2. November 2021

"Kimbra schwebt irgendwo im Weltall"

Interview geführt von

Mit seinem Debütalbum "Now, Not Yet" lieferte das kalifornische Indie-Pop-Trio Half Alive 2019 eine der größten Überraschungen der Popwelt und verzauberte Kritiker*innen sowie Fans gleichermaßen.

Ambitioniertes Songwriting, detailverliebte Produktionen und liebevolles Storytelling sind nur eine kleine Auswahl an Merkmalen, mit denen Josh Taylor, J Tyler Johnson und Brett Kramer einem oftmals als uninspiriert abgestempelten Pop-Genre kontinuierlich neues Leben und eine Menge Persönlichkeit einhauchen. Seit Anfang diesen Jahres befindet sich die Band auf Kurs in Richtung ihres nächsten Albums und servierte bereits vier Singles, die einen Vorgeschmack auf eine neue Half Alive-Ära geben. Zugeschaltet aus dem sonnigen L.A., erzählen mir die Jungs von ihren neuen Songs, ihrer derzeitigen Tour mit Twenty One Pilots und ihrer Bewunderung für alle Formen der Kunst.

Hey Brett, hey J, schön euch kennenzulernen! Josh kommt etwas später dazu, deshalb erstmal an euch beide: Wie geht es euch so?

Brett: Hey!

J Tyler: Uns geht es gut, danke! In der letzten Zeit waren wir ganz schön beschäftigt, jetzt grade haben wir mal eine Woche Pause, bevor es dann gleich wieder mit dem zweiten Teil der Takeover Tour zusammen mit Twenty One Pilots weitergeht. Das war bis jetzt schon echt eine coole Erfahrung. Außerdem haben wir später noch ein Foto-Shooting und machen ein paar andere Sachen, für die wir bis jetzt keine Zeit hatten. Die Pause tut schon gut, um mal wieder ein bisschen durchzuatmen.

Hattet ihr schon ein bisschen Zeit, die Erlebnisse der letzten Wochen zu reflektieren? Vor allem wieder auf Tour zu sein nach so einer langen Zeit der Live-Abstinenz?

Brett: Ich denke es dauert auf jeden Fall noch etwas länger, das alles zu bewältigen. Vor allem, weil diese Tour mit Twenty One Pilots einfach gewaltig und riesig ist. Was wir im Moment allerdings verarbeiten, ist die Tatsache, dass das Touren nach diesem gefühlt ewigen Stillstand nicht langsam und gemächlich, sondern von null auf hundert mit voller Geschwindigkeit wieder losging. Das fühlt sich schon verrückt an. Da tun diese paar Tage Ruhe selbst nach dieser bisher kurzen Tour schon gut, aber jetzt freuen wir uns auf jeden Fall schon auf die restlichen Shows. Ich bin schon gespannt, wie wir uns danach fühlen.

Twenty One Pilots sind natürlich auch kein unbekannter und kleiner Name in der Musikwelt. Ihr hattet ja auch ein paar eigene Headline-Shows, bevor dann die Ankündigung kam, dass ihr mit auf die Takeover Tour gehen werdet. Wie kam das zustande?

J Tyler: Das war eigentlich eine ganz interessante Sache. Inspiration spielt dabei eine große Rolle. Twenty One Pilots haben uns schon früher inspiriert, vor allem in der Art und Weise, wie sie als Band angefangen haben und wie wir als Band angefangen haben. Ich hoffe das klingt jetzt gleich nicht alles zu spirituell und vage (lacht). Aber es fühlt sich an, als könnte man die Existenz von etwas heraufbeschwören, wenn man davon inspiriert wird, sich immer weiter in diese Richtung bewegt und es unbedingt erreichen will. Viele der frühen Half Alive-Sachen waren in gewisser Weise vom Ethos inspiriert, wie Tyler und Josh ihre Karriere begonnen haben. So hat es sich angefühlt, als würde sich ein Kreis schließen, nachdem das Angebot kam. Als würden sich fünf Jahre voller Inspiration plötzlich bezahlt machen und als wäre alles möglich. Und um das zu verarbeiten, auch um nochmal auf deine letzte Frage zurückzukommen, wird es bestimmt noch einige Zeit brauchen (lacht).

