13. August 2004

"Am QOTSA-Split werde ich nicht zugrunde gehen"

Interview geführt von

Noch unglaublicher ist natürlich, was an jenem Abend dann tatsächlich geschah. Bekanntlich wurden Nick Oliveri und der Trossinger Mischpult-Mann keine Freunde, Oliveris Prügel-Aktion sollte später sogar Mondo Generator beinahe zum Bandsplit führen. Rückblickend liest sich unser Gespräch mit Oliveri an manchen Stellen geradezu beängstigend prophetisch, was wohl nicht einmal er selbst wissen konnte.

Der Bass-Tornado war im Interview nicht gerade der Redseligste und noch sichtbar gezeichnet von der vergangenen Nacht, der Busfahrt oder von Dingen, von denen wir nichts wissen. Dass er in irgend einer Weise gereizter Stimmung war, können wir nicht bestätigen. Brant Bjork hatte kurz darauf schon weitaus bessere Laune. Doch zunächst schlappt Oliveri langsam aus dem Tourbus zu unserem Platz am Straßenrand rüber und zündet sich 'ne Kippe an.

Nick, heute ist der letzte Auftritt in Deutschland, bist du bislang zufrieden mit allem?

Yeah, es macht viel Spaß und es ist lustig zu sehen, wie sich manches von Nacht zu Nacht ändert. Manchmal flippen die Leute richtig aus.

Hat sich denn in deinem Leben etwas geändert, seit du dich ganz auf Mondo Generator konzentrierst?

Nein. (grinst diabolisch) Es gibt da noch ein paar Akustik-Sachen, an denen ich sitze und das hier heute abend, das ist meine Band. Mehr interessiert mich momentan nicht.

Du wirst demnächst ein Soloalbum veröffentlichen. Ist es befriedigender, wenn man mal sein eigenes Ding durchziehen kann, ohne ständig Kompromisse eingehen zu müssen?

Das kann man so nicht sagen. Nachdem diese Queens-Sache passierte, kam Brant auf mich zu und fragte, ob ich nicht mit ihm auf Tour gehen wolle. Und da sonst nichts zu tun war, sagte ich zu. Es war ein günstiger Zeitpunkt. Ich musste nur die Songs auswählen, die wir spielen wollten und dann konnte es losgehen. Auf der Platte werden akustische Songs drauf sein.

Hast du ausschließlich neue Songs geschrieben?

Nein, ich habe auch ein paar ältere Nummern umarrangiert, teilweise würde man nicht glauben, dass sie in akustischer Form funktionieren. Aber sie tun es. Ich hoffe zumindest, dass sie es tun (grinst)

Die Platte heißt "Demolition Day". Klingt ziemlich destruktiv ...

(zögert) Hmm, ob ich wohl einen destruktiven Tag hatte? Nein, es geht einfach um Zerstörung und das nachträgliche Wiederaufbauen. Demolition Day. Alles wird zerlegt.

Und die Texte sind dementsprechend ...

... soft. Yeah. Soft and sweet. (Erneut grinst Oliveri uns schräg an. Keine Frage, er könnte sich schönere Dinge vorstellen, als ein Interview an einer Hauptverkehrsstraße "on the side of the road in Germany somewhere" zu geben, wie er es nach seinem Ausraster später selbst formuliert. Aber da muss er jetzt durch. Und die Josh-Fragen kommen auch noch. Uff!)

Eine DVD ist ebenfalls geplant, stimmt's?

Ja, sobald ich heim komme, schaue ich mir das Material an und dann raus damit. Ich habe zu Hause jemanden, der sich um das Zeug kümmert, wir müssen die Sachen ja auch verschicken. Die neue Mondo-EP kommt da auch mit dazu. An alle Besteller da draußen: Sorry, dass das alles so scheißlange gedauert hat. Auf der DVD sind Live-Sachen aus dem letzten Jahr drauf. In Europa haben wir um die Weihnachtszeit mit Brant an den Drums gespielt. In Deutschland leider nur zweimal, unser Zeitplan war eng. Aber es war großartig.

