laut.de-Kritik
Aloha from Nashville.
Review von Giuliano Benassi"It's a hard life, for a man with no wife / It's a hard life, God makes you live", beschwerte sich Will Oldham a.k.a. Bonnie 'Prince' Billy 2003 auf seinem Album "Master And Everyone". 16 Jahre und gefühlt 30 Platten später hört sich das ganz anders an: "We are humans in love / We are fluid in space / We are one and the same / And your face is my face", singt er in "Building A Fire".
Ja, der Waldschrat hat seine Liebe gefunden, er hat geheiratet und ist sogar Vater geworden. Das hat seine Laune wesentlich verbessert und ihn zu neuen musikalischen Ufern geführt. Dass es sich dabei um Bonnie 'Prince' Billys erstes Album mit neuem Material seit acht Jahren handelt, ist im Vergleich nicht so wichtig, schließlich hat er in der Zwischenzeit unter anderem die Everly Brothers ("What The Brothers Sang", 2013) und Merle Haggard ("Best Troubador", 2017) gecovert, 2018 mit "Songs Of Love And Horror" gar ein Buch und ein Album unter seinem bürgerlichen Namen veröffentlicht.
Musikalisch hat er sich dieses Mal vom 50. Staat der USA inspirieren lassen, aus dem seine Mutter stammt. Also Hawaii. Doch war das eher ein Aufhänger, die Stücke nahm er in Nashville im Studio des Produzenten David "Fergie" Ferguson auf, bei dem er in dieser Zeit auch lebte. "Während an diesen Liedern gearbeitet wurde, wickelte meine Frau in der Nacht ihren schwangeren Körper um meinen herum, während ich die Lieder immer wieder sang. Es ist die erste Musik, die unsere Tochter gehört hat", so Oldham.
Hört sich geborgen und romantisch an. Ist es im Prinzip auch, doch das Dunkle, Bedrohliche war bei Oldham nie weit entfernt und bleibt es nach wie vor. "Seite A ist groß angelegt, wirkt glücklich und ist dicht musiziert. Seite B klingt eher fragend, aber auf einer gewissen Weise auch glücklich traurig", erklärt Oldham etwas vertrackt. Und trifft doch den Nagel auf den Kopf.
Die Zweifel betreffen weniger die Musik als das Umfeld, im der er sich als Künstler bewegt. "In den letzten Jahren wurde die ganze Welt der Tonträger, so wie sie konzipiert, wahrgenommen, aufgenommen, freigegeben und verteilt wurde, pulverisiert. Ich habe versucht, die Luft anzuhalten und darauf zu warten, dass der Sturm vorbeigeht. Dieser Sturm wird sich aber nicht mehr verziehen, die Verwüstung, die er angerichtet hat, ist unsere neue Landschaft. Ich fing an, an diesen Songs zu arbeiten und dachte, dass ich sie auf keinen Fall fertig stellen und aufnehmen und veröffentlichen würde. Dies war ein konstruktiver Rahmen, der die Songs bis zu diesem erschreckenden Moment beschützte, in dem wir sie losgelassen haben. Und an euch übergeben".
Eine Übergabe, die geglückt ist. Mit Nathan Salsburg (Gitarre), seinem langjährigen Bassisten Danny Kiely, Mike Hyman (Schlagzeug), Joan Shelley (weiblicher Begleitgesang) und Jacob Duncan (Blas- und Tasteninstrumente) ist Oldham eines seiner besten Alben gelungen. Eines, das irgendwo zwischen Country, Indie und Folk zugleich einlullt und doch zum Grübeln bringt. Etwa, wenn er in "The Glow Pt. 3" singt: "How frightened are you / Of the dark when the dark / May not end, may not ever / Not be crushing and stark?".
Zum Glück gibt es dann Bonnie 'Prince' Billy. Oder Leonard Cohen. Und wenn die nicht an der Hand sind, hält Oldham eine noch einfachere Lösung parat: "When I have a problem I know just what to do / I go to bed and dream a while, something will come through.".
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