We Are Scientists - " Qualifying Miles"

"Qualifying Miles" ist das neunte Album von We Are Scientists. Hauptakteure Keith Murray (Gesang, Gitarre) und Chris Cain (Gesang, Bass) liefern seit ihrem erfolgreichen Debüt von 2005 With Love And Squalor immer mal wieder tanzbare Hits, und das klingt auch 2025 immer noch gut. Vielleicht ein bisschen mehr Melancholie in den Hüften, aber die Gitarren und Stimmen harmonieren, nostalgische Momente seien bitte gestattet. "Qualifiying Miles" schreit ja nicht nach: Können wir uns bitte wieder in die gute, alte Indie-Disko beamen, sondern durchforstet ohne Allüren und prominenten Pathos die Vergangenheit. Das gehört zum Älterwerden dazu. Ein bisschen Nostalgie, aber dabei die Gegenwart und Zukunft nicht aus den Augen verlieren.

"A Prelude To What" eröffnet die neue Platte gleich mit einer mehrstimmigen Gesangseinlage, die sich hymnisch ins Ohr legt. Keith Murrays Stimmfarbe ist sofort zu erkennen und der Sound bleibt catchy, wie auch auf dem nachfolgenden "Starry-Eyed" zu hören ist. Nach über 20 Jahren auf der tanzbaren 1990er Gitarrenrock-Schiene bleiben We Are Scientists stabil. Es geht auch ohne Skandale und öffentliche Auseinandersetzungen. In die großen Indierock-Schuhe gehören sie nach wie vor, auch wenn sie schon länger herausgewachsen sind und sich mehr die ruhigeren Momente gönnen.

Nach dem selbstproduzierten "Experiment" Lobes kehren We Are Scientists zurück zu ihren Wurzeln. Pünktlich zum 20jährigen Debüt-Jubiläum stehen Gitarre und Melodie wieder im Rampenlicht. Keith singt über Dramen, eigene Fehler und Empfindungen und das wird auch visuell im Video der Single "Please Don't Say It" handwerklich wertvoll dargestellt. Die typische Mischung von We Are Scientists: Selbstreflektierend und mit nicht zu ernster Miene durchs Leben gehen. So erlebt man die beiden Musiker auch bei ihren Live-Auftritten. Dazu kommen die tanzbaren Rhythmen und man schwelgt mit Keith und Chris im himmlischen 80s-Synthie-Vibe ("The Same Mistake").

Musikalisch passten die Amerikaner schon 2005 mit ihren Hits wie "The Great Escape" oder "Nobody Move, Nobody Get Hurt", in die Britpop-Alternative-Rock-Liga und konnten locker mit Bloc Party oder Suede mithalten. Bis heute klingt der wabernde Gitarrensound noch nach, auch wenn die Dynamik etwas verhaltener ist. Mit "Dead Letters" blättert Keith in alten Erinnerungen von Weggefährten, die man nicht mehr so ganz auf dem Schirm hatte: "It was wild to remember people who were part of my day-to-day life back then, people I haven't even thought about in years". Es lohnt sich also, immer mal wieder in vergessenen Ordnern und Schubladen zu stöbern. Würde man noch den Indie-Dancefloor beschallen, dann böten sich Songs wie "I Already Hate This" an, auch wenn das Saxofon hier irgendwann den Ton angibt.

Spätestens bei "What You Want Is Gone" ist es wieder da, dieses Gefühl für Hymnen und gemeinsame Konzerterlebnisse. Dieses schmachten nach krachigen Gitarren und gängigen Pop-Melodien. Man liebäugelt mit der Band und vereint sich mit Stimme, Sound und Sympathie. Während künstliche Intelligenz sich immer mehr in den Musikproduktionen ausbreitet, verzichten We Are Scientists gerne darauf und setzen auf Live-Aufnahmen im Studio und Musikvideos im Style der MTV-Generation. Deshalb klingt "Qualifying Miles" nach dem guten alten Gitarren-Droog mit eingängigen Hooks und charakteristischem Gesang. Das ist nichts Neues, aber ist trotzdem keine langweilige Nostalgie, sondern erfreut mit Emotionen, gutem Songwriting und positiver Energie.