3. Juli 2015

"Ich kann nichts außer Rappen"

Interview geführt von

Der Battleboi ist im Stimmbruch. Oder besser "Stimmenbruch", so heißt sein letzten Woche erschienenes Zweitwerk. Im Interview spricht der Berliner über die Probleme mit seinem Alter Ego, Rap für 13-Jährige und seinen nervösen Magen.

Außerdem erzählt Stefan, so heißt er mit bürgerlichem Namen, von seinen Battles bei Rap Am Mittwoch und musikalischen Zukunftsträumen. Nachdem anfangs noch die Telefonanlage streikt, erreiche ich den Rapper, der gerade mitten in der Promophase steckt, zwischen Tür und Angel bei der Kaffeepause unterwegs.

So jetzt haben wir es ja endlich geschafft. Wie geht's dir, was machst du?

Ich sitze grade beim Bäcker, esse ein Brötchen mit Schokosplit und trinke einen Kaffee. Ich muss mich bald auf den Weg machen, weil ich noch andere Termine habe, aber ich dachte beim Bäcker ist telefonieren vielleicht besser als in der S-Bahn.

An laut.de hast du ja vielleicht nicht so gute Erinnerungen, ich glaube "Pullermatz" wurde damals ziemlich zerrissen. Bist du uns denn böse oder ist alles gut?

(lacht) War das vorhin die Dani am Apparat? Ich hatte nämlich gerade den Einfall, dass es, falls ihr mein neues Album auch besprechen wollt, wieder Dani machen kann.

Das kann ich ihr gerne ausrichten.

Also mir ist das egal, die kann das von mir aus auch wieder zerreißen. Ich finde Anti-Promo nicht schlimm. Ich mache für mich selbst Anti-Promo, nehme mich selbst nicht so ernst. Ich stell meine Musik auch nicht auf irgendeinen Sockel, wenn's den Leuten nicht gefällt, dann gefällt es ihnen halt nicht. Ich musste sehr lachen bei der Review. Das hab ich auch schon mal bei Visa Vie im Interview gesagt, dass die Dani Fromm mein Album damals krass zerrissen hat und ich das eigentlich sehr witzig fand.

Dann richte ich ihr mal aus, dass sie auch gerne "Stimmenbruch" rezensieren kann.

Da wird sie bestimmt abgefuckt von sein und denkt sich 'Kacke, jetzt muss ich mir den Dreck wieder geben'. Aber Strafe muss sein (lacht).

Wie bewertest du denn rückblickend die Rezeption und den Erfolg von "Pullermatz"? Bist du zufrieden?

Ja, total. Das liegt aber auch daran, dass ich nicht sehr viel erwarte. Ich wurde ja durch die Battlerap-Sachen bekannt und habe dann aber auf dem Album was komplett anderes gemacht, von daher wusste ich gar nicht, wie das ankommt. Und deshalb bin ich eigentlich schon zufrieden, mal von Chartplatzierungen abgesehen, weil das ist ja irrelevant. Ich kann nichts außer Rappen. Dadurch bin ich auf ganz viele Leute angewiesen. Ich muss mir Geld borgen, das ich dann für die Leute wieder einspielen muss. Und das haben wir geschafft. Das ist für mich schon ein Erfolg.

"Pullermatz" ist jetzt schon zwei Jahre her. Was ist der grundlegende Unterschied zum neuen Album "Stimmenbruch"?

Der Unterschied ist – wie der Name schon sagt – vor allem stimmlich. Das ist hauptsächlich meine normale Stimme, die ja viele Leute, die meine Musik hören, gar nicht kennen, wenn sie die Musik, die ich davor gemacht habe nicht mitbekommen haben. Und da versuch ich jetzt wieder anzuknüpfen. Aber ansonsten ist es – wie Dani wahrscheinlich sagen würde – ab und an Dritte-Klasse-Humor (lacht). Und ich mache mich natürlich selbstironisch schön runter, so wie ich das mag und wie ich das auch unterhaltsam finde. Das ist mein Image, ich nehme mich selber nicht ernst und bin ein Trottel. Von daher muss ich nicht versuchen, was anderes zu verkaufen, außer ich spiele eine Rolle. Und das mach ich zum Beispiel auf der Bonus-CD, indem ich versuche, Rap mit ein bisschen rockigen, metallischen Sachen zu mischen. Ich hab das nicht mit Band, sondern mit verschiedenen Produzenten gemacht. Mich würde es sehr freuen, wenn die Leute das annehmen und ich weiter daran arbeiten könnte, damit ich das auch mal mit richtigen Bands probieren könnte. Da würde ich in Zukunft gerne hin, dass ich Rap mit Rock oder Metal gemischt etablieren kann.

