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Platz 7: "Collision Course"

Ein Aspekt, über den selten gesprochen wird, wenn es um Linkin Parks Rolle im Kosmos des Nu-Metal geht, ist ihre Nähe zur Hip Hop-Kultur. In einem Genre, das Hip Hop schon seit jeher eher auf die leichte Schulter nahm und seine Elemente eher für ein bisschen "Nookie" als tatsächlichen artistischen Mehrwert implementierte, stachen Linkin Park schon mit ihrem Debüt heraus. Nicht nur zeigten sie, dass man Rap durchaus seriös mit Metal verheiraten kann, hinter der Bühne pflegte vor allem ihr MC Mike Shinoda eine fast schon obsessive Begeisterung für das Genre.

Auch wenn ein anderes Projekt ihm bereits zuvor die Plattform gab, dieser Begeisterung im Detail nachzugehen (erneut: dazu später mehr), hievte sie diese Kollaboration mit Jay-Z auf die damals denkbar größte Bühne. Angestachelt von dem Aufsehen, das Danger Mouse mit seinem Mash Up "The Grey Album" erregte, auf dem er das "White"- und das "Black"-Album der Beatles respektive von Jay-Z in einen Topf warf, klopfte MTV persönlich bei Jigga an. Auf die Frage, mit wem er sich denn ein offizielles Mash Up-Projekt vorstellen könne, seien seine Worte gewesen: 'Linkin Park'.

Die trauten wiederum ihren Ohren nicht, als dieses Angebot an sie herangetragen wurde. Die gesamte nächste Tour sei Shinoda, dessen kühnste Träume mit dieser Kollaboration in Erfüllung gingen, damit beschäftigt gewesen, Tracks aus "Meteora" und "Hybrid Theory" mit Klassikern der East Coast-Legende zu mixen. Das Ergebnis: ein Album, das so sehr nach 2004 klingt, dass man Gerhard Schröders Bierflasche förmlich in der Ohrmuschel ploppen hört. Das darf man gerne gleichermaßen als Kompliment wie auch als Kritik verstehen.

Selbst fast zwanzig Jahre nach seiner Veröffentlichung bleibt "Collision Course" über weite Strecken ein absolutes Novelty-Album. Die Songs sind oftmals mehr halbherzig aneinander getackert als wirklich schlüssig ineinander integriert, der Kontrast zwischen den verschiedenen Instrumentals klingt auch heute noch etwas lustig, und Mike Shinoda säuft erwartungsgemäß neben einem Rapper wie Jay-Z komplett ab (ihn über den "Izzo"-Beat zu hören ist ein Erlebnis). Das alles tut allerdings dem schieren Unterhaltungswert dieser EP keinen Abbruch.

Vor allem, weil sich hin und wieder tatsächlich Momente finden, die beweisen, das die Rechnung der Anzugträger, die dieses Konzept ja ursprünglich ausgeheckt hatten, auch musikalisch aufgeht. Etwa wenn sich die ersten Sekunden von "Faint" butterzart in "Jigga What" hineinschleichen oder wenn sich Jay-Z mühelos das "Lying From You"-Instrumental aneignet. Auch "Numb/Encore" sei in dem Kontext erwähnt, da es sich vollkommen zurecht bis heute als einer der einschneidendsten und interessantesten Momente in Linkin Parks Frühwerk behauptet.

Ein solcher Clash zweier unterschiedlicher musikalischer Welten scheint heutzutage kaum mehr denkbar, da die Grenzen zwischen Genres so verschwommen sind, dass Metal im Mainstream ohnehin eher im Kontext von Hip Hop stattfindet, als für sich alleine zu stehen. Selbst damals bildete jedoch der Fakt, dass diese Zusammenarbeit überhaupt geschah, das deutliche größere Event als die eigentliche Musik an sich.

Highlights: "Numb/Encore", "Jigga What/Faint"
Lowlights: "Big Pimpin/Papercut"

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