Der Kuss von Matty Healy und Ross MacDonald in Malaysia hat ein Nachspiel: Der Veranstalter verklagt die Band und alle Mitglieder.
Kuala Lumpur (mis) - Matty Healys LGBTQ+Protestaktion in Kuala Lumpur vor fast genau einem Jahr hatte weltweit hohe Wellen geschlagen. Bei einem Auftritt im südostasiatischen Malaysia küsste der The 1975-Sänger den Bassisten Ross MacDonald auf der Bühne und verstieß damit gegen die Gesetze des Landes, das Homosexualität mit langjährigen Haftstrafen sowie Prügelstrafen ahndet. Future Sound Asia, der Veranstalter des Festivals, hat die britische Band sowie all ihre Mitglieder einzeln nun auf eine Summe in Höhe von 2,4 Millionen US-Dollar (1,9 Millionen Pfund) verklagt, weil sie gegen Verhaltensauflagen verstoßen haben, die zum Festivalabbruch und damit einhergehenden finanziellen Einbußen führten.
In den beim Obersten Gerichtshof in Großbritannien eingereichten Dokumenten führen die Organisatoren laut Variety aus, dass sich Band und Management im Vorfeld des Auftritts sämtlicher Regeln bewusst waren und einwilligten, auf der Bühne weder zu rauchen, zu fluchen, Alkohol zu trinken, noch sich zu entkleiden oder über Politik und Religion zu sprechen. Ferner verbietet eine Behörde, die ausländische Auftritte genehmigt, das Küssen sowohl auf der Bühne als auch eines Zuschauers. Mit Verweis auf Healys Drogensucht 2018 soll die Behörde ursprünglich das Auftrittsgesuch der Band zurückgewiesen haben, willigte nach Beteuerungen der Band, sich an alle Regeln zu halten, jedoch später ein.
Die Klage führt demnach aus, der 35-Jährige habe sich "betrunken verhalten, geraucht und den Anschein erweckt, sich auf der Bühne zu übergeben". Er habe "übermäßig gegrunzt und gespruckt, auch in Richtung des Publikums" sowie eine von den Organisatoren verwendete Drohnenkamera beschädigt. Nach dem Konzertabbruch habe sich Healy "sehr aggressiv" verhalten. Die zwei weiteren Veranstaltungstage, an denen internationale Acts wie die Strokes teilnehmen sollten, wurden auf Anweisung der Regierung abgesagt. Das übereilte Verlassen des Landes sei laut Klage ein deutliches Indiz dafür, dass sich die Briten ihres Rechtsverstoßes bewusst gewesen seien. Healy hatte später behauptet, er sei nach dem Auftritt kurzzeitig inhaftiert worden.
Für seine Kritik hatte der Sänger aus dem Publikum viele zustimmende Rufe erhalten. Vor dem Kuss sagte er: "Ich sehe keinen verdammten Sinn darin, The 1975 in ein Land einzuladen und uns dann vorzuschreiben, mit wem wir Sex haben dürfen. Es tut mir leid, wenn euch das beleidigt und ihr religiös seid, aber eure Regierung ist ein Haufen von verdammten Idioten und mir ist das jetzt egal." Sein Einsatz für Gleichberechtigung provozierte jedoch nicht durchgehend die erwünschte Reaktion. Teile der malaysischen LGBTQ+-Gemeinde in Kuala Lumpur kritisierten Healys Verhalten, das ihr alltägliches Leben nun womöglich schwieriger gestalten könnte.
Im Nachgang des Eklats äußerte sich der Sänger nochmals: "Dass ich Ross geküsst habe, war kein Move, um die Regierung zu provozieren, es ist Teil unserer Bühnenshow, die zuvor schon viele Male aufgeführt wurde. Die Vorstellung, dass Künstler auf die lokalen kulturellen Besonderheiten eines Ortes eingehen müssen, zu dem sie eingeladen werden, stellt einen sehr gefährlichen Präzedenzfall dar."
Auf eine Anfrage der BBC zur eingereichten Klage antwortete die Band, sie habe "derzeit nichts dazu zu sagen." Für den Festivalauftritt erhielten The 1975 damals 350.000 US-Dollar.
2 Kommentare
Aber ist doch schön, dass es in Malaysia möglich ist, solch einen Fauxpas mit ein bisschen Geld wieder gutzumachen. Warum bietet Malaysia eigentlich nicht alternativ langjährige Haft- bzw. Prügelstrafen als Wiedergutmachung an? Man fragt sich, ob Geld wirklich verletzte religiöse Gefühle heilen kann...
Hat er wirklich übermäßig gespruckt?