Ich kann dieses Gefühl aber in gewisser Weise ein bisschen nachvollziehen. Ich verfolge euch inzwischen auch schon fast seit den Anfängen der Band, deshalb schließt sich für mich mit diesem Interview nach etlichen Jahren auch ein Kreis (lacht).

J Tyler: Oh man das ist cool! Wir fühlen uns geehrt, dass du von Anfang an dabei bist.

Das ist schließlich euer Verdienst. Aber jetzt lasst uns mal über eure neue Musik reden. Mit jeder eurer bisherigen vier Singles habt ihr auch gleichzeitig eine neue Ära, beispielsweise die "Sommer-Ära" oder die "Tuxedo-Ära", ins Leben gerufen. Da würde mich zunächst einmal von euch interessieren, ob das alles eine Art Witz ist oder ob da auch mehr dahintersteckt?

Brett: Wir waren schon immer fasziniert von dem Gedanken, wie umfangreich wir das Umfeld eines Songs gestalten und mit wie viel Bedeutung wir einen einzigen Song aufladen können. Wir wollten wissen, wie es sich anfühlt, für jeden Song mit verschiedenen Aspekten wie einem Musikvideo, dem Farb-Schema, den Bildern und vielen anderen Nuancen eine eigene Welt zu kreieren. Gerade in der Lockdown-Zeit war das eine schöne Beschäftigung, und so konnten wir auch einen Rhythmus schaffen, in dem wir unsere Songs veröffentlichen wollen. Das geht wiederum Hand in Hand damit, diese Songs genau nach unserer Vorstellung in den Half Alive-Kosmos einzufügen. Das hat bis jetzt wirklich Spaß gemacht.

Es hatte auch immer einen Hauch Unberechenbarkeit.

J Tyler: Yeah (lacht).

Jedes Mal, wenn ich nach einem neuen Song und einer neuen Ära das Gefühl hatte, dass ich ein Schema entdecken würde und mir ungefähr vorstellen könnte, was vielleicht als nächstes kommt, war es immer etwas total anderes. Unberechenbarkeit war deshalb immer wieder ein Gedanke, der mir dabei in den Sinn kam.

J Tyler: Das ist großartig! Das geht auch ein bisschen auf das zurück, was Brett gerade schon angerissen hat ...

Josh tritt dem Meeting bei.

J Tyler: Hey Josh!

Hey Josh!

Josh: (winkt).

J Tyler: Jetzt sind wir endlich komplett. Aber um auf die Frage zurückzukommen, das letzte Jahr hat uns durch die Umstände in der Welt viel Freiraum gegeben, um unseren bisherigen Weg zu reflektieren. Die neuen Songs entstanden nicht per se aus einer anderen Sicht auf die Dinge als es noch auf "Now, Not Yet" der Fall war, aber wir versuchen definitiv, uns ungeschützter und verletzlicher zu zeigen als zuvor. Es geht dabei auch um den Schritt, tiefe Gefühle und Dinge zu verpacken, mit deren Aufarbeitung wir uns zuvor noch unwohl gefühlt haben. Jede dieser Ären ist eine Art deplatzierte Verwirrung rund um die eigenen Gefühle, die mit dem jeweiligen Song aufgearbeitet werden soll. Somit sind es viele spontane und momentäre Gedanken, die wir weiterverfolgt und zu einer kohärenten Narrative zusammengesetzt haben, was hoffentlich nach und nach mehr Sinn ergibt, je mehr Songs es zu hören gibt.

Also ist es zumindest derzeit, ohne den größeren Zusammenhang, noch mehr eine Art Flow an Gefühlen, der vor sich hintreibt?

