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Majestic 12

Weltverschwörungstheoretikern aller Länder verhilft allein der Klang des Namens "Majestic 12" zu gespitzten Ohren und glänzenden Augen: Angeblich, so geht die Mär, sei auf Geheiß Präsident Trumans 1947 nach dem Vorfall von Roswell in den USA ein Geheimkomittee eingesetzt worden, das UFO-Aktivitäten untersuchen sollte. Die US-Regierung bestreitet dies, dennoch halten sich die Gerüchte um "M 12" hartnäckig und speisen noch mehr als fünf Jahrzehnte später die Phantasien E.T.-Gläubiger und Drehbuchautoren diverser Mystery-Serien.

Majestic 12 - For Majic Eyes Only Aktuelles Album
Majestic 12 For Majic Eyes Only
Was hat dieser Mann im Vorprogramm von Xavier Naidoo verloren?

Carlos Bess, produzierender Kopf hinter Majestic 12, äußert sich zu den Parallelen widersprüchlich: "Ich hatte mir den Namen schon ausgedacht, bevor ich wusste, dass es dieses Buch gibt", zitiert Jazz Thing den Vater des Projekts. "Nachdem ich es gelesen hatte, obwohl darauf stand 'Top Secret', war es für mich ein glücklicher Zufall, aber auch nicht mehr." Wenig später heißt es dann: "Natürlich standen die 'Majestic 12' Pate." So oder so: Die Zwölf scheint sich wie ein roter Faden durch Bess' Laufbahn zu ziehen: "Alles Equipment, mit dem ich bisher gearbeitet habe, hatte irgendwo die Zwölf im Namen, von SP-12 Drum Machines über Technics 1200 Turntables zu C-12 Mikrophonen." Bess selbst bedient sich eine Weile lang des Aliases C-12.

Sein Werdegang mutet wie ein Streifzug durch die neuere Musikgeschichte an, dabei beginnt Carlos Bess seine Karriere auf den Straßen und in den U-Bahn-Schächten der New Yorker Upper West Side - mit Marker oder Sprühdose in der Hand: "Ich war immer fürs Bombing zu haben", erinnert er sich. "Ich habe zum Teil das ganze Wochenenden auf dem Betriebsbahnhof der Subways verbracht, um ein paar neue Pieces an den Start zu bringen." Nach drei bunten Jahren als Graffiti-Künstler wechselt er in einen wesentlich ruhigeren Job: "Dann kam die Sache mit den Drum Machines." Bess beginnt eine Tätigkeit als Programmierer in einem Musikladen.

C-12 leistet in der noch jungen Hip Hop-Szene Pionierarbeit. Gemeinsam mit Afrika Bambaataa arbeitet er an der ersten New Yorker Hip-House-Produktion "Fun With The Boys". Er zählt 1991 zu den Gründern des legendären Aufnahmestudios "The Shack" (das noch Jahre später Pate für diverse Veranstaltungsreihen steht, darunter die wohl erfolgreichsten Soul-Partys in der Domstadt Köln). 1993 ist Bess als Toningenieur bei den Fire House Studios beschäftigt, in deren Umfeld sich unter anderem Black Sheep, die Ultramagnetic MCs und die Rock Steady Crew bewegen. In diesem Kontext trifft er auf Wu-Tang-Mastermind The RZA. Die gemeinsame Arbeit an "Enter The Wu-Tang (36 Chambers)" schweißt die beiden zusammen.

Carlos Bess baut in Folge dessen gemeinsam mit RZA die 36 Chambers Studios auf und veröffentlicht mit seinem musikalischen Partner, dem New Yorker House-Produzenten DJ Choco, der auf Kollabos mit Kurtis Blow, Guru, dem Wu-Tang Clan, aber auch Rage Against The Machine zurück blickt, das Breakbeat-Album "Funky Drummer. Bess arbeitet an Tracks für Shabazz The Disciple, Finley Quaye und Deee-Lite, produziert unter anderem für Ghostface Killah, Jay-Z und Big Punisher und sammelt goldene und Platin-Schallplatten und sonstige Preise wie andere Leute Briefmarken. Mit "Judy - Hooked On Coke" landet er unter Beteiligung der Spoken Word-Poesie von Jole einen oft und gerne geremixten Hit. Er ist in den Reihen der Sound Mechanix und Da Groove Stalkers aktiv. 1997 wird er für den Grammy und für den Brit-Award nominiert.

Bei den Aufnahmen zu Gurus zweiter Ausgabe von "Jazzmatazz" ("The New Reality"), zu der Bess etliche Beats beisteuert, trifft er auf Paulisa Moorman. Die Sängerin und Trompeterin hat ein Studium am Berklee College of Music hinter sich und arbeitet als Musiklehrerin in einem Jugendgefängnis. Er singt ihr ein Sample vor, sie gibt umgehend Auskunft über Titel und Interpreten des Original-Songs: Fachwissen schindet Eindruck.

Eine berufliche wie private Partnerschaft nimmt ihren Anfang. Gemeinsam schwelgen sie in ihrer Leidenschaft für Jazz-Ikonen wie Thelonious Monk oder Billie Holiday, für Soul und für Hip Hop. "Als wir etwa sechs Wochen zusammen waren, fuhren wir gemeinsam in der U-Bahn. Paulisa hat einfach angefangen zu singen." Sie interpretierte George Gershwins "Nice Work If You Can Get It". "Als sie fertig war, applaudierte der ganze Waggon."

Bess und Moorman sind mittlerweile verheiratet. Ihr gemeinsames Projekt Majestic 12 trägt 2003 die ersten Früchte. Durch Bess' Verbindungen zu RZA wird Xavier Naidoo auf das musizierende Paar aufmerksam. Er nimmt die beiden als Support-Act mit auf seine "Himmel Über Deutschland"-Tour. Für jemanden, der lange Zeit im Hintergrund die Fäden zog, ist die plötzliche Aufmerksamkeit gewöhnungsbedürftig: "Ich sitze seit gut 15 Jahren hinter den Reglern", kommentiert Bess im Interview. "Da ist der Schritt ins Rampenlicht natürlich nicht einfach, aber ich arbeite daran."

Das Publikum begegnet der Melange aus Songelementen und Samples, Melodien und Vocals, der Mischung aus aktuellen Popsongs und Neuinterpretationen von Jazzklassikern, die Mr. und Madame Majestic servieren, mit Wohlwollen, obwohl ihr seitens der Plattenfirma das ekelhafte Etikett "kosmopolitisch korrekter Zukunftssound" aufgeklebt wird. Die Presse zieht Parallelen zu Massive Attack. Als erste Single veröffentlicht das Duo im Juni 2006 "Super Star", das prompt Bearbeitung durch Fink und das Trüby Trio erfährt. Die zweite Auskopplung, "With You" unter Mithilfe Xavier Naidoos, kündigt das Ende Oktober folgende Debüt-Album "For Majic Eyes Only" an. Die Nummer, mit der alles begann, darf hier natürlich nicht fehlen: "Nice Work If You Can Get It".

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