20. April 2021

"Ohne die Freundschaft würde es uns nicht geben"

Interview geführt von

Hand aufs Herz: Wer von euch kann auf Anhieb sagen, wer der Fürst von Metternich ist? Wir fragen nach bei International Music.

Mir fiel natürlich erst mal nur die Sektmarke ein. Pedro von International Music führt im Interview aus, dass es sich bei dem Namen und gleichnamigen Song "Fürst von Metternich" vielleicht um ein kollektives Erlebnis handelt, das bei uns allen etwas auslöst. Große Vorfreude löst bei uns wiederum das Erscheinen des zweiten Albums "Ententraum" Ende der Woche aus. Bekommen wir vor lauter Sehnsucht nach Live-Konzerten schon Schnappatmung, hören wir erst mal entspannt in die neuen Lieder und Texte der Band aus Essen.

Peter und Joel waren zum Zeitpunkt des Gesprächs verreist und hatten leider keinen Internetzugang, waren aber im Herzen immer dabei. Wir sprachen über das Texten und die Leidenschaft zur Sprache, den Zusammenhalt im Proberaum und in der Freundschaft, die wunderbare Nordsee und die Begegnung mit dem Nachwuchspreis. Pedros Radiosendung "Bossa Brasil" sollte man nicht verpassen. Und natürlich geht es auch um die Rückkehr auf die Bühne. Wir können es kaum erwarten, die Rockoper "Wassermann" live zu erleben.

Hallo Pedro. Wo sind denn die anderen?

Joel macht Urlaub und ist im Haus seiner Großmutter und Peter fährt heute ins Haus seiner Großmutter. Beide Großmütter sind aber auch nicht da.

Ah, das klingt gut. Also nicht nach Malle.

Nee, um Gottes Willen. Und beide haben dort auch kein Internet.

Wie geht es den Großmüttern?

Der einen geht es ganz gut, die andere lebt gar nicht mehr. Aber wahrscheinlich geht es ihr am besten.

Stimmt, da bekommt sie den ganzen Irrsinn nicht mit. Wie geht es dir denn?

Ich versuche eigentlich, so wenig Nachrichten wie möglich zu lesen. Und sonst versuche ich damit produktiv umzugehen. Wir haben ja demnächst einen Release und das ist ganz schön aufregend. Da gibt es einiges zu planen und Arbeit mit dem Videoschnitt. Dann muss ich auch sagen, dass die Corona-Hilfspakete bei mir ganz gut ankommen.

Das ist auch mal gut zu hören. Danke, für diese Aussage. Oft hört man ja eher das Gegenteil.

Ich habe allerdings keine Kinder und relativ geringe Ausgaben. Das ging jetzt irgendwie ganz gut. Leider gibt es gerade nicht so viel Austausch, man sitzt nicht mehr zusammen am Tisch. Gerade auch mit den Leuten, die jetzt nicht so Fans von Zoom sind. Das ist schon ziemlich schade. Ich vermisse auch Maurice (Labelchef von Staatsakt). Es ist einfach ein anderer Austausch, aber das weißt du ja, das wissen wir alle seit einem Jahr.

Den persönlichen Kontakt vermisst man sehr. Aber kommen wir zu einem schöneren Thema. Euer neues Album "Ententraum" ist wieder ganz wunderbar und herzlichen Glückwunsch noch zum GEMA-Nachwuchspreis. Hatte ich noch nie von gehört. Diese Auszeichnung ehrt herausragende Textdichter und Komponisten. Dann habt ihr ihn mehr als verdient.

Vielen Dank.

Eure Texte, mal ganz platt gefragt, wie entstehen die eigentlich? Wie kommt man auf diese Ideen? Peter und du, ihr seid ja vorwiegend für die wunderbaren Worte verantwortlich.

Genau, für die Texte zumindest. Die Musik entsteht zu dritt. Die Texte entstehen auch meistens mit der Musik.

Habt ihr denn die Ideen schon vorher im Kopf, kommt im Proberaum zusammen und dann entsteht das Lied?

