laut.de-Biographie
The Police
The Police. Die Polizei. In den Siebzigern ist diese kleine, aber überaus feine Band ein ruhender Pol im Spannungsfeld zwischen dem Artrock-Gedudel psychedelischer Bands und dem rebellierenden Lärm der aufkommenden Punk-Bewegung. Die klassische Besetzung besteht aus dem Bandgründer Stewart Copeland, Bassist und Sänger Gordon Matthew Sumner aka Sting und dem Gitarristen Andy Summers.
Was erwartet man von einem privilegierten Bübchen wie Copeland (geboren am 16. Juli 1952), der sich in seiner Kindheit in Ägypten und Beirut herum treibt, da sein Vater dort für die CIA arbeitet? Wahrscheinlich alles, nur nicht, dass dieser eine Karriere als Profimusiker anstrebt. Nun, okay: Stewart ist trotz der geheimdienstlichen Tätigkeit seines Daddys Miles Copeland erblich vorbelastet. Ehe der nämlich seine Fähigkeiten in den Dienst der US-Regierung stellt, tutet er als Trompeter in Glenn Millers Orchester.
1964 setzt sich Sohnemann Copeland zum ersten Mal an ein Schlagzeug. Ein Jahr später spielt er seinen ersten Gig und verliert - Gerüchten zufolge - sofort seine Jungfräulichkeit. Nachdem Vater Copeland dem Unruheherd Beirut den Rücken kehrt, zieht es die Familie nach England, wo Stewart seinen Schulabschluss macht. Danach zieht es ihn nach Kalifornien, um an der renommierten Berkeley-Universität neben Musik noch Öffentliche Politik und Massenkommunikation zu studieren.
Mitte der Siebziger steigt Stewart zusammen mit seinem Bruder und späteren Police-Manager Miles Axe Copeland III in die Artrock-Formation Curved Air ein, in der auch Stewarts spätere Ehefrau Sonja Kristina am Mikro steht. Die Formation bricht Anfang 1977 auseinander. Beim letzten Konzert von Curved Air sieht Stewart die Band Last Exit, in der Sting spielt. Durch den Musikjournalisten Phil Sutcliffe lernen sich die beiden kennen. Copeland steckt ihm seine Nummer zu und so dauert es nicht lange, ehe die beiden mit dem Gitarristen Henry Padovani proben.
Stings biografischer Background ist allerdings das komplette Gegenteil Copelands. Am 2. Oktober 1951 kommt er in Newcastle zur Welt und wächst in einer Umgebung auf, die von wirtschaftlichem Niedergang und Arbeitslosigkeit geprägt ist. Der kleine Gordon ist in der Schule oft auffällig, hat aber musikalisches Talent. Im Alter von acht Jahren lernt er das Gitarre spielen, ehe er nach einer turbulenten Jugend und früher Adoleszenz den Beruf des Lehrers ergreift.
Als er 1977 nach seinem Engagement bei Last Exit kurzfristig bei Mike Howletts Band Strontium 90 mitmacht, bringt er kurzerhand Stewart mit, da der gewünschte Schlagzeuger Chris Cutler (The Residents, Pere Ubu) unabkömmlich ist. In dieser Formation steht Andy Summers (geb. 31. Dezember 1942) an der Gitarre. Dieser hat schon in diversen Combos Erfahrung gesammelt (u.a. bei Eric Burdons Animals, Joan Armatrading und bei Jon Lord).
Andy will sich denn auch unbedingt Stewart und Sting anschließen, da er deren Talent erkennt. Er macht seinen Einstieg aber davon abhängig, ob die beiden den arrivierten Klampfer Padovani vor die Türe setzen. Erst versuchen sie es als Quartett unter dem Namen The Elevators, der Bedauernswerte fliegt letzten Endes aber doch aus der Band, womit das endgültige Line Up komplett ist.
Der Stil ist stark vom Off-Beat geprägt. Neben The Clash sind Police somit die erste europäische Rockband, die Ska und Reggae in den Mainstream einführen. Neben den karibischen Einflüssen kommen im Police-Sound - besonders in der späteren Schaffensphase - auch noch Weltmusik und Jazz-Elemente zum Tragen.
Kurz nach dem Rauswurf Padovanis stehen die drei mit John Cale im Studio, doch die Chemie will nicht so recht stimmen, so dass aus dem anvisierten Debütalbum erst einmal nichts wird. Ihr Live-Debüt feiern sie zwar im August 1977, doch eine geplante Europatour endet damit, dass die Band nirgends auftritt. Stattdessen streift Sting im Rotlichtbezirk von Paris umher, wo ihm auch die Idee zum Song "Roxanne" kommt. Keine Frage, irgendwo muss jetzt Geld her. Diese finanzielle Knappheit führt zu Kuriositäten wie einem Werbespot für Wrigley's Kaugummi, in dem am Ende alle drei Polizisten mitspielen. Bedingung: Sie müssen ihre Haare blond färben, was schnell zu einem Markenzeichen in den frühen Bandtagen wird.