Sind von den Europa-Gigs auch Ausschnitte auf die DVD gekommen?

Ja, es ist ein Zusammenschnitt einiger Shows.

In Amerika hast du Support-Shows für die legendären MC5 gespielt. Wie lief es mit Wayne Kramer?

Es lief super.

Ging damit ein Kindheitstraum für dich in Erfüllung?

Das muss man definitiv so sagen. Alle Typen sind wirklich super cool und jede Minute mit ihnen war großartig. Die Jungs rocken.

Hat das Publikum dich auch gut aufgenommen?

Ähh, nein. (grinst) Ich meine, die Leute kamen natürlich, um die MC5 zu sehen. Ich denke, sie hassten es, aber da sie wussten, dass MC5 gleich dran sind, lief es okay.

MC5 hatten angeblich Gaststars mit auf der Bühne, Mark Lanegan und ...

No, Lanegan didn't do it. Aber Mark Arm war da und Evan Dando. Ich glaube Lanegan musste hier rüber kommen, um ein paar Promo-Dinge für sein neues Album zu erledigen, dass ich im Übrigen noch gar nicht gehört habe. Ich weiß nichtmal, ob es schon draußen ist.

Im April erschien in den Staaten eine "Stone Age Complication" mit alten Queens-Sachen drauf. Hattest du da auch deine Finger mit drin?

Oh nein, ich bin draußen. Das geht mich nichts mehr an. Ich glaube, Josh hat das zusammen gestellt.

Für die Fans sah es ein wenig nach einem Abschiedsgeschenk aus, da es so kurz nach deinem Weggang erschienen ist.

Tja, wer weiß. Ich habe nicht mit ihm darüber gesprochen. Es war halt Zeug, das wir schon auf B-Seiten veröffentlicht hatten. Von dieser Veröffentlichung wusste ich nichts.

Nachdem du rausgeflogen bist, sagtest du, dass die Bandchemie durch unschöne Macht- und Kontroll-Spiele vergiftet worden sei.

(stöhnt) That's old shit, man! (Eisige Stille)

Du willst nicht darüber sprechen?

Ach, das ist es nicht. (zögert) Du kannst eben nicht mit jemandem zusammen spielen und sagen "Ich bleibe in der Band, egal was du sagst". So läuft das nunmal nicht. Aber ich rege mich nicht mehr so über diese Dinge auf wie damals. (lacht) Ich meine: It sucks! Aber ich werde nicht daran zugrunde gehen. Ich habe jetzt eine gute Band und tolle Zeit.

Okay. Auf deiner Homepage schreibst du aber auch, dass es hart ist, da die Queens bei dir um die Ecke ein neues Album ohne dich aufnehmen.

Ohne Frage. Sie kamen mal vorbei und holten ein paar Amps ab. Es ist schon komisch. Naja, ich bin sicher, sie machen eine tolle Platte.

Themawechsel: Du bist auf Mark Lanegans neuer Platte "Bubblegum" zu hören, wie auch PJ Harvey, Dean Ween oder Chris Goss. Habt ihr euch dort alle getroffen?

Ich kam ein paar Mal vorbei und habe mit Dean, Chris und Josh zusammen gespielt. Die Leute kamen immer mal wieder vorbei, das waren fließende Wechsel. Ein paar Leute habe ich leider verpasst. PJ Harvey zum Beispiel. Was Lanegan aber letztlich für die Platte verwendet, weiß ich auch nicht.

Er ist der Chef!

Eben, und er hat seitdem auch wieder neue Sachen komponiert. Da könnte er also wieder 'ne Menge altes Zeug rausschmeißen.

Wie sieht deine Zukunft nach der Tour aus?

Jetzt geht's erstmal nach Hause, dann kommen wir für ein paar Festivals im August zurück.

Was machen die Mondo Generator-Albumpläne?

Wir haben gerade die neue EP fertig gemacht, die wir auch hier dabei haben. An einem Album wird frühestens Ende des Jahres gearbeitet.

Gut, letzte Frage: Was rotiert momentan in deinem CD-Player?