Also würdest du auch gerne mal ein komplettes Album mit diesem Crossover-Sound aufnehmen?

Ja, zum Beispiel. Also sicherlich auch immer noch auf normalen Rap-Beats, aber das würde ich schon gerne mal machen.

Hörst du denn privat viel Metal?

Ich höre gar nicht so viel Musik privat, weil ich nicht so viel Zeit habe. Auf meinem Handy hab ich keine Musik, ich höre also unterwegs nichts. Ich habe aber mit 13 solche Sachen wie Slipknot, Soulfly oder Korn gehört. Und danach hab ich erst angefangen Rap zu hören.

Auf "Stimmenbruch" ist dein Alter Ego nur noch selten zu hören. Wirst du auf der nächsten Platte komplett auf Basti verzichten?

Das weiß ich noch nicht, aber der Plan ist auf jeden Fall, dieses Image als Battleboi Basti nicht komplett weg zu lassen, das will ich gar nicht. Da ist schon viel von meiner eigenen Person drin, natürlich sehr dramatisiert. Ich bin sehr verspielt und auch infantil, dadurch passt dieses Image gut zu mir und ich fühle mich damit wohl. Also ganz weg lassen werde ich das nicht, es wird Basti in einer ähnlichen Dosis wie auf dem neuen Album auch im nächsten Projekt wieder geben.

Wäre ja auch blöd, den Namen wegzuwerfen.

Genau. Es wäre schwierig jetzt noch mal einen neuen Namen zu etablieren. Aber ich mag das Image auch zu sehr, um es jetzt komplett wegzuwerfen. Auch wenn es viele Leute nervt, das ist mir egal.

Willst du mit der Abkehr von Battleboi Basti in Zukunft auch textlich in eine reifere Richtung gehen?

Da ist die Frage, was du als 'reif' interpretierst. Wenn das jetzt bedeutet, dass ich auch mal ernste Songs mache, dann ja. Auf der Bonus-CD sind die Songs schon ernster. Allerdings in eine eher kranke oder aggressive Richtung gehend. Das spiegelt vielleicht nicht mein Menschenbild wider, aber ich mache solche Songs einfach gerne, um mich zu sublimieren, um meine Aggressionen raus zu lassen. Das lass ich nämlich nicht an meiner Umwelt aus, sondern mach das eher therapietechnisch mit Musik. Das funktioniert ganz gut. Ich fühle mich aber zum Beispiel nie in der Verfassung, traurige oder ganz ernste Sachen zu schreiben.

Du bist ja jetzt schon fast 30 ...

...ich bin 31! Wikipedia lügt (lacht). Die haben mich zwei Jahre jünger gemacht, keine Ahnung wieso.

Okay, also du bist 31. Sowohl "Stimmenbruch" als auch "Pullermatz" richten sich an ein sehr junges Publikum. Das sind ja selten Themen, die dich privat berühren oder mit denen du in deinem Alltag zu tun hast. Wie fühlt sich das an, als 31-Jähriger Musik für Schüler zu machen?