J Tyler: Ja so kann man das sagen. Es ist derzeit eine Art Flow, der sich nach Veröffentlichung des gesamten Projekts rückblickend fügen wird und den vielleicht sporadisch wirkenden Singles eine übergreifende Bedeutung einhaucht.

Hat jeder von euch auch eine Lieblingsära von den vier, die ihr bis jetzt eingeführt habt? Vielleicht auch in Kombination mit dem Song, der dazugehört?

J Tyler: Josh, magst du anfangen?

Josh: Ich habe mir gerade einen Glassplitter aus dem Fuß gezogen, auf den ich getreten bin und das war ein bisschen blutig, aber jetzt bin ich dann auch mal hier (lacht). Aber okay, zu deiner Frage (überlegt). Die "TIME2"-Ära war ziemlich wack (lacht). Aber mir gefällt die Ära, in der wir mit "Make Of It" gerade sind. Das hat auch etwas mit unserem derzeitigen Kleidungsstil und dem Style der Tour zu tun. Ich weiß zwar nicht, ob ihr darüber schon geredet habt, aber auf unseren vorherigen Touren haben wir uns auf High Fashion und Street Wear fokussiert. Diesmal machen wir nur Dinge, mit denen wir uns wohlfühlen. Gerade jetzt, wo wir unsere bisher größten Shows spielen, versuchen wir, genau das Gegenteil des Rockstar-Ansatzes umzusetzen. Wir lassen die Kunst für sich selbst sprechen.

"Wir sammeln immer mehr Erfahrung und die visuelle Präsentation unserer Auftritte wächst kontinuierlich mit."

Hat euch in diesem Zusammenhang auch schon negatives Feedback erreicht, beispielsweise dass Leute meinten "Die wissen ja gar nicht, was sie wollen, erst machen sie das, dann das und jetzt wieder das" oder nimmt das jeder hin, wie es ist?

Brett: Also in den Kommentaren findet man von allem etwas (lacht). Aber immerhin macht es uns Spaß. Ich habe vor kurzem erst gelesen, dass jemand geschrieben hat "Okay Leute, sieht so aus, als würden wir die Tuxedo-Ära verlassen", obwohl das schon vor Monaten passiert ist und wir seitdem drei neue Songs veröffentlicht und drei neue Ären eingeführt haben (lacht). Also es scheint so, als würde es nicht immer verstanden werden, aber uns macht es trotzdem Spaß.

Jetzt spanne ich den Bogen mal von Fashion hin zu einer anderen Kunstform, dem Tanzen, das ebenfalls einen enormen Bestandteil eurer Band ausmacht. Vor fast zwei Jahren war ich in Wien auf einem eurer Konzerte, wo vielleicht 300 Leute anwesend waren und die Bühne keinen Vergleich zu den großen Arena-Bühnen darstellte, auf denen ihr heute spielt. Dennoch habt ihr in Bezug auf Choreografien das meiste aus dem kleinen Raum herausgeholt. Jetzt, wo alles aber größer ist und ihr viel mehr physischen Freiraum genießt, wie wirkt sich das auf die Arbeit an euren Choreografien aus?

Josh: Also der Gedanke an die Größe der Bühne und des Raumes nimmt definitiv eine wichtige Rolle ein. Jordan und Aidan von JA Collective sind unsere Choreographen und besten Freunde, mit denen wir immer eng zusammenarbeiten. Gerade bei der Takeover Tour ist der Tanzaspekt besonders interessant und fordernd, da wir jede Woche mit einer kleinen Show anfangen und Tag für Tag größere Shows spielen, bis wir am Ende jeder Woche in einer riesigen Arena spielen. So müssen wir uns etwas für eine kleine, eine mittlere sowie eine große Bühne überlegen und das Ganze im Laufe der Woche immer weiter expandieren.

