laut.de-Biographie
Bantu
"Bantu" hat zahlreiche Bedeutungen. So benutzt der Sprachwissenschaftler "Bantu" als Sammelbegriff für über 400 Ethnien Süd- und Mittelafrikas, die weiße Bevölkerung Südafrikas verwendet "Bantu" als Bezeichnung für sämtliche Schwarzafrikaner. In vielen Bantu-Sprachen bedeutet "Bantu" schlicht "Mensch". Letzteres dürfte Adegoke Odukoya sowohl bei der Wahl seines Künstlernamens Adé Bantu als auch bei der Betitelung seiner Crew im Sinn gehabt haben: Brotherhood Alliance Navigating Towards Unity - kurz: Bantu.
Adé Bantu kommt in Lagos zur Welt. Seit den späten 70er Jahren dominiert Fuji die Musikszene Nigerias, eine Melange aus traditionellen Trommeln der afrikanischen Homelands, arabisch-islamischen Gesängen und typisch westlicher Instrumentalisierung. Die tiefe Verwurzelung in der Kultur und vor allem der Musik seines Heimatlandes bleibt bestehen, nachdem es Adé ins kalte Köln verschlägt: Er bedient sich aus der Yoruba-Tradition genauso wie aus R'n'B, Ragga und Hip Hop und bringt es so zu beachtlicher musikalischer Vielseitigkeit. Eins bleibt jedoch konstant: Adé Bantus Texte umfassen stets eine klare politische Aussage.
In Deutschland prägt er zunächst unter dem Pseudonym Duke T die noch junge Hip Hop-Szene: Sein Trio Weep Not Child (benannt nach dem ersten Roman eines ostafrikanischen Autors, der von einem Großverlag in englischer Sprache veröffentlicht wurde: "Weep Not Child" von Ngugi Wa Thiong'o) zählt neben Advanced Chemistry zu den Pionieren im hiesigen Polit-Rap-Geschehen. 1993 veröffentlichen Weep Not Child auf Buback die EP "From Rostock To Hoyerswerda"; der Titel allein lässt den korrekten Schluss zu, dass hier mehr dahinter steckt als Kinderfaschings-Party-Hip Hop. Der erste Longplayer folgt 1995 mit "Liberation Through Music & Lyrics". Daneben bringen Weep Not Child eine Reihe Remixe und Maxis heraus, darunter mit "Goal" einen Song zur Fußballweltmeisterschaft '98, der ihnen in diesem Zusammenhang einen Auftritt in Paris einträgt. 1999 gibt die Crew offiziell ihre Auflösung bekannt; alle drei Mitglieder bleiben musikalisch allerdings weiterhin solo aktiv.
Adé Bantu produziert 1997 "Coloured People", ein Hip Hop-Musical für Jugendliche. Daneben ruft er im selben Jahr sein nigerianisch-deutsches Musikerkollektiv Bantu ins Leben, um seine eigene Vision von Reggae und Afrofunk zu verwirklichen. Zu den Gründungsmitgliedern von Bantu zählen neben Adés Bruder Don Abi, der bereits bei Weep Not Child mit am Start war, Amaechinna und Patrice. Bantu feiern 2000 in Westafrika einen Überraschungserfolg. In Nigeria erreichen sie gleich zwei Top-Ten-Plazierungen.
Ende der 90er Jahre schwappt eine neue Welle rechtsradikaler Gewalt über Deutschland. Für Adé Bantu Grund genug, das Projekt Brothers Keepers zu initiieren. Er versammelt, angefangen mit Torch und D-Flame, eine hochkarätige Schar Hip Hop-, Reggae- und Soul-Künstler afrodeutscher Herkunft um sich, um ein deutliches Statement gegen Fremdenfeindlichkeit abzugeben: "Was wir reichen sind geballte Fäuste, keine Hände." Die Single "Adriano (Letzte Warnung)" aus dem Brothers-Keepers-Album "Lightkultur" (2001) schafft den Sprung in die Charts; die Erlöse aus Konzerten und Plattenverkäufen kommen den Opfern rechtsgerichteter Gewalt zugute.
Brothers Keepers engagieren sich auch abseits der Bühnen. 2002 veranstalten sie (ebenfalls auf Betreiben Adé Bantus) eine Informationstour durch Schulen in Ostdeutschland und Berlin. 2005 erscheint das Nachfolge-Album "Am I My Brothers Keeper".
Die Crew Bantu legt 2004 ihr selbstbetiteltes Debüt vor - falls man bei der musikalischen Vorgeschichte, auf die alle Beteiligten zurückblicken können, überhaupt von einem "Debüt" sprechen kann. Bereits ein Jahr später folgt "Fuji Satisfaction". Hierfür holen sich Bantu einen Star der nigerianischen Fuji-Szene ins Boot: Adewale Ayuba gilt als "Fuji Ambassador", dem es gelingt, den Vibe westafrikanischer Dancehalls über die Grenzen des Schwarzen Kontinents hinweg zu tragen.
Afrikanische Talking Drums verbinden sich mit afroamerikanischen Funk-Riffs und anderen westlichen Einschlägen. Das Ergebnis: Weltmusik im besten aller Sinne. Für Adé Bantu schließt sich der Kreis zu den Klängen seiner Kindertage. "A people without roots is a people without future." So besehen kann sich Adé Bantu noch eine Menge vornehmen.
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