laut.de-Biographie
Bat For Lashes
Bat For Lashes sind das Tagtraumwerk von Natasha Khan. Die Tochter einer englischen Mutter und eines pakistanischen Vaters reist von Kindesbeinen an um die Welt, denn ihr Erzeuger ist Trainer der pakistanischen Squash-Nationalmannschaft. Die Sommer verbringt die heute in der englischen Küstenstadt Brighton lebende Künstlerin in Südasien, die restliche Zeit in Hertfordshire.
Khan graduiert in den Fächern Film und Musik. Beeinflusst von Minimal Music-Ikone Steve Reich, verdient sie ihr Brot zunächst als Multimedia-Designerin, wird dann Kindergärtnerin und findet erstmals die Zeit, sich an eigenen Stücken zu versuchen. Als Auslöser funktioniert ein Traum, in dem ihr der komplette Song "Horse & I" erscheint.
"Das Songwriting ist bei mir ein sehr visueller Prozess", erklärt die Multiinstrumentalistin, die mit She Bear auch ein Label ihr Eigen nennt. "Ich gehe an einen geistigen Ort voller Charaktere, Farben und Landschaften. Die musikalische und die visuelle Seite ergänzen und befruchten sich gegenseitig, sie sind wie Bruder und Schwester." Passend dazu erscheint Khan 2009 auf dem Cover des Mode- und Lifestyle-Magazins Dazed & Confused.
Im dazugehörigen Interview beschreibt sie zum einen ihr eigenes Schönheitsideal ("Ich möchte zeigen, dass man schön, selbstbewusst und stark sein kann, ohne sich Erwartungen anderer Leute zu beugen"), zum anderen das zweite Album "Two Suns". Zum Zweck der Inspiration war die Songwriterin nach New York und in die Joshua Tree-Wüste gereist. Dieser Antagonismus von Stadt und Natur prägt das Werk, neben 'Native American-blessed mushroom chocolate', die laut Interview bei der Ideenfindung geholfen haben könnte. Yeasayer aus Brooklyn übernehmen im Studio die Beat- und Drumprogrammierung, außerdem findet sich ein Duett mit Scott Walker.
Nicht wenige Kritiker verorten die Brightonerin vorschnell in der Schublade 'britische Björk'. Tatsächlich scheint der Kunstanspruch der Isländerin bei Bat For Lashes durch. Ebenfalls in der Referenzliste stehen aber in völliger Gleichberechtigung Cat Power, Sixousie Sioux und Kate Bush. Und draußen vor der Studiotür warten noch Devendra Banhart, Jarvis Cocker, M.I.A. und Thom Yorke in der Schlange der Bewunderer. Letzterer wählt "Horse & I" 2006 in seine persönliche Top Ten-Songliste und lädt die Band ins Vorprogramm der 2008-Radiohead-Tour.
"Ich liebe das Cembalo, die sexy Gespensterstimmen und die gestrichenen Sägen", schwärmt der Radiohead-Sänger. "Dieser Song scheint aus der Welt der Gebrüder Grimm zu stammen, und ich fühle mich wie ein Wolf." Ob die Jury des Mercury Prize beim Album-des-Jahres-Vorschlag "Fur And Gold" 2007 genauso fühlt, ist nicht überliefert. Im Folgejahr werden Bat For Lashes bei den Brit Awards für "Best British Breakthrough Act" and "Best British Female" nominiert.
Das ebenfalls abgefeierte zweite Album "Two Suns", reich an künstlerischer Kraft und 2009 eine der spannendsten Platten aus Großbritannien, erscheint 2009. Die Glastonbury-Macher laden sie zum zweiten Mal auf die Bühne. Beck oder Puscifer bitten Khan zudem zu Kollaborationen ins Studio.
Trotz einer Schreibblockade folgt berreits 2012 "The Haunted Man". Der dritte Geniestreich in folge. Kahn perfektioniert auf diesem erwachsenen und deutlich melancholischeren Werk in mühevoller Detailarbeit ihre Fähigkeiten als beeindruckende Sängerin, herausragende Songwriterin und versierte Arrangeurin. Auf selbstbewusste Weise präsentiert sie ihr untrügliches Gespür für den Vier-Minuten-Mikrokosmos macht jeden Song zur Überzeugungstat.
2015 arbeitet Khan mit der englischen Indie-Band TOY zusammen. Unter dem Namen Sexwitch veröffentlichen sie einen selbstbetitelten Longplayer zwischen Krautrock und psychedlischichen Folk. Ein Jahr darauf folgt mit "The Bride" das vierte Bat For Lashes-Werk, in dem sich die Sängerin ganz der Trauer unterwirft. Das Konzeptalbum erzählt die Geschichte einer Braut, die ihren zukünftigen Ehemann am Tag der Hochzeit durch einen tödlichen Umfall verliert.
Bat For Lashes ist als nokturne Landschaftsarchitektin zwischen Synthiepop, Orchester, Gospel, Elektronica und Vocal Storytelling endgültig erwachsen geworden. Die gewonnene Reife erlaubt es ihr, Musik zu produzieren, die ungezwungen, fast leicht klingt, obgleich Monate oder Jahre Feinschliff dafür nötig waren. Zwingend ist jedoch das übergeordnete Ziel: ein überdauerndes wie bewegendes Popmomentum zu schaffen.
1 Kommentar mit 5 Antworten
Wo bleibt die Rezi zur Braut? Einmal durch und ich bin völlig überrollt... Brauche Eindrücke anderer Menschen zur Platte, um mich und das Gehörte ein wenig zu sortieren!
Völlig überrollt bin ich nicht, aber erwartungsgemäß sehr angetan. Manche Stücke ("Never Forgive the Angels", "Widow's Peak") plätschern mir zu sehr vor sich hin. Klar ist das lyrisch alles recht ausdrucksstark, aber musikalisch teilweise sehr antiklimaktisch. Da hätte man mehr draus machen können! Bin aber auch erst einmal vollständig durch, also sind diese Eindrücke noch kaum gefestigt.
Gibt's das irgendwo zu streamen? Kabelitz' erste Reaktion schien mir ein wenig verhalten und auf den kann ich mich normalerweise verlassen (wenn es nicht um Rick Astley geht). Weiß also noch nicht, ob es zum Blindkauf reicht.
Spotify
Tippi toppi. Fundierte Meinung folgt.
Ach fuck, geht schon direkt mit "I Do" los, welches mich komplett flasht. Wird gekauft.