Am besten funktioniert es, wenn wir gar keine Ideen haben und einfach zusammen kommen. Uns daran erfreuen, uns zu sehen und Musik machen. Zusammen spielen. Rockmusik. Und dann spontan sich was entwickelt, zumindest der Anfang des Textes, die ersten Zeilen oder der Chorus sind dann da, wenn wir zusammen spielen. Und dann merken wir, da passiert was, da ist irgendwas. Eigentlich machen wir Musik aus Spaß und nicht unbedingt, um Alben zu schreiben. Beim zweiten Album ist es natürlich nicht mehr ganz so unschuldig. Da war es ja eher so, mal gucken, was passiert. Wir hatten diese Lieder, die uns gefallen haben und bekamen die Veröffentlichungschance.

Jetzt weiß man natürlich, dass alles auf ein Album hinausläuft und dann schafft man es auch nicht immer, sich davon so ganz frei zu machen. Schon bei der ersten guten Idee zu denken, oh, was könnte daraus werden. Am besten läuft es wenn wir freitags oder dienstags einfach zusammen kommen und Musik machen. Die guten Ideen spielen wir über einen längeren Zeitraum immer wieder an. Da hilft natürlich so eine Plattenaufnahme schon ganz gut, damit man mal fertig wird, ne.

Euer Debütalbum ist 2018 erschienen. Sind in diesen drei Jahren auch die neuen Songs entstanden oder vorwiegend zu Pandemie-Zeiten?

Das Album kommt wie geplant raus, da hat sich kaum was geändert, außer dass das Presswerk mit nur halber Belegschaft gearbeitet hat und die Daten entsprechend zwei bis drei Monate früher als gedacht da sein mussten. Die Musik war schon eingespielt und gemischt. "Spiel Bass" zum Beispiel, das haben wir schon bei unserem ersten Konzert 2016 gespielt. Das ist sogar noch ein bisschen älter. Aber die meisten Lieder sind ab 2018 entstanden.

Wo war denn euer erstes Konzert?

Im Alibi. Im Linken Zentrum in Essen.

Wieder dabei ist auch Olaf Opal. Der scheint jetzt auch euer Haus-und-Hof-Produzent zu sein.

Ja, irgendwie schon.

Aufgenommen habt ihr aber alle Stücke bei euch im Proberaum?

Olaf hat ein ganz besonderes Mischpult, an die 100 Kilo schwer. Das haben wir in den Proberaum gestellt. Das war total der Krampf, aber dann haben wir im Proberaum wie beim ersten Album die Basis aufgenommen: Schlagzeug, Gitarre, Bass. Für die Gesänge und alles andere sind wir dann an die Nordsee gefahren ins Studio von Sönke Torpus. Der hat da einen Hof, den er mit seiner Frau bewohnt und da gibt es dieses Studio. Das ist da bei Niebüll, wo die Fähre nach Sylt rüberfährt.

Wie schön. Ich liebe die Nordsee. Da kann man es sicherlich gut aushalten. Frische Luft, das Meer. Das war dann aber wahrscheinlich noch letztes Jahr?

P: Ja, das war toll. Sönke ist auch ein sehr netter Typ. Ich weiß gar nicht, wie er und Olaf sich eigentlich kennen gelernt haben.

"Wenn wir mal nicht so gut drauf sind, sind wir sehr rücksichtsvoll"

Nett ist ein gutes Stichwort. Bei eurer Musik, eurem Auftreten, wie ihr auf der Bühne steht und miteinander umgeht. Man spürt einen großen Zusammenhalt, der ja gerade in diesen Zeiten besonders wichtig ist. Herrscht bei euch immer nur wunderbare Harmonie oder kracht es auch mal hinter den Kulissen?

