Mohammed Assafs TV-Triumph macht für einen Moment Grenzen und Konflikte vergessen.
Beirut (top) - Am Samstag feierte die arabische Welt, vor allem aber die Palästinenser im Gaza-Streifen und Westjordanland, den Castingshow-Sieg von Mohammed Assaf mit Feuerwerken, Auto-Korso, Tränen und Jubelrufen. Einen Ausgang wie diesen hätte sich keiner erträumt.
Auseinandersetzungen, Zerstörung und Angst prägten Assafs bisheriges Leben. Als er gerade vier Jahre alt war, musste seine Familie von Libyen aus in ein Flüchtlingslager im Gaza-Streifen umsiedeln. Mit sieben Geschwistern wuchs er in armen Verhältnissen auf. Seine Leidenschaft und ein Sprachrohr entdeckte er mit sechs Jahren in der Musik.
So arbeitete er während seines Medien-Studiums nebenbei als Hochzeitssänger, bis er beschloss, an der zweiten Staffel von "Arab Idol", der arabischen Variante von DSDS, teilzunehmen. Auf seinem Weg nach Kairo, wo das erste Casting stattfand, verweigerten ihm Grenzbeamte zwei Tage lang die Ausreise. Nur durch einen glücklichen Zufall konnte er überhaupt an der Show teilnehmen: Ein anderer Bewerber überließ ihm seine Nummer.
Ein politischer Beigeschmack begleitete seinen Weg durch die Show. Gerade den konservativen Anführern der Hamas stieß er sauer auf. Ein "Verbrechen" nannten sie es, bei einer Show abzustimmen, die derart westlich aufgezogen ist und deren Jury von Frauen unterstützt wird.
Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas hingegen teilte die Euphorie, die unter der Bevölkerung ausbrach. Da die Zuschauer per SMS entschieden, welche Kandidaten weiterkommen, setzte er eine Senkung der Handy-Preise durch. Allein die knapp zwei Millionen Bewohner des Gaza-Streifens schickten beim Finale acht Millionen Kurznachrichten ab.
Hamas-Führer gratulierten "von Herzen"
"Das Bild von Gaza hat von Krieg zu Gesang gewechselt", kommentierte ein Zuschauer im Guardian. Genau darum ging es seinen Anhängern während der Show: Um den Beweis, dass Hoffnung trotz der jahrelangen Konflikte existiert, dass das Bild von Terror und Gewalt eine allzu negative Verzerrung ihrer Heimat ist. Selbst die Stimmung unter den Hamas-Führern kippte nach dem Triumph, zumindest oberflächlich. Per Facebook gratulierte man Assaf am Samstagabend "von Herzen".
Präsident Abbas ernannte Mohammed Assaf zum palästinensischen Botschafter des guten Willens. Eine Aufgabe, in der sich der junge Mann in den letzten Wochen geübt hat. Er sang bekannte arabische Lieder in der TV-Show, die oft von palästinensischer Identität, Einheit und Hoffnung handelten.
"Eine Revolution braucht kein Gewehr"
Nach dem Finale beschrieb er seine Vorstellungen von einem friedlichen Aktivismus so: "Eine Revolution ist nicht nur die, die ein Gewehr trägt, sie ist der Pinsel eines Künstlers, das Skalpell eines Chirurgen, die Axt eines Bauern. Jeder kämpft für sein Ziel, wie er es für angemessen hält. Ich vertrete heute Palästina und ich kämpfe heute durch meine Kunst und die Nachricht, die ich überbringe, für ein Ziel."
Ein Ende der Auseinandersetzungen ist noch lange nicht in Sicht. Doch Mohammed Assaf symbolisiert eine einende Kraft im Zwiespalt. Der Spiegel zitiert dazu passend den Final-Teilnehmer Ahmed Gamal: "'Arab Idol' hat uns mehr gegeben als jeder Politiker. Das könnte eine wichtige Botschaft sein."
3 Kommentare
Endlich Frieden!
Quasi der David Hasselhoff des Gazastreifens.
eher der "slumdog millionaire", eh?
...egal, was der für schrottsongs singen mag. die tolle botschaft stimmt allemal. der junge hat ja nun echt nicht nur schönes erlebt und sein versöhnlicher, gewaltloser ansatz ist dennoch 10 mal respektabler/reifer/entwickelter als so mancher v d eckenstehenden arab hiphoppern,diesen selbst ernannten manowar-pali-freiheitskämpfern, die nur das warme stübchen kennen, nur den textlichen scharfmacher geben und nur das trennende betonen.....der assaf sollte am besten gleich ne kollabo mit "orphaned land" hinlegen....