Ähm, zur Zeit vor allem die Dead Kennedys. Alte Sachen.

Aha, die neue Beastie Boys als schon nicht mehr? (erwähnte Nick auf seiner Homepage)

Nein, die kann ich nur zuhause hören, denn ich habe sie auf Vinyl. Und 'nen Plattenspieler kann ich nun wirklich nicht mit auf Tour nehmen.

Da hat er wohl Recht, der Nick. Wir verabschieden uns, die Atmosphäre ist freundlich, Nick sagt zweimal "Cool man" und wir wünschen ihm nichtsahnend eine gute Show. Nun der liebe Kollege Brant Bjork. Die Promoterin sieht Oliveri aufstehen und kümmert sich prompt um Nachschub. Schon von weitem erkennen wir den braun gebrannten Mann mit dem Wuschelkopf. Brant Bjork kommt zweifellos fitter rüber als sein barhäuptiger Kollege. Gewichtigster Unterschied: Er hat Lust zu reden.

Nick meinte gerade, die Tour läuft super bisher, kannst du das bestätigen?

Absolut. Es macht viel Spaß, da wir auch die Setlist jeden Abend einen Tick verändern. Die ersten vier Songs sind immer gleich, das ist quasi unser Warm Up, aber dann verändert es sich.

Heute abend eröffnet ihr für Mondo Generator, aber das ist nicht die Regel, oder?

Doch schon. Wenn wir mit Mondo spielen, lassen wir sie headlinen und wenn Nick eine Akustik-Show spielt, ist er als erstes dran. Mondo Generator ist nunmal die lautere und aggressivere Band (wohl vor allem letzteres, Anm. d. Red.) und so macht es mehr Sinn. Unser Sound ist ja eher laid back.

Ich habe dein neues Album "Local Angel" gehört, was wirklich klasse geraten ist. Ein wenig gewundert habe ich mich nur, wie leise und ja, laid back, es ausgefallen ist.

Danke. Ja, es ist irgendwie tatsächlich eine sehr intime und relaxte Platte geworden. Die Texte sind auch emotionaler ausgefallen als früher. Für Aggressivität ist auf der Platte sicherlich kein Platz. Es muss nicht laut sein.

Was hat dich während der Albumaufnahmen beeinflusst?

Also ich kann dir jetzt keine speziellen Einflüsse nennen, die Platte ist einfach so geworden, wie sie von Anfang an werden sollte. Wenn du jetzt einen Namen von mir willst, würde ich sagen, ich habe damals viel Richie Havens und so akustisches Zeug gehört. Laid back music. (überlegt weiter, schaut dann in die Luft, dann wieder zu uns. Dann zuckt er die Schultern und lacht ziemlich dreckig)

Mich erinnern die Strukturen der Songs in ihrer minimalistischen Form auch an gewisse Arten elektronischer Musik. Beschäftigst du dich mit so etwas?

Nicht gerade ausschweifend, muss ich zugeben. Aber ich mag simple Musik. Ich mag es nicht, wenn Songs zu komplex sind, dass der durchschnittliche Hörer verwirrt ist. Musik sollte dich nicht verwirren, sondern dich locker machen. Dann hast du eine gute Zeit.

Früher hast du aber auch Musik gemacht, die komplizierter und aggressiver war.

(stolz) Oh yes! Vor zwölf Jahren war ich aggressiv und laut (lacht). Da gab es Zeiten, wo man sich scheiße fühlte. Wütend. Und wenn ich mich scheiße fühlte und wütend war, machte ich aggressive und wütende Musik. Vielleicht mache ich das mal wieder (lacht). Aber im Moment bin ich laid back.

Bei Fu Manchu bist du ja nach fünf Jahren ausgestiegen. Waren die dir auf Dauer auch zu aggressiv?

So würde ich das nicht formulieren, aber es war mir irgendwann doch zu eindimensional und speziell, verstehst du? Was Fu Manchu macht, ist sehr cool. Ich bin eine musikalische Person und mag viele Formen von Musik, so dass ich irgendwann das Gefühl hatte, auf meinem Weg weiter gehen zu müssen.

