laut.de-Biographie
pyrin
Es gibt Rapper, die vom ersten bis zum letzten Album den Hip Hop-Film schieben. Und es gibt Künstler wie pyrin, die mit Rap auf-, dem Genre aber irgendwann entwachsen. Doch der Reihe nach: 1985 kommt pyrin in Bonn zur Welt. Vier Jahre später zieht er in die Nähe von Stuttgart. Mit 13 Jahren imitiert er die Massiven Töne und Absoluten Beginner. Nicht ohne Folgen: "Aus der Mitrapperei ist irgendwann Freestylen geworden."
Durch Rap lernt er schnell neue Menschen kennen wie die Hip Hop-Crew Wortgeflecht. Dieser Gruppe gehört auch Heitech an, mit dem pyrin noch heute zusammenarbeitet. Später trifft er bei einer Rap-Session in Göppingen die Jungs von AnbauSound. In deren Studio nimmt pyrin, der sich damals noch Thommy Walker nennt, mit 18 Jahren die ersten Tracks auf. Parallel kreuzen sich die Wege mit Smoke T und DJ Sauerei, mit denen er 2004 die Crew Smoke & The Walker gründet. Gemeinsam beginnen sie, das Freestylen ernster zu nehmen.
2004 nimmt pyrin an seinem ersten Battle teil und gewinnt. Der Erfolg spornt ihn an: "Wir haben damals alles mitgenommen, was es gab." Als Smoke & The Walker reisen sie durchs Land und stehen in jedem Ring: Zweimal gewinnt pyrin das Popbizenemy Freestylebattle, zweimal schafft er es beim 1ON1 ins Finale. 2008 ist er bei "Feuer über Deutschland 3" zu sehen. Trotz einer beachtlichen Leistung bereut er die Entscheidung, bei dem Written-Battle anzutreten: "Du bist in deiner wilden Zeit, säufst dich zu und rappst irgendwas. Bei anderen Leuten passiert das auch. Bei mir wurde allerdings eine Kamera draufgehalten und bleibt auf ewig im Äther des Internets stecken."
Neben dem Freestylen nimmt pyrin Songs auf. Der Kampf gegen andere Rapper steht auch hier im Vordergrund: "Du machst das gleiche wie im Battle und ballerst einfach Punchlines raus." 2009 erscheint an der Seite von Smoke T die Split-EP "Rucksackterrorist/Hüter der Bronx". 2011 folgt das gemeinsame Album "Zu wahr um schön zu sein". "Meinen rap-technischen Baukasten habe ich damals entwickelt", blickt pyrin auf die Zeit bei Smoke & The Walker zurück. Noch heute schreibe er Zweizeiler, die in einer Pointe aufgehen, was sich nicht von den damaligen Punchlines unterscheidet.
Noch während er mit Smoke & The Walker an den letzten Veröffentlichungen arbeitet, steckt er bereits im nächsten Kapitel seines Werdegangs. Für Solo-Projekte benennt er sich 2010 in Thomas Pyrin um – kurz darauf streicht er den Vornamen. pyrin will aus den starren Hip-Hop-Strukturen ausbrechen: "Ich wollte so richtig durchgeknallte Beats nehmen und durchgeknallte Texte schreiben." In dieser Zeit lernt er LUI kennen, der ihn in seiner künstlerischen Vision stärkt.
2010 erscheint die EP "Tote Pyrins", kurz danach folgt das Album "Psychonautik". Der Sound klingt elektronisch, geht sogar in die damals populäre Dubstep-Richtung. Die Herangehensweise unterscheidet sich nicht von seinen bisherigen Projekten: "Ich habe mich mit dem neuen Namen gepanzert und auf einer anderen Ebene mit dem gleichen weitergemacht wie vorher."
pyrin genießt die Kreativität, die ihm der neue Name gibt. Bereits 2011 folgt die EP "Entartet", die er heute am liebsten aus seiner Diskografie streichen würde: "Weil es einfach keine schöne EP ist." 2012 erscheinen die Psych- und Prog-Rock-Experimente "60" und "70". "Das war die Entwicklung von einem jungen Mann, der bis zu diesem Zeitpunkt mit Scheuklappen Hip Hop gehört hat und dann plötzlich Psych-, Prog-, Punk-Rock und andere Musikstile entdeckt hat", erklärt pyrin.
2013 erscheint sein zweites Soloalbum "Der rote Teppich im Nichts". Schon ein Jahr später legt er mit der dritten Langspielplatte "hero." nach. Anschließend entscheidet sich pyrin für eine Pause auf unbestimmte Zeit: "Es hat mich einfach nicht mehr gereizt, Musik zu machen." pyrin verliert sich stattdessen in Prosa und Kurzgeschichten. Auch einen Roman peilt er an, stellt dabei aber fest, dass ihm das schreiberische Handwerk fehlt. "Ich stand an einem Punkt, an dem ich etwas machen wollte, das ich nicht kann", erinnert sich pyrin an 2017 zurück.
pyrin entwickelt die Idee, seine Kreativität wieder in die Musik zu stecken: "Da weiß ich, dass ich es kann." Die Arbeit am neuen Album hebt sich dennoch von der an früheren Werken ab. Er nimmt sich deutlich mehr Zeit für die Texte. "Ich habe zwei Wochen darüber nachgedacht, ob ich 'aber' oder 'doch' sage." Auch auf Fremdwörter und Verklausulierungen verzichtet er. Auf "Godot", das am 28. März 2020 erscheint, drückt pyrin komplexe Sachverhalte in einfachen Worten aus. Entstanden ist ein anspruchsvolles Album, das pyrins Stärken vom Battle-King bis zum Autor zusammenbringt.
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