Viele Sachen müssen also auf kleinen Bühnen machbar sein. Auf den größeren Bühnen können wir die Choreografie dann auseinanderziehen. Somit ist sie zwar im Prinzip gleich, nur das Timing verändert sich grundlegend. Aus Gehen wird oftmals Laufen, was natürlich dazu führen kann, dass man manchmal auch mehr außer Atem ist. Deshalb sind die Anteile von Jordan und Aidans Solo-Momenten und Improvisationen bei den Arena-Shows auch größer. So fokussieren sie sich bei den kleineren Gigs mehr auf körperbetonten Tanz, während auf den großen Bühnen dann wiederum auch einige Flips dazukommen.

War es schwer, sich an diese neue Situation anzupassen, während ihr gleichzeitig noch an neuer Musik arbeitet, die weiteren Bestandteile der Shows vorbereiten müsst und auch noch ein privates Leben habt?

Josh: Ja, es war und ist extrem hart. Einerseits, weil sich die Bühnen täglich verändern, aber andererseits auch, weil wir generell noch nie in derartigen Größenordnungen unterwegs waren. Neben der Arbeit hoffen wir oftmals auch einfach das Beste und bis jetzt hatten wir zumindest auch noch kein Pech. Wir können aber auch unserem ganzen Team vertrauen, die haben es alle wirklich drauf. Jeder Bestandteil einer Show ist mit allen anderen Bestandteilen vernetzt.

Genauso wie das Tanzen sind für euch auch Musikvideos eine Form der Kunst, um Musik zu unterstützen und auf neuen Wegen auszudrücken. Bei eurer Musik habe ich allerdings meistens schon ein sehr konkretes Bild oder eine genaue Szenerie vor Augen, selbst wenn ich noch kein Video dazu gesehen habe. Das passiert mir nur bei Musik, die nach meinem Empfinden sehr viel Persönlichkeit, Charakter und Gedanken in sich trägt und somit auch ohne Bild für sich selbst sprechen kann. Wie schafft ihr es, diesen Effekt zu erzeugen?

Josh: (überlegt) Oftmals folgen wir dabei in gewisser Weise der "Three Bucket Theory" und wenden diese auf unseren Umstand an. Dementsprechend gibt es grob drei Arten von Zuhörer*innen. In die erste Kategorie fallen eher passive Hörer*innen, die einen Song im Radio hören und ihn erkennen oder ihn bei einem Festival aufschnappen, aber weder den Namen der Band kennen noch den Song zuordnen können und das Ganze im Anschluss auch nicht weiter ergründen. Als nächstes kommen die Personen, die ein ganzes Album von vorne bis hinten hören und vielleicht sogar bewusst ein Ticket zu einer Show kaufen. Als letztes wären da noch diejenigen, deren Lieblingssongs oftmals gerade nicht die Singles sind und die jede Hintergrundgeschichte bis ins kleinste Detail kennen, sich am Merchandise erfreuen und immer wieder Konzerte besuchen. Man könnte also gewissermaßen sagen die wahren Fans.

Wenn wir also einen Song schreiben, ein Video drehen oder ähnliches, ist es unser großes Ziel, dass die Kunst alle drei Gruppen anspricht. Nehmen wir doch mal "Summerland". Oberflächlich ist "Summerland" einfach ein Sommer-Song, der groovy und spaßig ist, viele gute Vibes versprüht und den man ohne nachzudenken genießen kann. Allerdings ist dieser Song gleichzeitig auch der wahrscheinlich tiefgründigste Song, den wir jemals geschrieben haben. Wenn man also die Ambition hat, den Song weiter und vor allem tiefer zu ergründen, dann wir dies auch gelingen, da es abseits der Oberfläche noch viel mehr zu finden gibt. Das gleiche gilt auch für das Musikvideo.