Naja, auf dem neuen Album sind, glaub ich, auch generationsübergreifende Sachen drauf. Zum Beispiel beim Lied 'Schnurlos Verschwunden'. Da geht es darum, dass mein Smartphone weg ist und ich das so behandle, als wäre eine Beziehung kaputt. Das trifft sicherlich ganz doll auf die Jugend zu, aber das können auch viele andere nachvollziehen. Aber bei vielen Sachen, wo man denkt das ist für Jugendliche unter 18 geschrieben, ist es eigentlich so satirisch gemeint, dass sich Ältere schon denken könnten 'Klar, so denkt die Jugend heute'. Die ist noch bisschen schräger drauf als noch vor zehn, fünfzehn Jahren. Und das ist so mein Ansatzpunkt. Ich hab auch ein paar Sachen auf dem Album, die sicherlich bisschen sozialkritisch sind, aber wenn, dann auch nur zwischen den Zeilen. Da wird nie direkt der Zeigefinger gehoben, weil ich so was gar nicht mag, wenn man irgendwelche Moralkeulen schwingt. Deshalb versuche ich das eher zu verstecken. Ich weiß nicht, ob es die jüngere Generation raus hören wird, ich weiß auch nicht, ob es die Älteren raus hören werden. Aber es ist eigentlich schon so gemacht, dass jemand, der ein bisschen mehr Weitblick und Lebenserfahrung hat, das auch raus hört.

"Viele verkaufen über das Internet Professionalität, wo gar keine ist"

Aber grade Singles wie "Drückeberger" oder "Brich Die Schule Ab" - du bist ja schon lange aus der Schulzeit raus. Wie kommt es dann dazu, dass du über diese Themen schreibst?

Also "Brich Die Schule Ab" ist entstanden, weil mich ab und zu Leute auf Facebook anschreiben, die fragen, ob ich ihnen helfe berühmt zu werden, oder ob ich Tipps fürs bessere Rappen habe, damit sie damit was erreichen. Und ich denk mir dann immer: Wieso wollt ihr mit der Musik unbedingt was erreichen? Ich habe damals aus Spaß angefangen und hab das ewige Jahre nur für mich und meine Kumpels gemacht, wir haben uns gefreut, wenn wir mal einen Auftritt vor 30 Leuten hatten. Dafür haben wir das gemacht, um Spaß an der Musik zu haben.

Und gerade viele Jüngere sehen halt, dass Rap gut funktioniert in den letzten Jahren, die können dann ein bisschen rappen und denken sich, das ist gar nicht so schwer, vielleicht muss man mal nur jemanden fragen, der bisschen mehr Aufmerksamkeit errungen hat. Vielleicht kann der mir einen Tipp geben, so dass es bei mir ähnlich abläuft. Ich finde aber, da gibt es kein Rezept für. Und deshalb hab ich diesen satirischen Song gemacht. Der ist komplett aus der Sicht dieser gewissen Jugendlichen geschrieben. Und das ist ja quasi ein Guide was du machen sollst, um mit Rap bekannt zu werden, aber das klappt dann natürlich null, weil das alle so machen. Gerade so was wie das VBT.

Da sieht man dann Leute vor ihrer Webcam sitzen und rappen. Kommt dann aber absolut nicht professionell und cool rüber. Wenn sie hoffen, damit Aufmerksamkeit, Klicks und Fans zu bekommen, dann sind wir auf dem falschen Weg. Das ist die Grundaussage von dem Track, dass es nämlich überhaupt nicht so einfach ist. Aber ich sag dann satirisch: Brich einfach die Schule ab und fang an zu rappen, das wird dann schon. Gründe ein Label und feiere dich da selbst. Viele verkaufen über das Internet Professionalität, wo gar keine ist.

Interessante Erklärung. Als ich den Song gehört habe, wäre ich nicht auf so eine Interpretation gekommen. Da dachte ich mir, vor allem bei "Drückeberger", wieso macht ein 31-Jähriger Musik für 13-Jährige ...

Wenn das mehrere so sehen wie du, dann ist das auch nicht schlimm. Da fehlt mir wahrscheinlich der Weitblick, um das so zu formulieren, dass es verschiedene Altersgruppen so sehen, wie ich das gerade erklärt habe. Ich probiere das zu machen und bin froh, dass man mir die Möglichkeit gibt, meine Musik zu präsentieren. Wenn ich alleine wäre und meine Leute nicht hätte, dann hätte ich nicht mal eine Aufnahmemöglichkeit, oder ich müsste für alles selber zahlen und dafür fehlt mir das Geld.

