laut.de-Biographie
The Vaselines
"The Vaselines entspraigen den gelangweilten und sehr kranken Gehirnen von Eugene Kelly und Frances McKee. Wir wollten einfach nur ein bisschen Spaß haben. Wir waren kitschig, schlampig und total betrunken. In derselben Woche, in der schließlich unser Debütalbum erscheint, löst sich die Band auf. Wir waren gelangweilt, total abgebrannt und hatten die Schnauze voll. Wir hofften, dass irgendjemand den Witz kapieren würde. Er wurde verstanden und wir leben weiter."
Dieses Destillat des Bandeigenen Lebenslaufs, wie ihn ebenjener Eugene Kelly 2008 posthum formuliert, würde gewiss jeden zugeknöpften Personalchef unwiderruflich vom Glauben abfallen lassen. Aufgeschlossenen Indie-Nerds dagegen dürfte es den Blutdruck beim Lesen dieser Zeilen aus ganz anderen Gründen in die Höhe treiben. Zum Einen, weil der sich darin widerspiegelnde furztrockene
Humor, die entwaffnende Ehrlichkeit und der schnörkellose Gestus genau so in der Musik der Vaselines zu finden sind. Zum Anderen, weil das schrullig-verschrobene Minimal-Pop Duo aus Schottland offenkundig wieder aus seiner 1989 selbstauferlegten Versenkung auftaucht.
Der Witz nimmt bereits 1990 gewaltig an Fahrt auf, als die Ironie des Schicksals dafür sorgt, dass ausgerechnet Kurt Cobain, Sänger der bald größten Alternative-Rockband der Neunziger, nicht Müde wird, zu betonen, dass er die Vaselines hoch und heilig verehrt und sie seine " liebsten Songwriter der ganzen Welt" seien. Er benennt seine Tochter Frances nach McKee und covert 1992 auf "Incesticide" mit Nirvana gleich zwei Songs seiner erklärten Helden: "Molly's Lips" und
"Son Of A Gun". Auch das bewegende "Jesus Doesn't Want Me For A Sunbeam", das sich mit dem legendären "MTV Unplugged In New York" Konzert Nirvanas im November 1993 jedem ins Gedächtnis brennt, stammt aus der Feder Kellys und McKees.
"Ich fühlte mich sofort zu dem simplen Pop-Rock Sound des Duos hingezogen, der damals die Musikszene um uns herum in Olympia geprägt hat. Er hatte diese Punk-Energie […] aber Punk Rock ist ja eigentlich Popmusik. Man höre sich nur "Never Mind The Bollocks" von den Sex Pistols an. Kelly und McKee gehen von diesem Vibe aus und verleihen ihm eine beinahe schlafliedhafte Sensibiltiät mit weicheren Kanten. Ich werde die Vaselines für immer in meinem Herzen tragen", schwärmt der ehemalige Nirvana-Basshüne Krist Novoselic noch 2009 in seiner Zeitungskolumne über die Magie der Vaselines.
Ein gewaltiger Überschuss an Lorbeeren, wenn man bedenkt, dass die kurze Karriere der Glasgower Undergroundband gerade einmal vier Jahre, zwei EPs und ein Album umspannt. 1986, inmitten der Ära Thatcher aus der Taufe gehoben, spielen Kelly und McKee mit Gastmusikern die EPs "Son OF A Gun" (1987) und "Dying For It" (1988) ein. Eugenes Bruder Charlie setzt sich wenig später an die Drums und James Shennan übernimmt den Viersaiter. 1989 veröffentlichen sie ihren ersten und einzigen Longplayer "Dum-Dum", um im selben Atemzug von der Bildfläche zu verschwinden.
1990 tauchen sie auf Bitten und Drängen Nirvanas noch einmal aus der Versenkung auf, um die noch relativ unbekannte Band aus Seattle in Edinburgh zu supporten. Ein ähnliches Spiel wiederholt sich 1991 auf der Hauptbühne des Reading Festivals, als sich Eugene Kelly während "Molly's Lips" zu Cobain ans Mikro gesellt. Die freundschaftliche Verbindung hat Bestand: Auch mit seiner Nachfolgeband "Captain America" begleitet Kelly Nirvana auf deren Welttournee.
Auch mit den Slacker-Kollegen der The Lemonheads versteht sich Eugene blendend und kollaboriert mit Evan Dando 1996 auf deren Song "If I could Talk I'd Tell You". "Ich habe von Zeit zu Zeit noch Kontakt zu Evan. Immer, wenn er zusammen mit seiner Frau in Glasgow ist, übernachten sie in meinem Haus", berichtet Kelly 2009.
Ob ihn besagter Dando wohl auch dazu bewegt hat, die Vaselines wieder aufleben zu lassen? Oder die geschichtsbewussten Betreiber von Sub Pop Records? Gesichert ist aber, dass die Vaselines am 16. Mai 2008 zum ersten Mal seit 18 Jahren wieder live auftreten und kurz darauf beim "Sub Pop 20th Anniversary Festival" ihrer Label-Heímat ein Ständchen spielen. Im Mai 2009 folgt mit "Enter The Vaselines" prompt eine standesgemäße wie lückenlose Werkschau über ihren kompletten Backkatalog.
"Wir haben bereits neue Songs geschrieben. Wir spielen einige von ihnen live. Wir hatten keinen Bock, auf einen Nostalgie-Trip zu gehen und nur die alten Stücke zu spielen. Wir wollen eine zeitgenössische Band sein", so Eugene.
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