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JULI: ALBEN / DEUTSCH

Freshman Mirco: Auweia, war der Juli dünn. Nicht nur qualitativ, auch quantitativ. Es scheint, als hätte sich ein Großteil der Szene bereits verfrüht in den Sommer-Urlaub verabschiedet. Aus Angst vor Capital Bra und Farid Bang? Wohl kaum. Die Strahlkraft der beiden Pappnasen ist lange nicht mehr das, was sie einst war, und "Deutschrap Brandneu" markierte diesbezüglich einen neuen Tiefpunkt. Klar kommt das Album mehr als Playlist für den Algorithmus denn als eine LP mit Konzept daher, aber wenn diese Playlist mit fast der Hälfte ihrer Songs nicht einmal mehr eine Million Hörer*innen anlockt, dann scheint der bequeme Arbeitsethos eines Capital Bra doch noch seinen verdienten Tribut zu fordern.

Als Album des Monats picke ich deshalb auch "S1" von Shacke One. Nicht nur kann ich euch nicht noch ein weiteres horrendes Cover zumuten, das Album scheint in unseren Kreisen ja auch sehr gut angekommen zu sein. Vielleicht könnt ihr mir ja verraten, wieso, ich habs nämlich bis heute nicht gehört (wegduck).

Dieser Yannik™: Ich glaube, mehr noch als diese Legebatterien-Arbeitshaltung fand ich "Deutschrap Brandneu" dafür faszinierend, dass es dieses komplett komisch konzipierte Tape war. Wo ist denn bitte die Schnittmenge? Also, sowohl in der Fanbase als auch im Sound? Klar, Farid kann schon auch etwas musikalischer, Capi kann schon rappen, aber ich habe das Gefühl, hier wusste keiner, was sie sich von dem Tape eigentlich erhofft haben. Und wenn es kein Versprechen gibt, gibt es auch nichts, das man einlösen könnte.

Jenseits des hässlichen Covers fehlt es diesem Album vor allem an Statement, eine Sache, die gerade die beiden sonst eigentlich gut konnten. Du wusstest halt: Neues Capi-Album? Das bedeutet schmuckloser, liebloser, aber oft gut funktionierender Assi-Pop. Farid-Album? Es werden wahllos Leute gedisst. Das hier? Ja, keine Ahnung? Ein Dutzend Songs, auf dem sowohl Farid als auch Capi zufällig als uninspirierte Features auftauchen, umgeben von ... gar nichts? Kein Wunder hat das nicht funktioniert.

Yo Grandma Fromm: Das war zwar keine Erklärung dafür, warum man Shacke hören sollte ... aber, gut. Immerhin hab' ich so jetzt doch noch mehr über dieses komische "Deutschrap Brandneu"-Projekt nachgedacht als in der ganzen Zeit, seit es rauskam, zusammen genommen. Zugegeben, ich hatte auch keine Zeit dafür. Ich war ja in den 36 Kammern eingesperrt. "S1" ist aber eins der wenigen Alben, die trotzdem zu mir durchgedrungen sind. Vielleicht, weil Shacke einer der (leider) seltenen Fälle ist, bei denen oldschool Berliner Battlerap-Attitüde nicht Hand in Hand mit unterdurchschnittlich ausgeprägtem Intellekt, überdurchschnittlich ausgeprägtem Unsympathen-Gebaren oder gleich mit beidem daherkommt. Der Typ ist einfach, ohne irgendein Aufhebens um seine Person zu machen, dermaßen real und unverbogen: Mir gefällt das. Außerdem bin ich immer noch ein bisschen verblüfft darüber, dass Kollege Lippe das nicht nur feiert, sondern auch noch geschafft hat, in seiner Review Parallelen zu Gerhart Hauptmann zu ziehen. Muss man auch erst einmal hinbekommen.

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