Du siehst ja bei Konzerten, wer in der ersten Reihe steht. Wie hoch schätzt du den Altersschnitt?

Ein Großteil ist natürlich jung. Aber da sind auch ab und an – und das finde ich eigentlich ganz schön – Metalheads dabei, oder Rockheads, die dann gewisse Sachen von mir feiern, wie zum Beispiel 'Alle Krüppel' vom letzten Album. Das ist mit normaler Stimme auch bisschen rougher gerappt. Da freue ich mich immer sehr, wenn Leute sagen, wir haben mit Rap eigentlich gar nichts zu tun, aber das was du machst, finden wir richtig gut. Das ist für mich das größte Kompliment. Und für genau diese Zielgruppe mache ich das richtig gerne. Weil die auch genau verstehen, was ich damit meine. Aber ansonsten sind die Leute bei meinen Konzerten natürlich schon sehr jung. Ich hab aber auch das Gefühl, das liegt daran, dass ich viel mit Alligatoah und Trailerpark unterwegs bin, weil bei denen ist das Publikum ähnlich. Man merkt auch, dass generell zu den Konzerten von Künstlern, die noch nicht zehn Jahre bekannt sind, eher Jugendliche zu den Auftritten kommen. Ich geh ja selbst nicht mehr auf irgendwelche Gigs. Jüngere sind da mehr Feuer und Flamme für.

Bei "Stimmenbruch" fällt mir auf, dass sehr viel auf Eingängigkeit und Melodie geachtet wurde. Du singst viele Hooks, das Album will im Ohr bleiben. Böse Zungen könnten behaupten, du würdest dich den Charts anbiedern und vielleicht auf eine gute Platzierung schielen. Was entgegnest du solchen Vorwürfen?

Nicht viel, weil es nicht schlimm klingt. Ich würde das jetzt nicht so auf die Charts münzen. Das sehen ja viele immer so, dass die Charts voll wichtig sind. Für mich sind die nicht so wichtig. Im Juni releasen, glaub ich, 32 Rapper ihre Alben, also kann ich gar nicht genau erwarten, dass ich, wenn ich dasselbe verkaufe wie beim letzten Mal, auch diesselbe Platzierung erreiche, oder vielleicht sogar eine bessere. Im Endeffekt ist mir wichtig, meine Musik weiter so machen zu können, unter diesen professionellen Bedingungen.

Und dazu muss ich eben mehr Leute ansprechen, weil meine Musik mit "Pullermatz" doch sehr Nische war, allein schon wegen der Stimme. Das heißt ich mache das natürlich auch ein bisschen, um irgendwo Airplay zu haben. Ich habe alle Songs selbst geschrieben, alles selbst entwickelt, alle Hooks selbst geschrieben und auch die Gesänge selber entwickelt. Boga Beats hat mir gezeigt, wie man Terzen und Quinten singt und dadurch klingen die Gesangsparts viel breiter und vielleicht auch eingängiger. Das finde ich ja gut, davon profitiere ich. Das konnte ich vorher nicht, weil ich keine Ahnung von Noten habe.

Klar, gerade bei 'Drückeberger' kann man mir schon vorwerfen, dass ich zu sehr in die Popschiene abrutsche, aber hey, ich mache die Musik gerne. Wenn mir jetzt Leute vorwerfen, das sei zu poppig und deshalb schlecht, ja mein Gott. Ich kann's eh nicht jedem recht machen. Auf dem Album finden sich aber noch ganz viele andere Sachen, die dann gar nicht so sind. Die hätten aber keinen Sinn als Video oder Single, weil es dann wahrscheinlich wieder zu sehr Nische wäre. Und ich will ja möglichst viele neue Hörer gewinnen, gleichzeitig aber auch viele meiner aktuellen Hörer befriedigen.

Steckt denn trotzdem viel von der Privatperson Stefan drin?

