laut.de-Kritik

Vereint futuristische Sounds mit organischem Soul.

Review von

"Für einen guten Song braucht es einzig und allein den Bass, den Kick der Bassdrum und dann die Snare – der Rest sind Randbemerkungen", so der Dubstep-Soul-Maniac Alex Clare aus Großbritannien.

Spätestens mit Beginn der IE-9-Kampagne von Microsoft geben dem Insulaner abertausende Tanzwütige weltweit recht. Sein Song "Too Close", der dem Browser-Werbefeldzug als musikalische Untermalung dient, war der Startschuss für eine regelrechte Hysterie um den bärtigen Mann von der Insel.

Mit halbjähriger Verzögerung kommen nun auch hiesige Zappel-Fetischisten in den Genuss des ersten Gesamtwerkes von Alex Clare in Form seines Debütalbums "The Lateness Of The Hour", das in seiner Heimat bereits seit dem letzten Sommer für reichlich Aufsehen sorgt.

Alle Skeptiker, die vorschnell von einem One-Hit-Wonder sprachen, werden bereits nach den ersten beiden Songs "Up All Night" und "Treading Water" mundtot gemacht. Pulsierende Beats, Bässe jenseits des Standards, und eine Stimme, die Blues, Soul und Jazz zu einer rundum glücklichen Dreierbeziehung werden lässt, belegen bereits nach knapp sechs Minuten, dass der Begriff One-Hit-Wonder hier in etwa so gerechtfertigt ist, wie eine Trainerdiskussion um Jürgen Klopp.

Das düstere "Relaxe My Beloved" und die Hall- und Strobo-lastige Coversion des alten Prince-Klassikers "When Doves Cry" hinterlassen mindestens ebenso nachhaltig Spuren, wie der melodische Handclap-Vierminüter "Humming Bird" oder das knisternd blecherne "Tight Rope". Episch, druckvoll, aufwühlend und emotional: Clares Songs entführen hibbeligen Dubstep in ungewohnt wohlig warme Gefilde und zerren im Gegenzug ausdrucksstarken Soul auf die Tanzfläche.

Dass dieses Unterfangen nicht im Chaos mündet, liegt vor allem am signifikanten Organ des Londoners, das jedes noch so abgefahrene Effekt-Spiel des Produzenten-Duos Diplo und Switch mit Leben füllt. Fast schon erdrückend klingt die berührende Präsenz seiner Stimme auf Stücken wie "I Love You" oder "Sanctuary", wenn sich der instrumentale Background zurückhält und Clares Gesang mehr denn je im Vordergrund steht. Mit großen Melodien und ausgereiften Strukturen bestückt, präsentieren sich vor allem auf diesen beiden Songs Adam Clares Singer/Songwriter-Qualitäten, die jahrelang eher im Verborgenen blieben, ehe sich im letzten Jahr mit Hilfe eines Software-Riesen und zweier Zappel-Produzenten ohne Scheuklappen schlagartig alles änderte.

"The Lateness Of The Hour" vereint futuristische Sounds und Sphären mit organischem Soul. Das Album bildet auf beeindruckende Weise eine Brücke zwischen zwei Branchen, die sich normalerweise in verschiedene Richtungen bewegen. Chapeau.

Trackliste

  1. 1. Up All Night
  2. 2. Treading Water
  3. 3. Relax My Beloved
  4. 4. Too Close
  5. 5. When Doves Cry
  6. 6. Humming Bird
  7. 7. Hands Are Clever
  8. 8. Tight Rope
  9. 9. Whispering
  10. 10. I Love You
  11. 11. Sanctuary
  12. 12. I Won't Let You Down

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