Ohne Moos also nix los. Stewart, der diesen Zustand aus seinen Kindheitstagen nicht gewohnt ist, überwindet sich irgendwann und bittet seinen Bruder um eine Finanzspritze. Dieser gewährt ihm ein Darlehen von 1.500 Britischen Pfund, mit dem sich die Band Studiozeit kauft, um ihre Eigenkompositionen auf Tape zu bannen. Bei einem Besuch im Studio hört er eine Rohfassung von "Roxanne", dreht auf dem Absatz um und kehrt mit einem Single-Deal bei A&M-Records wieder zurück. Die Platte erhält dann zwar recht gute Kritiken, kann aber sonst nicht viel reißen. Auch die zweite Police-Single "Can't Stand Losing You" floppt. Mit dem Vorschuss des Labels für das komplette Album "Outlandos D'Amour" können die drei jedoch immerhin ihre Schulden bezahlen.
Ähnlich den Singles liegt auch das Album mehr oder minder wie Blei in den Regalen. Trotzdem versuchen es The Police auch in den USA, wo sie im Oktober 1978 ankommen und eine 23 Dates umfassende Low Budget-Tour spielen. Zurück in UK machen sie sich wieder an die Arbeit für neue Songs, diesmal mit einem besseren Budget. Als das Songwriting für die zweite Platte "Regatta De Blanc" nicht so flutscht, wie es soll, unterbrechen sie ihren Studio-Aufenthalt für eine weitere US-Tour. Im April 1979 trifft das Trio in den Staaten fast der Schlag, als man bemerkt, dass alle Radiostationen "Roxanne" hoch und runter dudeln. Die Single steigt bis auf Platz 32, woraufhin die Nummer auch in Großbritannien wiederveröffentlicht wird.
Jetzt geht es Schlag auf Schlag. In England steigt der Song bis auf Platz 12, in dessen Sog wandert das Debüt "Outlandos D'Amour" bis auf Position sechs, in den Staaten immerhin auf 23. Kurze Zeit später finden sich The Police auf einer Headliner Welttour wieder. Das Ende der Tournee feiern sie vor 20.000 Zuschauern mit einer triumphalen Show beim Reading Festival. Das Publikum ist nicht nur von Stings Songwriting begeistert, sondern auch von den technischen Fähigkeiten der Musiker. Vor allem Stewart Copeland revolutioniert mit seinem filigranen Hi Hat-Spiel das Schlagzeugspielen an sich.
Schon im September erscheint der erste Vorbote des kommenden Albums. "Message In A Bottle" geht straight auf die Pole Position der Charts, gefolgt vom Album im Oktober. Stewards Bruder Miles schickt die Band daraufhin auf eine Welt-Tour, die die damals noch exotischen Länder Indien, Hong Kong und Ägypten in den Tourplan einschließt. Kaum zurück, schließen sie sich in den Wisseloord Studios im holländischen Hilversum ein und nehmen binnen vier Wochen ihren dritten Streich, "Zenyatta Mondatta", auf, der im Herbst 1980 erscheint. Kaum sind die Aufnahmegeräte aus, geht es sogleich auf die nächste Welttour.
Die Charts-Erfolge erreichen das Trio nur, wenn sie einmal einen Tag frei haben. So geht auch fast unter, dass das von Andy Summers geschriebene Instrumental "Behind My Camel" einen Grammy als bestes Rock-Instrumental einsackt. Das Ende der Mammutreise cancelt die Band, denn zu allem Überdruss gehen 1981 auch noch die Ehen von Sting und Andy in die Brüche. Dennoch fällt die Pause, die sich die Musiker gönnen, eher kurz aus. Schon im Juni 1981 fliegen sie wieder in die Karibik, um auf Montserrat das vierte Studioalbum in Angriff zu nehmen. Auf den Songs zu "Ghost In The Machine", das im Oktober 1981 erscheint, finden bislang nicht gehörte Instrumente in den Police-Sound Eingang. Saxophon und Keyboards machen sich breit, ohne die Trademarks der Band zu verwässern.