Inhaltlich eigentlich recht wenig, weil ich nicht sehr viel von mir preis gebe. Also ich bin in Interviews sehr offen, aber in meiner Musik spiele ich dann mehr oder dramatisiere. Musikalisch ist das komplett mein Einfluss, der da drin steckt. Natürlich aber immer gemessen an den Sachen, die mir vorgelegt werden, also Beats. Ich kann selber keine bauen, dazu bin ich ja zu blöd (lacht). Also frage ich verschiedene Leute und dann mache ich halt einen Song drauf oder nicht. Mein Beatgeschmack ist wahrscheinlich auch sehr eigen. Das ist ja schon auf dem letzten Album kritisiert worden, das wird bei dem bestimmt auch nicht anders.

Wenn du gerade Kritik ansprichst - ist dir denn wichtig, was Kritiker und die Rapszene von dir hält?

Vollkommen egal ist mir das natürlich nicht, Kritik geht nicht spurlos an mir vorbei. An keinem, auch wenn sie das immer alle sagen. Aber ich versuche damit, so gut wie möglich umzugehen. Ich bin ja selbst ein sehr pessimistisch, realistisch denkender Mensch. Und von daher kann ich negative Kritik, sofern sie ausführlich und ordentlich ist, auch nachvollziehen. Das heißt nicht unbedingt, dass ich deshalb dann was ändere, aber ich kann ja versuchen, mich in den anderen rein zu versetzen und dann verstehe ich, was er meint. Und apropos Rapszene: Ich hab eigentlich gar nicht so viel mit der Rapszene zu tun. Mit gewissen Leuten, mit denen ich viel unterwegs bin schon, aber meistens bekomme ich gar nicht mit, wie manche über mein Album reden.

Am Wichtigsten ist mir, dass ein gewisser prozentualer Anteil meiner Fans es so gut findet, dass die mich unterstützen und die Sachen kaufen. Dann kann ich weiter Musik machen. Ich verdiene damit nicht meinen Lebensunterhalt, ich gehe wieder Vollzeit arbeiten. Wenn ich mit Alligatoah als Backup auf Tour bin, gehe ich wieder auf halbe Stelle und wenn das vorbei ist geh ich wieder voll arbeiten, ich kann von Musik nicht leben und werde es wahrscheinlich auch nie können. Aber wenn die Leute mehr von mir hören wollen, dann ist es die richtige Entscheidung, mich mit einem Albumkauf zu unterstützen. Das muss man auch mal so ansprechen, natürlich können sich alle kostenlos mein Album irgendwo ziehen, aber im Endeffekt kann davon kein Künstler leben. Ich kann eben nicht meine Wohnung und Lebenskosten zahlen und dann noch meine Musik mit meinem Job finanzieren, das funktioniert nicht.

"Vor ganz vielen Leuten würde ich auf Dauer nicht klar kommen"

Ist es denn dein Traum, mal von der Musik zu leben, oder ist dir das zu anstrengend?

Hm, schwierig (denkt nach). Einerseits wäre das bestimmt ganz cool, weil ich mich dann voll auf die Musik konzentrieren könnte. Ein Arbeitstag ist bei mir eben ein Tag, an dem ich nichts anderes machen kann. Morgen habe ich zum Beispiel wieder Nachtdienst. Da kann ich vielleicht vorher was machen, aber danach gehe ich pennen, weil ich immer elf Stunden unterwegs bin, manchmal sogar 12. Und in der Rest-Freizeit geht meist nicht viel. Aber wenn ich dann sehe, wie Alligatoah vor 3000 Leuten auftritt, wäre mir das auf Dauer zu viel. Ich fände es viel cooler so eine Tour mit 300er Clubs zu spielen, das finde ich total angenehm. Vor ganz vielen Leuten würde ich auf Dauer nicht klar kommen.

Bist du denn sehr nervös vor Liveauftritten?