Eigentlich nicht. Das haben wir aber auch gelernt. Extrem-Situationen gibt es immer auf Tour. Wenn man eine Woche oder länger unterwegs ist und dann vielleicht auch mal zu tief ins Glas geschaut hat, dann liegen die Nerven blank (grinst). Aber trotzdem schaffen wir es gerade dadurch. Durch offene und ehrliche Kommunikation erkennen wir dann sehr schnell, wann jemand seine Ruhe braucht. Wenn wir also mal nicht so gut drauf sind, dann sind wir da sehr rücksichtsvoll und gehen liebevoll miteinander um. Das ist total wichtig, finde ich.

Ein Vorteil ist sicher auch, dass ihr euch schon so lange kennt.

Wir sind eben richtig befreundet. Ich will jetzt nicht diese Beste-Freunde-Band sein, aber wir mögen uns halt sehr gerne. Ohne die Freundschaft würde es diese Band auch nicht geben. Nur so kann man Lieder zusammen schreiben. Ich kann mir nicht vorstellen, Musik mit anonymen Musiker*Innen zu machen. Das meiste passiert ja oft im Ungesagten. Da muss man ein Fingerspitzengefühl füreinander haben. Es ist auch voll ok, keine Ahnung, wenn ich einen Basslauf spiele und den anderen beiden gefällt der nicht. Bei "Museum" hatten wir im Outro ursprünglich einen anderen Text, der dem Joel aber nicht gefallen hat. Und deshalb hört man jetzt nur noch Dadabadadabada.

Ah, dann hört man also auch mal auf den Schlagzeuger.

Der Joel bringt sich schon auch in die Texte mit ein.

Darauf einen "Fürst von Metternich", ein weiterer neuer Song auf dem Album. Da seid ihr also jetzt nicht an der Nordsee im Supermarkt durch die Regale gelaufen und habt diesen guten alten Sekt wieder entdeckt?

Ich weiß gar nicht mehr, wie es dazu kam. Obwohl, wenn ich jetzt über die Zeile "Wenn ich wüsste, was in dieser Kiste ist, küsste ich Dich, den Fürst von Metternich" nachdenke, die Rhythmik dieses Reimes funktioniert einfach sehr gut. Wenn man einmal Fürst von Metternich gesungen hat, dann kann man das nicht mehr ersetzen. Der Fürst von Metternich ist vielleicht so ein kollektives Erlebnis, das wir alle gemeinsam haben, dass uns der Name irgendwie was sagt und auch was bedeutet. Aber was, das checken wir alle gar nicht, aber irgendwie scheint es ja was in uns auszulösen. Auf diese Zeile wird am meisten reagiert.

Mir fiel zuerst nur der Sekt ein, den Mann musste ich dann googeln. Der war aber gar nicht so schlimm wie befürchtet. Also nicht so ein fieser Möp wie Napoleon oder so, aber diese Aussage ist ohne Gewähr.

Wir hätten das sicherlich recherchieren sollen, aber ich glaube dir mal.

Dazu kommen bestimmt noch weitere Fragen demnächst.

Wir haben auch schon geguckt, dass wir nicht mehr so viel mit Trinken und Alkohol bringen, weil wir uns da so ein bisschen überrepräsentiert gefühlt haben. Aber manchmal hat es ja auch etwas Romantisches mit einem verwässerten Trinkerauge auf Rockmusik zu gucken.

Ich würde euch jetzt aber nicht in die Alki-Rockmusik-Schublade stecken.

Ja, aber aufgrund der Zeile "dieser Ort ist eine Kneipe" wurde damals schon viel über den abgeschmackten Barhocker geschrieben.

Das stimmt wohl, aber das habe ich nie so interpretiert, dass ihr jetzt die Punkrocker seid, die sich jeden Abend zudröhnen.

Ganz im Gegenteil. Ich habe gestern sogar Yoga gemacht. (grinst)

Noch mal kurz zum Punk bzw. eine Band muss man ja immer in irgendeine Schublade stecken. Oft finde ich das unmöglich oder auch gar nicht nötig. Ihr bedient mehrere Genres und die Sprache steht sehr im Vordergrund. Allein die Idee, ein Album "Ententraum" zu nennen. Da muss man erst einmal drauf kommen. Gab es diese Liebe zu Wortkreationen oder zur Sprache schon immer?

