laut.de-Biographie
Blind Melon
Gegen Ende der 1980er-Jahre befindet sich Los Angeles fest in der Hand des Hairmetal. Mötley Crüe und Konsorten bestimmten in Spandex-Hosen, wo es musikalisch lang geht.
Ungefähr zu dem Zeitpunkt kreuzt sich in der kalifornischen Metropole der Weg von Sänger Shannon Hoon, den Gitaristen Christopher Thorn und Rogers Stevens sowie Bassist Brad Smith und Schlagzeuger Glenn Graham. Der Bandname wechselt von Brown Cow, Mud Bird über Naked Pilgrims bis hin zu Head Train, eher sie sich für die Blind Melon entscheiden. Der Ausdruck geht auf einen Ausspruch von Brads Vater zurück, der in seinem Heimatstaat Mississippi so die Hippies in der Nachbarschaft bezeichnet.
Blind Melon nehmen das Demo "The Goodfoot Workshop" auf, mit dem sie 1991 einen Deal mit Capitol Records an Land ziehen. Obwohl sie bis dato nicht viel mehr als die vier Demosongs auf der Pfanne haben, gaukeln sie dem Major vor, aus einem reichen Fundus an Kompositionen schöpfen zu können.
Der Ansatz von Blind Melon hat mit dem Glamrock-Revival in LA kaum etwas zu tun. Erdiger geht es beim Quintett zur Sache. Die musikalischen Einflüsse der Band speisen sich eher aus der Mucke alter Heroen wie Led Zeppelin und Grateful Dead statt T.Rex, Slade und Sweet. Die Jungs wollen zurück zu den R'n'R-Wurzeln. Ohne Kajal, Plateau-Stiefel oder ähnlichem Firlefanz.
Mit dem langjährigen Neil Young-Produzenten David Briggs nehmen sie die EP "The Sippin' Time Sessions" auf. Der Release kommt jedoch nie zustande, das Projekt liegt auf Eis. Just zu dem Zeitpunkt kommt Sänger Shannon zu einem Gastauftritt bei diversen Songs des Guns N' Roses-Doppel-Release "Use Your Illusions". Unter anderem singt er auf "Don't Cry" und spielt auch im dazugehörigen Video mit. Der Kontakt zu Axl Rose und seinen Kumpanen kommt über Hoons Schwester zustande.
In der Folge nehmen Blind Melon ihr Debüt unter der Ägide des Pearl Jam-Produzenten Rick Parashar auf. Das selbstbetitelte Werk liegt nach dem Erscheinen im September 1992 wie Blei in den Regalen. Die deprimierenden Verkaufszahlen halten so lange an, bis die Biene auf den Plan tritt. Fast genau ein Jahr nach Erscheinen der Platte veröffentlicht Capitol die Single "No Rain" - von einem herzigen Video begleitet, in dem ein etwas fülligeres Mädchen in einem Bienenkostüm durch die Gegend hüpft. Jetzt geht es endlich kommerziell ab und "Blind Melon" erreicht in kürzester Zeit vier Mal Platin.
Supportslots für Lenny Kravitz und Neil Young schließen sich an, ehe sie 1994 eine eigene Headlinertour an den Start bringen. Derweil sahnen sie noch Grammy-Nominierungen ab - es läuft prächtig. Eigentlich. Doch gerade als sich die Band auf dem aufsteigenden Ast wähnt, gerät Shannon Hoon immer tiefer in den Drogensumpf.
Der Sänger geht auf Entzug, so dass Blind Melon 1994 noch einige famose Auftritte aufs Parkett legen können. Sie eröffenen dazu einige Shows der Rolling Stones und treten beim Woodstock-Revival an.
Mit Andy Wallace (Slayer, Sonic Youth, The Cult, Rage Against The Machine) geht es im Herbst erneut ins Studio, um den Nachfolger "Soup" einzuspielen.
Leider ist Hoon nicht wirklich clean. Später gibt er zu Protokoll, dass er sich in keinster Weise an die Aufnahmesessions erinnern kann. Im Frühjahr 1995 absolviert er einen weiteren Entzug. Der Albumrelease verschiebt sich immer wieder. Bevor das Werk das Licht der Welt erblickt, kommt Hoons Tochter Nico Blue zur Welt. Das weckt die Hoffnung, dass er die Kurve kriegt.
Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Das düster klingende Album floppt im Vergleich zum Vorgänger kolossal, so dass sich die Band gezwungen sieht, für die Promotion der Scheibe ordentlich in die Pedale zu treten. Hierfür ist Shannon jedoch körperlich und psychisch nicht in der Lage, möchte jedoch um alles in der Welt mitmachen. Es gelingt ihm dennoch, sein Umfeld zu überzeugen, dass er alles im Griff und einen eigenen Betreuer engagiert habe.
Nach sechs Wochen auf Tour wirft Hoon den Betreuer raus. Nur wenige Tage später, am 21. Oktober 1995, findet man seinen Leichnam im Tourbus. Shannon stirbt mit 28 Jahren an einer Überdosis. Die restlichen Bandmitglieder ziehen sich zunächst zurück, veröffentlichen 1996 posthum Demoaufnahmen, auf denen der Sänger noch zu hören ist: "Nico" - in Anspielung auf Shannons Tochter. Die daraus resultierenden Einnahmen spenden die Musiker einer Organisation, die sich um drogenabhängige Musiker kümmert.
Blind Melon wollen nach Hoons Tod unter anderem Namen und mit neuem Sänger weitermachen, können sich jedoch auf keinen Shouter einigen. Ein Anlauf mit Bassist Smith am Mikro scheitert ebenfalls. So legen die Beteiligten ihre Band schließlich zu den Akten.
Nach einigen Libhaber-Editions, DVDs und Best Ofs mit unveröffentlichtem Material überrascht 2006 die Nachricht, dass die Band mit neuem Sänger wieder an den Start gehen will. Tatsächlich kommt im Septmber 2009 mit "For My Friends" ein neues Album um die Ecke.
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