Brett: "Summerland" hat dahingehend vor allem auch im Vergleich mit anderen Songs, die wir bisher geschrieben haben, einen etwas anderen Fingerabdruck. Wir haben viel darüber diskutiert, was Sommersongs für uns bedeuten und was wir dabei empfinden. Deshalb wussten wir, dass wir nicht einfach nur einen Sommersong schreiben wollten. Uns war von Anfang an klar, dass sich die Geschichte in die Narrative der Half Alive-Welt einfügen wird. Dementsprechend hatten wir von Anfang an auch eine grobe Vision, wie das Video und die Bildersymbolik auszusehen haben.

Wenn bei euch wie in diesem Fall schon während der Arbeit am Track selbst eine Vision für das Musikvideo und alles außenrum entsteht, macht ihr euch in der Phase des Songwritings und der Produktion dann auch schon Gedanken, wie sich der Songs auditiv und visuell auf die Bühne übertragen lässt? Oder passiert das erst später, nachdem die Arbeit an der Musik, dem Video und der Geschichte abgeschlossen ist?

J Tyler: Meistens ist es tatsächlich eher Letzteres. Aber das gibt es auch Ausnahmen, zum Beispiel als wir unseren Song "Breakfast" geschrieben haben. Da dieser Track hauptsächlich von Tänzen inspiriert wurde, wussten wir während der Entstehung schon, was wir damit auf der Bühne machen wollen. Viele unserer Songs sind allerdings fast unmöglich live zu spielen, deshalb fragen wir uns sehr oft, wie wir das bei diesem oder jenem Song überhaupt schaffen wollen (lacht). Josh singt und tanzt die meiste Zeit, deswegen bleiben dann nur Brett und ich übrig, was die Instrumentalisierung angeht. Und da fragen wir uns oft, wie wir das am besten umsetzen, damit es trotz der kleinen Gruppe natürlich so live wie möglich wirkt und ist. Es ist wie ein Puzzle, nachdem wir die Songs fertiggestellt haben. Meistens machen wir uns allerdings keine Gedanken darüber, bis wir wirklich müssen (lacht). Und dann läuft es so gut wie immer darauf hinaus, dass wir das machen, was sich am besten anfühlt und das wird wiederum immer weiterentwickelt.

"Tip Toes" ist einer dieser Songs, der sich live sehr verändert hat. Wir haben ihn auf unserer ersten Tour gespielt und dann länger nicht mehr. Für diese Tour haben wir ihn wieder in unsere Setlist aufgenommen, allerdings mit einer völlig anderen visuellen Darbietung und Performance als noch vor ein paar Jahren. Wir sammeln immer mehr Erfahrung und die visuelle Präsentation unserer Auftritte wächst kontinuierlich mit. Wir wollen, dass sich die Show immer anders anfühlt und Leute, die auf verschiedenen Tourneen dabei sind, auch immer neues entdecken können. Wenn wir uns über all das schon Gedanken machen würden, während wir die Songs schreiben, könnten wir wahrscheinlich nicht das schreiben, was wir wollen.

"Wenn Kimbra nicht von dieser Welt ist, dann sind Ojivolta interdimensional."

Veränderung war auch schon ein gutes Stichwort, da sich mit den neuen Singles auch euer Sound im Gegensatz zu "Now, Not Yet" verändert hat. Ich finde es gar nicht so leicht zu beschreiben, aber die Sounds und Instrumente klingen etwas dreckiger, analoger und weniger voneinander differenziert. War das eine konkrete stilistische Änderung oder etwas, über das ihr zufällig gestolpert seid und danach weiterverfolgt habt?