Ich habe tatsächlich noch so ein Tagebuch. Als ich so acht Jahre alt war, habe ich da Gedichte und sowas reingeschrieben. In Teenie-Zeiten habe ich die Faszination für das Schreiben in deutscher Sprache verloren. Damals in unserer Indie-Schulband haben wir englische Texte geschrieben.

Wie hieß die Band?

Sag ich nicht.

Och bitte.

Nein! (lacht) Und falls du es irgendwie raus bekommst, dann musst du mir versprechen, dass du es nicht veröffentlichst.

War es ein englischer Name?

Zuerst ja, später nicht. Später haben wir angefangen, deutsche Texte zu schreiben. Peter und ich entwickelten ein Gefühl für die Sprache und hatten Spaß daran, mit Begriffen zu spielen und sich gegenseitig Wörter an den Kopf zu werfen. Sätze auseinander nehmen, neu zusammensetzen und wiederholen, bis man es nicht mehr hören kann. Das sind so Sachen, die wir interessant finden. Das bietet mehr Projektionsfläche als die pointierten Aussagen zu schreiben.

Ich finde, das funktioniert bei euren Texten sehr gut. Da kann man sich auch als Hörer austoben und frei interpretieren. Auf der anderen Seite gibt es dann einige, die nicht so viel damit anfangen können oder auch einfach länger brauchen.

Ja oder weil man die Bedeutung gerne auf der Oberfläche haben möchte. So wie "Atemlos durch die Nacht". Das möchte ich gar nicht verurteilen. Ich mag ja auch mal so ganz platte Popmusik. Das ist auch eine Kunst, finde ich. Robbie Williams ... hey, du bist doch auch Fan von ihm, oder?

Ja, die frühen Sachen. Auf seinen ersten Soloalben sind richtig gute Popstücke drauf.

Man muss Texte auch nicht unbedingt verstehen. Es reicht ja, wenn sich da eine Welt für einen aufmacht. Ich glaube, ich mag es am meisten, wenn man es sich selbst nicht erklären kann, warum man so angefasst ist, wenn man eine Zeile hört. Aber wir machen ja jetzt auch nicht nur abstrakte, konstruierte Texte. Wir haben durchaus oft auch mal eine Hook.

"Das Beste aus Queen und Abba"

Auf jeden Fall sind auf dem Album wieder Hits dabei. Und ich hoffe sehr, dass man die bald auch endlich live erleben kann.

Oh ja, das können wir auch kaum abwarten. Das wird allerdings auch eine Herausforderung. Wir haben diesmal schon die Vorteile der digitalen Aufnahme genutzt, also mit Overdubs und so.

Habt ihr Sorge, wie ihr das live hinbekommt? Ich glaube, ihr könnt euch da auch nur mit Akustikgitarre hinstellen und der Jubel wird groß. Auf Arte lief kürzlich ein Konzert von euch, da habt ihr vorwiegend alte Songs gespielt, aber man sah euch die Freude so sehr an. Das war richtig schön.

Da haben wir zwischendurch kurz "Wassermann" angespielt und sind noch sehr beschäftigt alles richtig zu machen. Wir können mit dem Material noch gar nicht so leichtfüßig umgehen wie sonst.

Gerade in "Wassermann" sind ja einige Elemente einer - darf man das noch sagen? - Rockoper enthalten.

Auf jeden Fall. Das Beste aus Queen und Abba.

Ich musste auch sofort an "Bohemian Rhapsody" denken. Der Song ist ja nach wie vor irre und den Film habe ich auch gerne gesehen.

Den muss ich mir auch noch anschauen.

Dann übt ihr wahrscheinlich ziemlich oft?

