Ummz Ummz: Quo vadis, Industrial?

Quo vadis, Industrial? I

Um die deutsche Industrie ist es schlecht bestellt. Das weiß nicht nur Bobby aus Kiel, dieses Schicksal teilen auch wir Industrial-Affinen. Wir sprachen zuletzt öfter über Brutalismus 3000, Kalte Liebe und solche Leutchen, aber hartes Ummz Ummz ist nicht nur nicht gleichbedeutend mit Industrial, im Falle der genannten Künstler möchte ich gar behaupten, dass diese von diesem Genre kaum beeinflusst wurden.

Wer hält die Fahne der melodramatischen Stahlarbeiter, das rußbedeckte Musikeroberärmchen denn überhaupt hoch, wer bedient die Maschinen, bis sie so herrlich im Takt klackern? Ein mir lieber Mensch gab mir genau diesen Auftrag für Ummz Ummz und so wollen wir, ohne Anspruch auf komplette Erfassung und ohne weiten Blick zurück in die Geschichte, doch mal schauen, was aktuell so Interessantes los ist im Industrial, und uns dabei möglichst an ein enges Verständnis des Genres halten. Das heißt: Tolle Sachen wie der Post-Metal von Sentries, der Noise von Meat Beat Manifesto & Merzbow, der verzerrte Vaporwave von K/Night64, der Chanson-Goth von Kill The Thrill, das jazzige Gegrowle von Mamaleek, der unentwegt fordernde Drone von Klein und der Pop von Death's Dynamic Shroud zählen wir hier nicht, weil ein anderer Aspekt im Sound jeweils stärker ist als der zweifelsfrei vorhandene Industrial.

Wir wollen unseren Industrial aber natürlich trotzdem spannend und progressiv. Kaum hat man das ausgesprochen, schreit Michael Berdan einem spuckend in die Fresse. "American Standard" wurde Ende August veröffentlicht (und 2-3 Wochen von mir übersehen, sonst hätte es eine Review bekommen), und zwar war Uniforms Arbeit mit Boris und The Body immer interessant, sind diese Bands auch superdominant und der Ansatz von Uniform war beizeiten schwer durchzuhören. Deshalb kam das neue Werk noch willkommener als eh schon, und was ist das für ein bodenloser Abriss! Uniform zeigen in ihrer aktuellen, erweiterten Besetzung, dass Industrial nicht primär elektronisch gelebt werden muss.

Auf ihrer Tour haben sie jedoch das Problem, dass ihr Part der sanfte, weiche sein wird. Sie touren nämlich mit Margaret Chardiet aka Pharmakon, und die hat im positivsten Sinne ein Rad ab. Auf welchem Qualitätsniveau sie Industrial und Post-Power-Goth-Dingens seit Jahren pusht, ist atemberaubend. "Maggot Mass" erschien ebenfalls Ende August.