderen auf. Kannst du dir vorstellen mal eine reine Rockabilly Platte zu machen?
Nein, das ist unmöglich!
Mit "The Post Nearly Man" hast du eine LP veröffentlicht auf der du das gesprochene Wort in den Mittelpunkt stellst. Ich habe gelesen, dass "Panda Pander Panzer" in die selbe Richtung gehen wird. Stimmt das?
Ja, ich versuche es.
Ich wundere mich, dass es noch keine Buchveröffentlichung davon gibt. Können wir demnächst ein Hardcover von Mark E. Smith erwarten?
Ich denke nicht. Ich möchte es nicht als Prosa veröffentlichen. Ich mag es, Dinge aufzuschreiben, die allerdings für ein ganzes Buch zu sonderbar wären.
Aber im weitesten Sinne sind diese CDs doch eine Art Hörbuch?
Ja, das stimmt!
Du hast als Gastinterpret auf Platten von "Inspiral Carpets", " Long Fin Killie" und anderen mitgespielt. Mit welchen Bands würdest du noch gerne zusammen arbeiten?
Ich wollte nicht wirklich mit diesen Bands zusammen spielen. Ich habe es für das Geld gemacht.
The Fall gibt es seit 1977 und sie kämpfen bis heute gegen Mainstream, Plattenlabel und Journalisten. Ist es in diesen Zeiten überhaupt noch möglich, seine künstlerischen Freiheiten zu bewahren?
Ich habe keine Probleme damit. Du musst damit aufhören, über solche Dinge nachzudenken. Erst dann fangen die Probleme an.
Es gibt eine deutsche Band namens Tocotronic. Vielleicht kennst du sie. Sie haben einen Song geschrieben "Ich hab' geträumt ich wäre Pizza essen mit Mark E. Smith"!
Nein, die kenne ich nicht. (dazu sagt seine Frau Elli: Doch klar. Die wollten eine Platte mit dir aufnehmen. Später meinte sie noch, dass Tocotronic einen Song von The Fall gecovert und diesen im Internet veröffentlicht haben. Darüber waren sie allerdings wenig begeistert!)
Wie denkst du darüber, dass du für viele Menschen ein Idol bist?
Das ist ziemlich schwer für mich. Ich gehe meine eigenen Wege. Ich mag es nicht wirklich, wenn Leute mich in diese Sparte drängen. Ich möchte mich nicht für alle verantwortlich fühlen. Es gibt eine Menge Scheiße da draußen. Wenn ich sterbe, muss ich womöglich noch dafür zahlen (Gelächter)!
O.K. Das wars. Vielen Dank!
Gut. Danke auch. Dann können wir ja jetzt noch einen trinken.
Das Interview führte Jasmin Lütz
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