Auf jeden Fall. Wir sind Perfektionisten und spielen die Songs sehr oft. Live ist ja quasi die rohste Version. Live sind die Stücke so, wie in dem Moment, als wir in den Proberaum gekommen sind und sie geschrieben haben. So spielen wir sie dann später auch auf der Bühne. Im Recordingprozess passiert es selten, dass sich das Live-Konzept komplett umstellt. Mittlerweile haben wir auch unseren festen Tonmann, Ludwig, mit dem wir die Stücke dann auch erarbeiten. Der kommt dann in den Proberaum und hört sich die Lieder an und wir überlegen, was er dann noch durch Effekte auf dem Gesang oder auf den Instrumenten reißen kann. Vielleicht nimmt er dann auch ein Keyboard mit auf die nächste Tour und spielt den ein oder anderen Song mit. Wichtig ist, dass alles live ist, also, dass es kein Backingtrack oder so gibt.

Das hört sich nach viel Arbeit an. Wann soll die Tour jetzt stattfinden?

Ist noch nichts angekündigt. Ich habe aber die Hoffnung, dass zum Ende des Jahres der Live-Betrieb wieder funktioniert. Es gibt viele Bands, die ihre Konzerte in den Juli geschoben haben, aber das wird wohl eher schwierig werden. Wir haben sehr viele Konzerte gespielt, bis zu dem Punkt hin, wo es auch anstrengend wurde. Aber jetzt ist es so, ich glaube, ich habe noch nie so Lust auf Konzerte spielen gehabt. Ich kann es kaum erwarten. Das wird wahrscheinlich ein überwältigendes Gefühl.

Wahrscheinlich heulen alle nur und hängen sich in den Armen. Natürlich guckt man auch mal Streams, aber das ist auf die Dauer kein Ersatz und da muss ich auch oft heulen, weil ich so gerne vor der Bühne stehen würde. Live-Konzerte vermisse ich schon sehr - überhaupt Kultur. Auf dem neuen Album gibt es ja das Stück "Museum". Gehst du da schon mal gerne hin?

Ich mag Museen. Wir haben hier in Essen das Folkwang Museum. Das hat freien Eintritt in der ständigen Sammlung. Ich gehe da gerne hin. Durch die Freundschaft mit Joel habe ich einen neuen Bezug zur Bildenden Kunst und Ausstellungen bekommen. Man muss da mit jemandem hingehen, der was damit anfangen kann und dann merkt man auch, dass das ganz spannend ist, wenn dir jemand etwas dazu erzählt.

Du hast jetzt auch eine Radiosendung mit südamerikanischer Musik. "Bossa Brasil". Erzähl mal, wie es dazu kam.

Ich höre gerne Radio und wollte schon immer eine Sendung machen. Das Thema hat mich auch schon lange interessiert und Byte FM hatte einen freien Slot und so hat sich das dann ergeben.

Da spielst du dann Songs von Bands wie Rita Lee oder auch Os Barbapapas. Ich kenne mich in diesem Bereich gar nicht aus und es ist toll da neue Künstler zu entdecken.

Os Barbapapas kommt ja jetzt auch auf Maurices Label Fun In The Church raus.

Ah, stimmt, das hatte ich auch schon gehört und dann kam die Empfehlung von dir.

Über mich ist der Kontakt gelaufen. Ich habe die irgendwann mal angeschrieben, weil ich eine Sendung über Psychedelic gemacht habe. Daraufhin haben die mir ein Stück geschickt und das fand ich super. Dann habe ich das auch mal an Maurice weitergeleitet und das hat dann auch gepasst. Das ist so ein instrumentales Psychedelic-Quartett aus São Paulo. Total nette Leute. Ich habe auch deren Band-Info geschrieben.

Dann entdeckst du durch deine Radiosendung auch noch ganz viele Bands, die du vorher gar nicht kanntest?

Ich nehme mir ein Thema vor und informiere mich darüber. Die Sendung hat durchaus ihren Selbstzweck, weil ich die Musiklandschaft in Brasilien sehr interessant finde. Ich habe die aber nie so nerdig erkundet, wie jetzt für diese Radiosendung. Das ist dann schon ganz cool, wenn mein Papa sagt: "Toll, das habe ich schon ewig nicht mehr gehört. Das ist aus meiner Jungend und hatte ich schon total vergessen. Wie kommst du denn darauf?" Mit meinen Großeltern bin ich dadurch auch ganz viel in Kontakt und das ist einfach super schön.

