laut.de-Biographie
The Blind Boys Of Alabama
Clarence Fountain, Jimmy Carter und George Scott könnten auf eine lange und ereignisvolle Karriere zurückblicken – wenn sie nicht blind wären. Doch ist es gerade das fehlende Augenlicht, das sie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu den einfühlsamsten und gefragtesten Gospel-Interpreten gemacht hat.
Als Happyland Jubilee Singers kommen Fountain und Scott 1937 mit drei weiteren Sängern am Alabama Institute For The Negro Blind zusammen. Fountain ist gerade mal sieben Jahre alt, Scott acht. Mit ihren begeisternden Interpretationen religiöser Lieder machen sie sich lokal einen Namen, bevor sie 1948 ihr erstes Album veröffentlichen. 1949 gelingt ihnen mit "I Can See Everybody's Mother But Mine", ein Hit in den nationalen Gospel-Charts.
Mit wechselnder Besetzung haben sie seitdem unzählige Alben aufgenommen. 1960 stößt Jimmy Carter als ständiges Mitglied hinzu, während Fountain vorübergehend austritt, um sich an einer Solokarriere zu versuchen. Die Grenzen ihres Genres sprengend, treten sie 1983 im Musical "The Gospel At Colonus" auf, eine Interpretation der Ödipustragödie in Gospelform.
In den 90er Jahren beginnen sie, zeitgenössische Lieder zu "gospelisieren". Ihre Version von Bob Dylans "I Believe In You" aus dem von Booker T. Jones' produzierten Album "Deep River" (1993) bringt ihnen eine erste Grammy-Nomination ein. Nach dem Livealbum "I Brought Him With Me" (1995) vermischen sie auf "Holding On" (1997) zum ersten Mal ihren Gesang mit funkigen Tönen – ein Experiment, das den Grundstein für ihren Erfolg im neuen Jahrtausend legt.
Die Blind Boys Of Alabama unterschreiben einen Plattenvertrag bei Peter Gabriels Label RealWorld und veröffentlichen 2001 "Spirit Of The Century" mit dem Blues-Gitarristen John Hammond, das auch Tom Waits' "Way Down in the Hole" enthält. Mit den Aufnahmen gewinnen sie ihren ersten Grammy in der Kategorie "Best Traditional Soul Gospel Album".
Plötzlich erhalten sie Anfragen aus allen Ecken und sind wieder aktiv wie in ihren jungen Jahren. An "Higher Ground" (2002) arbeiten der Blues-Gitarrist Robert Randolph und Ben Harper. Go Tell It On The Mountain" (2003) ist eine Sammlung an Gospelstücken, an denen unter anderen Solomon Burke, George Clinton, Chrissie Hynde, Les McCann, Meshell Ndegeocello und Tom Waits mitwirken. Harper ist so von ihnen angetan ist, dass er die Blind Boys 2004 ins Studio einlädt, um "There Will Be A Light" (2004) aufzunehmen. Die gemeinsame Tour dokumentiert der mitreißende Livemitschnitt "Live At The Apollo" (2005). Von 2002 bis 2005 gewinnen sie in Folge den Grammy für das beste traditionelle Soul-Gospelalbum.
Wenige Tage nach der Veröffentlichung des Albums "Atom Bomb" stirbt Scott am 9. März 2005. Er ist 75 Jahre alt. Gekräftigt durch ihren Glauben wollen die übrig gebliebenen Mitglieder aber weiterhin auftreten. "Es war immer schon unser Schicksal, Gospel zu singen", erzählte Bandleader Fountain in einem Interview zwei Jahre zuvor. "Die Bibel lehrt uns, dass man nicht gleichzeitig Gott und dem Teufel dienen kann. Wir hätten auch einen anderen Weg wählen können, wie Sam Cooke, der als Gospel Sänger mit den Soul Stirrers angefangen hatte, sich dann aber mit Erfolg der Popmusik zuwandte und dann früh starb. Gott ist eben kein Wischi-Waschi-Gott."
Und Gott will offensichtlich, dass die Blind Boys 2008 das Album "Down In New Orleans" heraus bringen. Produziert von Allen Toussaint und aufgenommen in New Orleans, ist der Longplayer eine Hommage an zwei berühmte Kinder der Stadt des Jazz: Mahalia Jackson und Earl King.
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