Melissa Naschenweng - " Alpenbarbie"

Wer ist Melissa Naschenweng? Sony Music bringt Licht ins abgelegene Tal. Sie sei die "Alpenbarbie", die mit "sündiger Leidenschaft" allen "feschen Burschen" den Kopf verdrehe. Doch Obacht, das "Stereotyp vom naiven Blondchen" weise sie weit von sich. In Wahrheit bevorzuge sie es nämlich, mit ihrem Traktor über den "rustikalen Bauernhof" zu fahren. Zugleich verbinde sie aber ihr "wildromantisches Bergbauernidyll" und "geerdete Traditionsverbundenheit" mit "modernen Motiven" und "Empowerment". Immerhin stehe ihr Lederhosen-Rock für "Frauenpower mit einer starken Botschaft". Aha.

Das hat wenig geholfen, wie klingt es denn nun? "Alpenbarbie" setzt über weite Strecken auf Popschlager, den die österreichische Helene Fischer mit ungehemmter Lebensbejahung und volkstümlichen Elemente wie ihre stets präsente Steirische Harmonika anreichert. Frohgemut stellt sie sich im Titelsong erst mal selbst vor und bemüht sich dabei, den charakterlichen Spagat des Pressetextes zu bedienen. "Jeder Bauernbua will mit mir gehen", weiß das fesche Madl zu berichten. Doch sie sei "blond, aber net bled, da sie fest im Leben steht". Das bringt sicher Selbstermächtigung aufs Scheunenfest.

Naschenweng ist jung, vital, gutaussehend. Sie ist keck, buamanarrisch, a richtige Lachwurzn eben. In einem Bergbauern-Song fährt sie alleine mit dem Traktor durchs Dorf. Vor Langeweile werde sie "narrisch", schildert die Kärntnerin, bis ihr Blick auf ein "gestandenes Mannsbild" fällt, das sie umgehend aufgabelt. Forsche Angebote, sich auf ihren Schoß zu setzen, lehnt sie jedoch ab und verbannt den Aufpudler auf den "Anhänger". Die Sängerin weiß von der Verführungskraft des Belzebubs, der sich immer wieder in Gestalt eines Mannes offenbart, wie sie im rockigen "Wenn I Den Teufel Brauch" ausführt.

Einzige Ausnahme bleibt natürlich der Michl, ein "Burschn", auf den "alle Madln" stehen, ja, mehr noch: "Ein jedes Dirndl schwitzt, wenn er seinen Namen ruft!" Gschnollt? Endgültig verrückt wird das Weibsvolk, wenn er "sein Werkzeug" auspackt. "In meinem Bauch sind Schmetterlinge wegen seiner scharfen Klinge", schmachtet das gampige Barbie Girl den "Michl Mit Der Sichl" an. Die Pointe des Videos, dass sie ihn zum gemeinsamen "mahn" auffordert, und er ihr daraufhin seinen Boyfriend vorstellt, verliert sich leider im Song. In jedem Fall ist das Ganze nichts für Gaudibremsen, so viel steht fest.

Neben körperlichen Gelüsten gibt es mit "Freund" auch ein balladeskes Hoch auf die platonische Liebe. Hilfsbereit und einfühlsam müsse er sein. Da spielen die Wadln und das Zumpferl ausnahmsweise eine untergeordnete Rolle. Wiederum so gar nicht zur unschuldigen Lebensfreude will "Legenden" passen, in dem sie sich in eine 'Live fast, die young'-Pose schmeißt. "Unkraut vergeht net - genauso wie wir", singt sie pseudo-rebellisch. Und "Schicki Micki" erinnert zunächst an "Macarena", bevor Naschenweng die Drahrerei in die fremdartige Wiener High Society verlegt.

Nett, aber deplatziert klingt "Himmelvota", das sie ihren verstorbenen Großeltern widmet. "I Gib Dir Mei Wort" verliert sich hingegen in schlimmstem Kitsch. Softrock trifft auf stereotype Sprachbilder wie aus der Fernsehwerbung. Warum behält sie nicht die Rolle des Mädchens zum Pferdestehlen bei? Die verkauft sie nämlich mit hoher Glaubwürdigkeit. "Alpenbarbie" ist von vorne bis hinten grotesk, mitunter hochnotpeinlich ("Traktorführerschein (Alpen Party Remix)"), aber es funktioniert. Und anders als bei den meisten Kolleginnen des Partyschlagers wirkt Naschenwengs Erfolg nachvollziehbar.