Deine Großeltern leben noch in Brasilien?

Genau. Mein Papa ist damals nach Deutschland ausgewandert.

Bist du schon häufiger dort gewesen und besuchst die Verwandtschaft?

Ja, so oft es geht. Zumindest einmal im Jahr.

Wie geht es denen im Moment da?

Meine Großeltern wurden gerade geimpft. Denen geht es entsprechend gut. Die wohnen in São Paulo und dort gibt es eine ziemlich gute Infrastruktur. Da gibt es auch ein sehr renommiertes Impfinstitut, das Butantan. Das Robert Koch-Institut von Südamerika, sozusagen. Da wurden schon einige geimpft. Das geht voran. Allerdings ist es im Moment sonst eher schwierig Brasilianer*innen zu fragen, wie es ihnen geht. Mit Bolsonaro (Staatspräsident) ist es einfach nur der absolute Horror. Das kann man sich gar nicht vorstellen, was da auf Bundesebene in der Politik passiert. Das ist ganz schlimm. Auf der anderen Seite hilft es mir hier in der Pandemie einen kühlen Kopf zu bewahren, weil ich sehe, wie schlimm es in Brasilien ist und ich einfach nur dankbar bin, in einem Land wie Deutschland zu leben.

Man verfolgt das ja eher nur nebenbei hier in den deutschen Medien, aber das reicht schon, um richtig an die Decke zu gehen, wenn es hierzulande heißt, dass wir in einer Diktatur leben oder diktaturähnliche Strukturen haben.

Ich muss jetzt nicht die Deutschlandflagge raus hängen, aber wir sind als Gesellschaft schon ganz schön privilegiert.

Ich kann das nachvollziehen. Man darf motzen, aber nicht vergessen, wie gut es einem dann doch auch hier geht, wenn man mal ein bisschen in die anderen Länder schaut.

Es ist ja für alle die erste Pandemie. Ich glaube, andere werden von dem Wissen, was jetzt angesammelt wird, deutlich profitieren. Muss man auch geduldig mit seinen Mitmenschen sein. So anstrengend das auch ist.

Das ist gut gesagt. Jetzt fällt mir abschließend noch etwas zu euren Texten ein. Findet ihr das eigentlich ok, wenn man sagt oder schreibt, eure Texte sind humorvoll? Ich habe das sicherlich auch schon geschrieben, aber mir fällt da auch nichts besseres ein. Ganz am Anfang musste ich oft an Helge Schneider denken. Guter Musiker und sehr lustig dabei. Er selbst hat sich mal als Quatschmacher bezeichnet, aber das finde ich bei euch jetzt nicht so passend.

Nee, Helge ist Helge. Aber humorvoll sind wir schon.

Bei euch denke ich auch immer, man kann euch auf die Bühne stellen und ihr könnt sofort die Leute unterhalten.

Das funktioniert aber nur, wenn man sein Material sehr gut beherrscht. Deshalb ist es mir auch so wichtig zu proben und zu üben. Wenn man das, was man spielt, dann sehr gut kann, hat man gleichzeitig noch Raum darüber nachzudenken oder über anderes nachzudenken, spontan zu sein.

Wenn die Songs sitzen, dann kommt alles andere locker rüber.

Ja, weil es dann erst locker wird. Je besser man das spielen kann, desto lockerer kann man mit dem Material auch umgehen. Woraus der Spaß auf der Bühne resultiert, wenn wir spontan bleiben, uns überraschen oder auch mal improvisieren oder sowas. Das geht allerdings nur, wenn wir wissen, wo wir uns gerade befinden. Wenn wir immer nur damit beschäftigt sind, wann wir das nächste Mal aufhören oder zusammen anfangen müssen, das zu spielen, dann nimmt es ja gewissermaßen die Flexibilität.

Also, ich freue mich darauf. Vielen Dank für das Gespräch. Bleib gesund und Grüße an die Jungs.

Danke, du auch und bis bald!

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