laut.de-Biographie
Ana Tijoux
Auf der einen Seite ist Ana Tijoux seit dem Soloalbum "1977" dies- wie jenseits des Atlantiks eine erfolgreiche Songwriterin, Sängerin und MC. Auf der anderen Seite ist die antikapitalistische Französisch-Chilenin bekannt für ihren intensiven Einsatz wider soziale Ungerechtigkeit und ihr unumstößliches Bekenntnis zur Gewaltfreiheit.
Nachdem ihre Eltern vor der Pinochet-Diktatur nach Frankreich flohen, kommt Anamariá Merino Tijoux 1977 in Lille zur Welt. Die Familie zieht bald weiter nach Paris, wo die Tochter zunächst im Hip Hop neue Wurzeln schlägt. "Ich und andere Migranten fühlten uns in Paris deplatziert, aber der Hip Hop hat uns ein neues Zuhause gegeben."
Mit elf übt sie sich in Tanz und Rap, bevor sie 1993 wieder zurück nach Chile geht. Dort baut sie sich in der lokalen Szene Santiagos mit der Band Los Gemelos eine erste Hörerschaft auf.
Schnell erarbeitet Tijoux sich einen Ruf als MC mit relevanten Inhalten. Sie thematisiert die Objektifizierung von Frauen in der Gesellschaft, setzt sich für feministische Programme ein und versteht sich als antikolonialistisch. Musikalisch setzt sie auf Panflöten, Charangos und andere latinotypische Instrumente. Die New York Times soll Tijoux später als "Südamerikas Antwort auf Lauryn Hill" bezeichnen.
Zu lateinamerikanischer Bekanntheit verhilft ihr 1997 die zentrale MC-Rolle in der Hip Hop-Combo Makiza. Weibliche MCs sind zu diesem Zeitpunkt noch ein großes Novum in der chilenischen Rapszene. Auf drei Alben zwischen 1998 und 2005 rückt Tijoux vermeintliche Tabuthemen wie das Leben im Exil oder Teenagerelternschaft in den Fokus der Öffentlichkeit – mit landesübergreifendem Erfolg. Ana findet auch Beachtung in der alten französischen Heimat. Vor allem die professionelle Produktion und ihre Anlehnung an die Native Tongue-Bewegung New Yorks machen Makiza in Lateinamerika überaus populär.
2006 beschließt Tijoux, ihre Solokarriere fortan konsequent zu verfolgen und dem Hip Hop einstweilig den Rücken zu kehren. Ein Entschluss mit segensreichen Folgen: Schon die Debütsingle "Despabilate" aus dem Indie-Album "Kaos" verschafft ihr Nominierungen als "Best New Artist" und "Best Urban Artist" bei den Latin MTV Awards. Eine Songkollaboration mit der mexikanischen Pop-Songwriterin Julieta Venegas bringt sogar eine Nominierung zum "Song des Jahres" ein.
Für die Durchbruchs-LP "1977" legt die Französisch-Chilenin dann allerdings zunächst alle Latinpop-Anleihen und den Gesang fast völlig beiseite. Mit dem Golden Era-artigen Album beim Indie-Major Nacional Records kehrt sie erneut zurück zu ihren Wurzeln und etabliert sich als überaus talentierte MC. Tijoux rappt auf Chilenisch und Französisch und distanziert sich deutlich von vorangegangen Pop-Kollaborationen.
Kritiker und Käufer reagieren unisono begeistert, selbst Thom Yorke erwähnt die Rapperin 2010 in seinen persönlichen Hörempfehlungen. Der Song "1977" findet im PC-Fußballspiel "FIFA 2011" und in der Erfolgsserie "Breaking Bad" Verwendung.
Ana Tijoux' Beachtung erreicht mit dem dritten Album "La Bala" auch die USA und Kontinentaleuropa, wo in den folgenden Jahren Tourneen nicht nur durch Frankreich und Deutschland folgen. "La Bala" erhält 2012 sogar Grammy-Nominierungsehren für "Best Latin Rock, Urban or Alternative". Drei Jahre später darf sie dann sogar bei der Grammy-Verleihung in L.A. auftreten.
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