Brett: Das lässt sich eigentlich auch wieder ganz gut auf den visuellen Aspekt und dessen kontinuierliche Veränderung übertragen. Genauso wachsen auch die Tracks, unsere Lyrics und die Produktion mit uns als Musiker mit. Meiner Meinung nach unterstützt der Sound die Themen der Songs sehr gut und wir haben für diesen Album-Zyklus zusätzlich noch großartige Kollaborationspartner wie Ojivolta gefunden. Zusammen haben wir uns das Ziel gesetzt, einen kohärenten Sound zu erschaffen. Aber um deine Frage zu beantworten, es ist mehr eine Mischung. Der neue Sound ist zum Teil definitiv mit Intention verbunden, aber genauso lassen wir uns auch immer wieder überraschen und binden neue Einflüsse und Sounds ein, die wir per Zufall entdecken. Man kann das ein bisschen mit einer Freundschaft vergleichen, die nach und nach wächst. Man kann immer mehr abschätzen, was man zu erwarten hat, aber manchmal kommt dann doch ein spontaner oder überraschender Moment, der einen begeistert, obwohl man nicht mal unbedingt damit gerechnet hat. Es ist etwas, das für uns mit sehr viel Leidenschaft verbunden ist.

Josh: Gut gesagt!

Anfang des Monats habt ihr via Instagram eine Telefonnummer für Fans der Band ins Leben gerufen, um mit ihnen direkter und persönlicher als über die sozialen Medien kommunizieren zu können. Wie ist diese Idee entstanden?

Josh: Das ist echt cool, dass du das Thema aufbringst! Die Telefonnummer war tatsächlich eine Idee unseres Managers (lacht). Während wir auf Tour waren, meinte er nur "Was haltet ihr davon, eine Telefonnummer für Fans einzurichten" und uns hat das sofort neugierig gemacht. Letztendlich basiert die Umsetzung der Idee auf dem Wunsch, mit unseren Fans auch abseits von Algorithmen kommunizieren zu können. Und im selben Atemzug war uns auch bewusst, dass E-Mail-Listen definitiv nicht am Nabel der Zeit und das Mittel zum Zweck sind. Aber die Telefonnummer wirkt wiederum wie ein guter Weg, um auf direktem Wege mit den Menschen zu sprechen. Wenn sie so weit gehen und uns ihre Telefonnummer anvertrauen, können sie uns im Umkehrschluss vertrauen, dass wir sie nicht zuspamen werden und sie es schätzen können. Es wird sich zu einer guten Sache entwickeln, aber wofür wir es letztendlich genau nutzen werden, wissen wir im Moment auch noch nicht so ganz (lacht).

J Tyler: Direkt als wir damit angefangen haben, hatten wir schon drei oder vier Ideen, in welche Richtung es sich entwickeln könnte. Es ist definitiv nicht etwas, was wir eingeführt haben und nie wieder anschauen werden. Wie bereits gesagt, was wir genau damit machen werden, wissen wir noch nicht. Aber es richtet sich vor allem an Kategorie drei der Fans, wie Josh es vorhin beschrieben hat. Also an die Hardcore-Fans, die die Half Alive-Welt bis ins kleinste Detail erforschen wollen. Wir bereiten uns vor, ihnen genau das zu geben, seien es Schnipsel oder Details aus Songs, Demosachen, exklusive Fotos und vieles mehr. Wir wollen sicherstellen, dass es zielgerichtet aufgebaut sein wird. Es ist noch ein Prozess, aber wir arbeiten daran.

Im Moment hat man allerdings nur innerhalb der USA Zugriff darauf, richtig?

J Tyler: Ja das stimmt, leider ist es im Moment auf die USA beschränkt. Uns wurde im Voraus gesagt, dass es nicht so sein wird und dann war es aber doch so. Die zuständigen Leute arbeiten allerdings daran, eine internationale Lösung zu finden. So lange müssen wir leider noch warten.

Josh: Wenn jemand also irgendwelche Ideen und Vorschläge hat, einfach eine E-Mail an … (lacht).

Gut, dass du nichts gesagt hast, sonst würde das Postfach wahrscheinlich explodieren (lacht).

Josh: Oh ja, wahrscheinlich (lacht).

Zum Schluss habe ich jetzt noch ein kleines Spiel vorbereitet, ich nenne es immer ganz gerne Quickfire-Runde.

Josh: Hm okay okay (schmunzelt).