Ja, das war bei der Trailerpark-Tour sehr krass. Bei Alligatoah gar nicht, weil ich da ja nicht Hauptfokus auf der Bühne bin. Das mag ich sehr, es macht mir mittlerweile mehr Spaß bei Alligatoah aufzutreten als solo. Bei Trailerpark war ich Vorgruppe und hatte große Probleme. Es war schon früher so, dass ich sehr aufgeregt war vor Auftritten, obwohl dann eigentlich alles gut lief. Ich glaube ich bin live auch nicht der Schlechteste, so vom Lungenvolumen und Druck in der Stimme her. Aber ich habe trotzdem immer mega Lampenfieber und mir wird ganz doll schlecht. Auf Tour habe ich drei Kilo abgenommen, obwohl es immer voll leckeres Essen gab. Ich musste fast vor jedem Gig kotzen.

In Kassel musste ich sogar von der Bühne, weil ich schon da das Gefühl hatte, ich muss gleich brechen. Und das war vorher noch nie. Wenn mir vorher schlecht ist, ist das nicht so schlimm, weil das dann weg ist, sobald ich auf der Bühne stehe. Aber dann dachte ich mir schon 'Ey nee Alter, jetzt fängt das schon auf der Bühne an'. Was ich jetzt mal ausprobiert habe: Ich habe mir vor dem Auftritt bei Rap Am Mittwoch von der Arbeit ne Pantopraxol mitgenommen, das ist ne Magentablette und hab mir die dann prophylaktisch vorher eingeworfen. Und ich war super gechillt!

Ich hatte gar keine Magenprobleme, obwohl das ja ein Battle war und das ist normalerweise noch viel schlimmer, weil ich freestylen muss. Und das gibt mir so ein bisschen Hoffnung. Muss ich jetzt halt immer nehmen (lacht).

Ich habe mir das Battle gegen P-Zak angeschaut, da warst du ja wahrscheinlich ähnlich nervös ...

... ja da habe ich sogar den ganzen Tag über gekotzt (lacht).

Ich finde aber man merkt dir das beim Battle gar nicht mehr an.

Auf der Bühne ist das dann auch weg. Da bereite ich mich gut vor, so dass ich gar nicht verkacken kann. Ich würde meinen Text bei solchen Battles nie vergessen, weil ich mich dazu einfach zu gut vorbereite. Dadurch kommt das dann wahrscheinlich auch so selbstbewusst und resolut rüber. Das wird bei Gozpel nicht anders sein, da habe ich zwar verloren, ich bin aber mit meiner Leistung sogar zufriedener als gegen P-Zak, weil ich mir weniger versprochen habe und viel druckvoller war, man hat alles gut verstanden was ich gesagt habe. Ich habe halt nicht gewonnen, weil mein Gegner ein Quäntchen besser war.

Überrascht mich jetzt ein bisschen, weil du gegen P-Zak ja so haushoch gewonnen hast.

Gozpel hat das sehr schlau gemacht. Erstmal ist der sehr lustig und sympathisch, schon mal sehr schwer zu battlen solche Leute. In der letzten Runde hat er dann meinen Erfolg der letzten Jahre schlecht geredet, zum Beispiel, dass das Album schlechte Kritiken bekommen hat. Er hat mich sogar mit diesem Liont verglichen und gemeint, ich wäre auch nicht besser als diese Youtuber, die Kacke an Kinder verkaufen. Das hat er gut gemacht, wäre ich er, hätte ich das genau so gemacht. Wenn das jemand im VBT so gemacht hätte, hätte ich in der Rückrunde wenig Probleme gehabt, das zu kontern. Aber ich bin halt kein guter Freestyler. Also hat er zurecht gewonnen. Er hat mich so gut angegriffen, wie es eigentlich noch kein Gegner geschafft hat. Nicht mal Weekend (lacht).

Wie unterscheidet sich denn die Vorbereitung von Livebattle zu VBT?

Beim Livebattle hat man mehr Vorbereitungszeit. Das VBT ist viel anstrengender, weil man viel weniger Zeit hat. Aufnehmen, Video drehen, schneiden und das alles in zehn Tagen. Was aber gleich ist, ist die Schwierigkeit bei einem Gegner wie Gozpel, der einfach, obwohl er gut ist, wenig Relevanz hat und man deshalb auch nicht viel über ihn raus finden kann. Ich bin nicht der Typ, der sich Geschichten von Freunden aus dem Privatleben erzählen lässt und ihm das dann auf der Bühne vorbetet. Das finde ich ganz eklig.