Hättest du die Band nicht auch zu neuen Ufern führen können?

Nun, es ist eigentlich nicht meine Band, sondern die von Scott Hill. Fu Manchu ist seine Vision, das war schon immer so und ich respektiere das. Ich liebte diese Band schon, bevor ich mitspielen durfte. Ich wollte auf keinen Fall meine persönlichen Vibes in etwas einbringen, was strukturell schon feststeht. Es ging eher darum, meinen Dienst so lange anzubieten, wie es eben geht. Jetzt mache ich mein Ding.

Okay, zurück zu deinem Ding: Du hast zwei Coverversionen auf dem neuen Album, eine von den Ramones und eine von Jimi Hendrix. Welche Songs standen noch auf der Liste?

Oh Mann, da gibt es so viele. "Hey Joe" liebe ich einfach. Ich hatte schon vor fünf Jahren über ein Cover nachgedacht, es aber erst jetzt aufgenommen. Und "I Want You Around" ist mein Lieblingssong von den Ramones. Er klingt nicht sehr nach dem Original, aber es hat Spaß gemacht.

Ich konnte es nicht glauben, dass ausgerechnet dieses alte "Hey Joe" noch so frisch klingen kann.

Oh danke. Keine Ahnung, es ist einfach ein traditioneller Song und ich habe Jimi Hendrix' Version sehr respektiert.

Auf den "Desert Sessions 9+10" taucht dein Name nicht auf, obwohl du die Reihe einmal ins Leben gerufen hast. Wo liegen die Gründe?

Well, ich möchte mir nicht anmaßen, zu behaupten, ich hätte die Serie losgetreten. Das war schon eher Joshs Sache, selbst wenn er mit mir die Entwicklung der Desert Sessions durchgegangen ist. Hätte ich die Sessions geplant und kontrolliert, wären sie wohl etwas anders ausgefallen. In vielerlei Hinsicht ist das aber sehr cool, so wie es ist. Dass ich nun nicht mehr dabei bin, hat keine konkreten Gründe. Ich habe einfach so schon genug zu tun.

Fühlst du dich eigentlich stolz, wenn Leute dich wieder und wieder auf Kyuss ansprechen und dir erzählen wie toll diese Band doch war?

Allerdings. I love Kyuss. Es ist eine gute Band. Eine großartige Band.

Und wie stehst du zu den ewigen Reunion-Geschichten?

Ach weißt du, ich würde es machen. Na klar, warum auch nicht? Ich mochte die Musik schon immer und denke, es wäre ein großer Spaß. Aber Josh steht dieser Idee nicht so offen gegenüber und auch das ist zu verstehen. Er ist halt sehr beschäftigt mit den Queens und hat mit ihnen ein ganz neues Erfolgslevel erreicht. Für ihn wäre es also eher ein Rückschritt. Aber gut, wenn es niemals eine Reunion geben sollte, dann gibt es eben niemals eine. Wenn aber doch: Well, let's have a good time!

Mit deiner Freundschaft zu Josh und Nick dürfte es momentan sicher nicht einfach sein, was die Kommunikation angeht. Stehst du da nicht immer in der Mitte?

Weißt du, ich stehe seit 15 Jahren in der Mitte. (allgemeines Gelächter)

Zum Schluss: Du hast kürzlich bei Melissa Auf Der Maurs Soloalbum ausgeholfen. Sind weitere solcher Features in Planung?

Ja. Ein Projekt von Vic Dumonte ist in der Mache, das muss man abwarten, und ich werde mit Chris Cockrell zusammen arbeiten, mit dem ich damals Kyuss gegründet habe. Er hat eine großartige neue Platte gemacht, die wir nächstes Jahr rausbringen werden. Und schließlich werde ich eine neue Platte mit den Bros aufnehmen.

Die Interviews führte Michael Schuh.

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Kyuss

Das verpennte Kaff Palm Desert (15 km von Palm Springs entfernt) in der Wüste Südkaliforniens ist für die amerikanische Westküste in etwa dasselbe, …

Noch keine Kommentare