Dabei geht es um Features und Kollaborationen aus der Vergangenheit und Gegenwart. Deshalb würde ich euch den Namen einer Person oder einer Gruppe geben, mit der ihr bereits zusammengearbeitet habt oder im Moment zusammenarbeitet und ihr könnt erzählen, was euch dazu als erstes in den Sinn kommt. Habt ihr da Lust drauf?

Josh: Auf jeden Fall, klingt interessant (lacht).

J Tyler: Ja, cool.

Dann fange ich mal mit Paul Meany von Mutemath an.

Josh: Uff (lacht).

Brett. Wow, okay.

Josh: Legendär. Oder vielleicht auch verrückter Wissenschaftler!

J Tyler: Verrückter Wissenschaftler gefällt mir echt gut (lacht).

Brett: Er weiß einfach immer ganz genau, was er tut, das ist wirklich krass.

Total zufälliger anderer Name: Kimbra.

Josh: J! J my Bay!

J Tyler: Es war ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist.

Josh: (lacht).

J Tyler: Ich glaube mehr kann ich dazu gar nicht sagen (lacht).

Josh: Sie hat für "Ice Cold" einfach diese krassen Vocal-Chop-Samples beigesteuert, obwohl wir sie gar nicht gebeten haben, sowas in die Richtung zu machen. Wobei, in gewisser Weise haben wir sie wahrscheinlich schon darum gebeten, weil wir wollten, dass sie sich in keinster Weise zurückhalten muss (lacht).

Allerdings habt ihr euch inzwischen immer noch nicht in Person getroffen, soweit ich weiß.

Josh: Wir haben uns tatsächlich bis heute immer noch nicht getroffen!

J Tyler: Wir haben es ein paar Mal versucht.

Brett: Kimbra schwebt einfach irgendwo im Weltall. Alles, was sie macht, ist nicht von dieser Welt. Wahrscheinlich kommen wir deshalb auch nicht zusammen (lacht). Aber es wäre so cool, sie mal in Person kennenzulernen.

Absolut. Und jetzt zum Schluss noch ein letzter Name, etwas Aktuelleres: Ojivolta.

Josh: Yin und Yang (lacht).

J Tyler: Yin und Yang ist echt eine gute Beschreibung für die beiden. Vielleicht auch Licht und Dunkelheit.

Josh: Stimmt, extrem helles Licht und tiefster Schatten (lacht).

Sind die beiden auch verrückte Wissenschaftler?

Josh: Auf jeden Fall!

J Tyler: Absolut! Wir mögen es einfach, mit Produzent*innen zusammenzuarbeiten, die wild und verrückt sind bei dem, was sie machen. Es fühlt sich an, als könnten diese Leute das aus uns rausholen, was wir auch selber bei uns suchen. Das ist immer wieder eine schöne Reise.

Josh: Wenn Kimbra nicht von dieser Welt ist, dann sind Ojivolta interdimensional (lacht).

Das nenne ich mal ein Statement! Und jetzt zum Schluss noch die offensichtliche und unausweichliche Frage, mit der ihr wahrscheinlich eh schon gerechnet habt: Was können wir in nächster Zeit noch von euch erwarten?

Josh: Ein paar neue Songs, ein paar neue Videos (lacht).

Brett: Wir werden die Welt, die wir nach und nach kreieren, immer weiter erforschen.

Josh: Es läuft auf etwas Großes hinaus (zwinkert).

J Tyler: Aufgrund deines Standortes bist du ja wahrscheinlich nicht in unserer Telefonnummerreichweite. Da haben wir auch bereits einen neuen Song geteasert, der nicht mehr lange auf sich warten lässt.

Das klingt doch schon mal nicht schlecht, ich bin gespannt. Danke euch für das großartige Gespräch und dass ihr euch die Zeit genommen habt!

Josh: Natürlich, gerne!

J Tyler: Danke dir, schön dich kennenzulernen!

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