So was geht auch an der Sache vorbei. Dann sollen sich die Leute lieber in den Ring stellen und boxen. Battlen muss man sportlich sehen. Der Sinn der Sache war, mich gut zu präsentieren. Ich habe das ja gemacht, weil viele Leute sehen wollen, dass ich battle. Das ist in erster Linie gute Promo, aber ich habe das gemacht, um den Leuten auch mal wieder bisschen was zu geben. Das gefällt denen vielleicht besser als die Musik, die ich auf den Alben mache. Ob ich verliere oder nicht war mir egal, ich wollte mich nur gut verkaufen und ich denke, das habe ich hingekriegt.

Wenn du sagst, dir ist Persönliches zu unsportlich, was hältst du denn von Laas' Psychoanalyse gegen Drob Dynamic?

Das ist der schmale Grat. Die Grauzone. Warte mal kurz! (Geräusche im Hintergrund) ... Jetzt musste ich wirklich kurz Fotos machen, das kommt nicht oft vor (lacht). Wo waren wir gewesen? Ach so ja bei Laas. Also wie gesagt, das ist Grauzone. Das kommt auch drauf an mit welchem Ekel man das rüber bringt. Und Laas hat das nicht mit so einem Ekel gemacht. Der nimmt sich selbst auch nicht so ernst ... Ich muss mir jetzt mal ein Taxi suchen, ich muss ja gleich nach Kreuzberg, aber wir können gerne noch weiter quatschen.

Okay, ich hab auch nur noch wenige Fragen. Ende Juli hast du ja schon wieder ein Livebattle zusammen mit Besser. Schon ein flaues Gefühl im Magen?

Momentan noch gar nicht, wahrscheinlich kommt das dann erst wieder an dem Tag. Ich habe vorher Nachtdienst, das heißt ich kann schön lange schlafen und dann da hin fahren. Das schwierige ist bloß, dass ich durch den stressigen Juni nicht viele Möglichkeiten habe, mich mit Besser zu treffen. Ich hoffe, dass es daran am Ende nicht scheitern wird, das ist meine einzige Sorge. Aber Punchline-technisch haben wir denen was entgegen zu setzen.

Du hast ja offensichtlich noch Spaß am Battlerap.

Ja ab und an, natürlich. Aber es war schon anstrengend das zu machen, gerade gegen Gozpel, weil ich da nicht viel Material hatte. Es ist mittlerweile wirklich schwer geworden, solche Battles zu schreiben. Da käme ich bestimmt wieder rein, wenn ich das öfter machen würde. Beim VBT musste ich das ja jede Woche machen, aber jetzt halt nicht mehr. Wenn du dann 25 Battles am Stück machst, hast du auch wieder Bock normale Musik zu machen. Die Musik, die ich halt gerne mache. Deshalb klingen meine Alben auch ganz anders als der VBT-Kram.

Wird es auch in Zukunft kein Battlerap-Album von dir geben?

Das weiß ich nicht. Wenn, dann würde ich vielleicht mal ne EP machen. Dann auch mit dem Rockding gemischt. Aber ich mags halt nicht, so Standard-Battletracks zu machen. Da brauche ich ein spezielles Thema. Am liebsten würde ich aber die Rocksachen machen und vielleicht sogar mit Band auf der Bühne stehen. Aber dazu muss man halt erst mal ein gewisses Publikum ziehen, dass man sich so was leisten kann ...(spricht mit dem Taxifahrer).

Dann will ich dich jetzt mal nicht länger aufhalten.

Ja, ich komme sowieso schon zu spät ...

Kannst ja ausrichten, dass es meine Schuld ist.

Okay, das mache ich (lacht).

Dann bedanke ich mich bei dir für das Gespräch. Ich sage Kollegin Fromm Bescheid, dass sie gerne dein Album rezensieren kann. Bis bald und vielen Dank!

Ja, danke dir. Euch noch einen schönen Tag. Und einen schönen Gruß an Dani (lacht).

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