Porträt

laut.de-Biographie

Lila Downs

"Schuld war die Blauflügelente."

Die Geschichte will es so, dass Lila Downs' Vater sich ausgerechnet für die Flug- und Reisegewohnheiten der Blauflügelente interessiert. Also begleitet der Dokumentarfilmer den Vogel auf seiner Reise, die von der Sommerresidenz Kanada zur Überwinterungsheimat, der mexikanischen Halbinsel Yucatan, führt. Dabei lernt er die Mixteken-Indianerin Anita Sanchez kennen und lieben.

Das Licht der Welt erblickt Anna Lila Downs Sanchez am 19. September 1968 im südmexikanischen Tlaxiaco, Oaxaca. Als Tochter einer indianischen Mutter und eines amerikanischen Vaters mit schottischen Wurzeln, bekommt sie die Multikulturalität praktisch in die Wiege gelegt. Ihre Kindheit und Jugend verbringt sie in den USA und Mexiko, wo sie von Kindesbeinen an als Mariachi-Sängerin Erfahrungen sammelt.

Auf diesem vielfältigen kulturellen Hintergrund entfaltet sich Downs' Farbenpracht hervorragend. Das bezieht sich sowohl auf die Darstellung ihrer Persönlichkeit, als auch auf ihre Musik, in der sie lateinamerikanische, nordamerikanische und indigene Kulturen zu einer bunten Klangsymbiose vereint. Ihr mulitkultureller Background ist dabei allgegenwärtig. Denn für ihre Songs schöpft sie gern aus dem Vollen. Sie greift dabei auf die musikalischen Wurzeln ihrer indianischen Vorfahren, Maya, Nahuatl, Zapoteken und Mixteken, ebenso zurück, wie auf ein amerikanisch geprägtes Musikverständnis.

Als junge Erwachsene studiert Downs klassischen Gesang und Anthropologie in Los Angeles und Minneapolis. Ihr Musikstudium hängt sie zwar unverrichteter Dinge wieder an den Nagel, Anthropologie schließt sie jedoch erfolgreich ab. Da sich ihre Eltern zwischenzeitlich getrennt haben, pendelt sie zwischen Amerika und Mexiko hin und her.

Mal arbeitet sie im Autoteile-Handel ihrer Mutter, mal verkauft die bekennende Grateful Dead-Verehrerin Schmuck bei deren Konzerten. Bei anderer Gelegenheit webt sie traditionelle mexikanische Stoffe. So tingelt sie nicht nur schmuckverkaufend ihrer Lieblingsband hinterher, sondern auch unbekümmert durchs Leben und durch die Clubszene. Und wenn sie nicht gerade mit Autoersatzteilen, gewebten Stoffen oder Klunker dealt, verdingt sie sich als Mariachi-Sängerin in amerikanischen und mexikanischen Live-Clubs. Bis sie Anfang der 90er den amerikanischen Jongleur, Clown und Jazz-Saxophonisten Paul Cohen kennen lernt.

Er ist der passende Schlüssel, der in das Schloss ihrer Bestimmung passt. Schnell werden die beiden bunten Vögel ein Paar und basteln an ihrem privaten und künstlerischen Nest. Letzteres bauen die zwei Tausendsassas aus vielfältigen Zweigen, Ästen, Gräsern und Blättern: indianische Musikformen, mexikanische Volkslieder, indigene Sprachen, Spanisch, Englisch, Folk, Country, Klezmer und Jazz, westliches Popmusikverständnis und opernhafter, klassischer Gesang - alles hat seinen Platz.

Auch die Politik. Ihre Meinung bringt die engagierte Musikerin in ihren Texten zum Ausdruck, denn als Wandrerin zwischen den Welten Mexiko und Amerika hat sie nicht nur die Migrationsproblematik am eigenen Leib erfahren. Darüber hinaus gibt es in ihrer persönlichen Geschichte eine Periode, in der sie die Totenscheine jener Mexikaner übersetzt, die in der illegalen Auswanderung ihr Heil suchten und dabei ums Leben kamen. Diese Erfahrung schärft ihr Bewusstsein. Musikalisches Zeugnis dieser Zeit liefert "The Border" (2001), in dem sie diese prägenden Erlebnisse musikalisch aufarbeitet.

Ihre ersten beiden Alben, "Ofrenda" (1994) und "Azuláo" (1996), erscheinen aber noch im Selbstverlag und lediglich auf Kassette - Mitte der 90er in Mexiko ein durchaus gängiges Medium. Ihre markante Stimme und ihre starke Persönlichkeit fallen jedoch schnell auch der Musikindustrie auf. 1999 erscheint mit "La Sandunga" ihr erstes Label-Release auf Narada-Records.

1999 ist auch das Jahr eines ganz besonderen Ereignisses: Im Hollywood Bowl performt sie bei dem vom Dalai Lama organisierten World Festival of Sacred Music. "Ich sang auf Mixtekisch, der Muttersprache meiner Mutter. Dort in Kalifornien waren so viele Mixteken im Publikum, die sonst Teller waschen und die Felder bestellen. Deren stehende Ovationen waren der intensivste Moment meines Lebens. Ich dachte, 'ok, ich habe meinen Job gemacht, nun kann ich sterben'", schwärmt sie bis heute.

Den internationalen Durchbruch feiert Downs mit "Frida". Der mit Salma Hayek prominent besetzte und grammygekrönte Film über die vom Schicksal gezeichnete mexikanische Malerin Frida Kahlo bringt Downs international ins Gespräch. Einer ihrer Songs aus dem Soundtrack, "Burn It Blue", erhält 2003 eine Oscar-Nominierung. Im Film selbst hat Downs einen Auftritt als Sängerin. Mit "Una Sangre (One Blood)", das ihr 2005 ihren ersten Grammy-Award in der Sparte Latin einbringt, verankert sich Downs endgültig im globalen, öffentlichen Bewusstsein.

"Ob Eigenkompositionen, ob Volkslieder oder ob Coverversionen" von Woody Guthrie- oder Santana-Songs. Mit ihrer sechs Oktaven (!) umfassenden Stimme, findet "Lila Downs immer einen Weg, ein neues Licht zu entzünden, einen neuen Blickwinkel auf die Musik ihrer Heimat zu richten", bringt es das Funkhaus Europa auf den Punkt.

Ihre Musik und damit ihr politisches Standing wird nun von Vielen gehört. Diesen Umstand macht sie sich zu Nutze: "In unserem Land traut man sich nicht zu sprechen. Ich hoffe, dass meine Musik zur Diskussion über Gerechtigkeit ermutigt", erklärt sie.

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