Zum ersten Mal sind nicht die drei Musiker auf dem Plattencover zu sehen, sondern LED-Zeichen, die aber die Köpfe darstellen sollen. Die Grundstimmung des Albums ist düsterer und melancholischer. Obwohl jedermann Gefallen an Klassikern wie "Every Little Thing She Does is Magic" findet, ist das Album im Spiegel der Zeit zwar grandios, aber umstritten. Andy Summers meint hierzu: "Mit den Bläsern und den Keyboards haben wir den rohen, dynamischen und kreativen Sound als Trio verloren. Am Ende waren wir nicht viel mehr als eine Begleitband für einen Sänger und seine Pop-Songs".
Sting mietet sich im Sommer 1982 im Golden Eye Estate auf Jamaica ein, das - der Name verrät es - vorher James Bond-Erfinder Ian Fleming gehörte. Unter dem Eindruck des Scheiterns seiner Ehe und weiterer Streitigkeiten - unter anderem mit Virgin - entstehen Songs, die deutlich von dieser Atmosphäre geprägt sind. Im Dezember nimmt die Band auf Montserrat "Synchronicity" in Angriff. Das Album, das im Juni 1983 erscheint, wirft mit "Every Breath You Take", "Synchronicity II", "Wrapped Around Your Finger" und "King Of Pain" gleich vier Hochkaräter als Singles ab, die auch entsprechend erfolgreich durch die Bestenlisten wildern. Der Off-Beat ist mittlerweile mehr oder weniger auf der Abraumhalde gelandet.
Dem Ruhm der Band tut das keinen Abbruch, im Gegenteil. Auf der Tournee zum Album spielen sie unter anderem im New Yorker Shea-Stadion vor 70.000 begeisterten Fans. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt kommt dem Trio der Gedanke, dass eine Steigerung dieser Dimensionen kaum mehr möglich ist. Sting hierzu: "Das war der Anfang vom Ende".
Alle Projekte, die für die Zukunft angedacht wurden, beispielsweise 1984 ein Live- und 1985 ein sechstes Studio-Album, entpuppen sich als Windeier. Am 11. Juni 1986 spielen The Police ihr letztes Konzert als existierende Band in Atlanta. Offiziell gab es zwar nie eine Auflösung, weshalb Gerüchte über eine Reunion Jahr für Jahr die Runde machen, aber das tangiert die Musiker selbst nicht so sehr. Alle drei bleiben nach dem Police-Split der Musik gewogen, widmen sich aber auch anderen Leidenschaften. Erst 1995 erscheint das lang ersehnte Live-Album, 2003 finden The Police Aufnahme in die Rock'n'Roll Hall Of Fame und spielen erstmals wieder in Originalbesetzung vor Publikum. Weitere Auftritte ergeben sich trotz beständigen Faninteresses und hoch dotierter Angebote nicht.
2006 erscheint mit "Everyone Stares: The Police Inside Out" eine DVD-Dokumentation über die Gruppe, die Stewart Copeland in liebevoller Kleinarbeit zusammen zimmert. Basierend auf selbst gefilmten Super 8-Streifen entstand so ein intimer Einblick ins Innenleben des Trios zu seiner Glanzzeit.
Was über Jahre hinweg niemand für möglich hielt, nimmt im Jahr 2007 relativ zügig Formen an. Zunächst verkündet die britische "Daily Mail", dass pünktlich zum 30-jährigen Bandjubiläum eine Police-Reunion geplant sei. Das Label A&M befinde sich bereits in Gesprächen mit der Band. Für Juni werde bereits eine besondere Jubiläums-Veröffentlichung vorbereitet. Im August jährt sich das Live-Debüt der Engländer zum 30. Mal. Ende Januar ist die Katze aus dem Sack: The Police spielen bei den Grammy Awards am 11. Februar und verkünden in diesem Zusammenhang eine Welttournee zum Jubiläum, die sie auch nach Europa führt. Während der Tournee erwähnt Summers sein Interesse daran, ein neues Album mit The Police aufzunehmen.
Geplagt vom Stress der langen Wege und vielen Konzerte erleidet Sting eine akute Kehlkopfentzündung, woraufhin mehrere Konzerte, unter anderem in Mannheim und Düsseldorf, ausfallen. Bald darauf werden Ersatztermine bekannt und das Trio kommt noch einmal nach Deutschland. Anschließend führt die Reise weiter nach Manchester, wo ebenfalls verpasste Gigs nachgeholt werden.
Am Ende schließt sich der Kreis. Im legendären CBGB-Club in New York starteten sie 30 Jahre zuvor ihre erste Amerikatournee, 2008 endet alles es in eben jener Stadt, wobei der Club inzwischen natürlich zu klein ist. Die letzte Reise von The Police gehört bereits der Vergangenheit an.
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